Ein Oberst der Guardia Civil als Nummer 2 einer kriminellen Organisation entlarvt


„Rudolf“ und seine Helfer verkauften Waffen an rechte Extremisten, trieben Schulden ein und verhalfen Verbrechern zur Flucht

Madrid – Im Mai 2015 wurde der Oberst der Guardia Civil, Rodolfo Sanz Sánchez, genannt „Rudolf“, wegen illegalen Waffenhandels verhaftet. Neun Monate später kam er wieder auf freien Fuß, blieb aber unter Anklage. Nun wurden Einzelheiten über die kriminellen Aktivitäten des Coronel Sanz und seiner Komplizen bekannt.

In den Monaten vor der Festnahme Rodolfo Sanz’ hatten interne Ermittler Hunderte von Gesprächen abgehört und dabei festgestellt, dass das kriminelle Netzwerk sich auch dem gewaltsamen Eintreiben von Schulden widmete. Der Guardia Civil-Offizier war die Nummer 2 einer kriminellen Organisation mit 16 Mitgliedern. Chef der Bande war Jesús de G., „El Grande“, ein Unternehmer mit Vorstrafen im Zusammenhang mit Tötungsdelikten, Betrug und Bedrohung, der sich gerühmt haben soll, 8.500 „Kunden“ mit Außenständen von insgesamt 450 Millionen Euro zu haben.

Zwei ehemalige Polizisten der Guardia Civil, zwei Militärangehörige und ein Zivilbeamter des Innenministeriums waren ebenfalls mit von der Partie. Einer der Hauptbeschaffer von Waffen war ein Reserveleutnant der spanischen Armee namens Francisco C.M., ein Experte für Pistolen mit weitgefächerten Kontakten u. a. zu einem weiteren Beamten der Guardia Civil, der in Madrid für beschlagnahmte Waffen zuständig war.

Die Gruppe verkaufte illegale Schusswaffen und machte auch solche, die schon aus dem Verkehr gezogen und unbrauchbar gemacht worden waren, wieder funktionstüchtig. Zu den Käufern sollen auch rechtsextremistische Kreise gehören, an die sogar ein Maschinengewehr geliefert wurde. Die Bande unterhielt in verschiedenen gemieteten Lagerhäusern Waffendepots. In einem Gebäude in der Calle Embajadores in Madrid waren zwischen Butangasflaschen und Kartons 24 Kilogramm TNT und PG-2 Sprengstoff versteckt. Zudem 12.500 Schuss Munition, Dutzende TNT-Sprengkörper und Kriegswaffen. Das Arsenal stammte aus den Beständen der Guardia Civil und hatte das Potenzial, das ganze Haus in die Luft zu sprengen. Francisco C.M. unterhielt noch zwei weitere Waffen- und Munitionsverstecke in Meco und Alcalá de Henares.

Telepalizas

Die Bande nannte ihren illegalen Inkassodienst gern „Telepalizas“, in Anlehnung an den Pizzalieferdienst „Telepizza“. Paliza bedeutet eine Tracht Prügel. „Rudolf“ erhielt von der Organisation monatlich zwischen 500 und 1.000 Euro dafür, dass er seine Zugriffsrechte als Oberst der Guardia Civil missbrauchte, um die Adressen und polizeilichen Einträge von Schuldnern herauszufinden, von denen die Bande Geld eintreiben wollte. Zu den Auftraggebern gehörte auch ein Madrider Rechtsanwalt, der seinen Mandanten, nachdem der Rechtsweg erfolglos ausgeschöpft war, die Dienste der Schläger vermittelt haben soll. Rodolfo Sanz nutzte seine Insiderkenntnisse darüber hinaus auch, um Verbrecher bei der Flucht vor dem Zugriff der Polizei zu beraten. Zurzeit ist er vom Dienst suspendiert, da jedoch noch kein Urteil gesprochen ist, erhält er weiterhin das Grundgehalt, das ihm als Guardia Civil-Beamter zusteht.

„Alles inszeniert“

Im Gespräch mit einer Zeitung erklärte Rodolfo Sanz, die Guardia Civil habe alles inszeniert und ihn diskriminiert, weil er sich getrennt habe und eine Beziehung mit einer Person anderer Hautfarbe eingegangen sei. Alle in seinem Haus aufgefundenen Waffen seien legal gewesen, zur Rechtmäßigkeit der an anderen Orten versteckten Munition wollte er sich nicht äußern.

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