Ein System unter Druck


Ein Artikel von Ottmar Beck (Alltrust AG)

Auch dieses Jahr können Sie wieder alle möglichen ökonomischen Voraussagen lesen. Einige erwarten die Rückkehr zum Wachstum des vorigen Jahrhunderts und einen neuen Immobilienboom. Die anderen eine Rezession und eine Baisse an den Aktienmärkten.

Aber egal, was die Auguren über die nächsten zwölf Monate voraussagen: Es gibt eine allgemeine Überzeugung. Das gegenwärtige System von wachsenden Länderdefiziten und zukünftigen Sozialleistungsversprechen kann nicht gehalten werden. Allerdings treffen Politiker ungern schwierige Sparentscheidungen, sondern neigen dazu, die Bierdose immer weiter die Straße runterzukicken. Dabei kann jeder mit Abschluss der vierten Grundschulklasse nachrechnen, dass das System nicht so weiterlaufen kann. Die USA können nicht ihre Schulden zurückzahlen, die versprochenen Zusagen im Renten- und Sozialbereich einhalten und dabei noch wachsen. Japan, das sich 45 % seines Haushaltsbudgets mit 1% Zins bei einer Gesamtverschuldung von 230% des Bruttoinlandsprodukts borgt, kann auch nicht so weitermachen. Fakt ist: Die ganze industrialisierte Welt lebt mit einer nicht tragfähigen Verschuldung und muss zu einer nachhaltigen und gesunden Finanzierung zurückfinden. Der Weg dahin ist mit vielen unbequemen Wahrheiten gepflastert. Viele sind darauf nicht vorbereitet. Die unan­­genehme Wahrheit ist, dass der Geldbedarf und das Ungleichgewicht zwischen Reich und Arm dazu führen, dass Schwarzgeldguthaben und Steuerhinterziehung jeder Art kein Kavaliersdelikt mehr sind.

Die Schweiz ist in Fragen des Datenaustauschs von Steuerdaten längst Teil Eu­ropas. In der Schweiz wird jedoch immer noch angenommen, dass die anonyme Abgeltungssteuer die Privatsphäre des Bankkunden schützt. Das Ausland sieht das anders. Die internationale Entwicklung zeigt, dass viele Verträge schon längst Fakten geschaffen haben, die demnächst den Blick auf jedes Schweizer Konto möglich machen könnten. Denn eines wird in der Diskussion von Kunden immer wieder vergessen: Belege werden von den Banken mindestens zehn Jahre lang aufbewahrt! Im Rahmen einer zukünftig vielleicht erlaubten Gruppenanfrage könnte die eidgenössische Steuerverwaltung eine Bank anweisen, alle Kunden mit Wohnsitz im Staat X offenzulegen, die ihre Kontenguthaben 2014 in asiatische Staaten überwiesen haben. Kann das heute schon passieren? Nein, aber die Rechtslage wird sich radikal ändern. So werden schon im Laufe dieses Jahres in der Schweiz schwere Steuerdelikte als Vorbereitung zur Geldwäsche gelten.

Die stärkste Waffe der Steuerbehörden ist der automatische Informationsaustausch, wie er von der OECD angestrebt wird. Dieser funktioniert bereits zwischen vielen EU-Staaten. Diese Informationen verpuffen zwar zurzeit noch, da zum Beispiel Frankreich nur die Namen der natürlichen oder juristischen Personen liefert, auf die das Konto lautet. Steuerhinterzieher halten ihre Konten aber oft unter den Namen von Trusts und Stiftungen. Die Namen der wirtschaftlich Berechtigten werden bisher nicht ausgetauscht. Allerdings haben die Fahnder inzwischen bessere Methoden. Seit dem 1. Januar 2013 erlaubt das neue Steueramtshilfegesetz weitreichende Gruppenanfragen. So können schon bald Personendaten, Daten aus dem Polizeiregister, Transaktionsdaten und die Namen der Finanzintermediäre übermittelt werden. Auch ist es in Zukunft nicht einmal mehr notwendig, dass ein Verdacht auf Steuerhinterziehung vorliegt. Es reicht, wenn die Daten einen Bezug zur Steuerpflicht haben. Nachdem das Schweizer Bundesverwaltungsgericht einer Datenlieferung an US-Behörden ohne Namensnennung zugestimmt hat, dürfte auch im Fall anderer Länder ein Schutz vor solchen „Fishing-Expeditionen“ kaum zu erwarten sein.

Das bisher gescheiterte Abgeltungssteuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz sah sogar vor, dass die Schweizer Behörden jährlich 900 bis 1.300 Anfragen über die Existenz von Konten in der Schweiz bankübergreifend abklären. Die nächste Stufe der Transparenz bringt die Revision der EU-Konsumentenschutzregel   MiFID. Sie erlaubt in der Schweiz Vorortkontrollen durch ausländische Aufsichtsbehörden. So kann die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bei den Banken, die sich wegen des Marktzutritts in Deutschland dem MiFID-Standard unterworfen haben, Prüfungen vornehmen. Dazu zählt auch der Einblick in Protokolle der Kundengespräche. Neulich bemerkte der Trierer Rechtsprofessor Marc Zöller: „Die Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden in Eu­ropa lässt sich bildhaft durchaus als Expresszug begreifen.“ Das Programm der EU zielt letztlich darauf ab, sämtliche nationalen und supranationalen Informationssysteme in Europa zu vernetzen.

Inzwischen haben die größten EU-Staaten mit den USA einen automatischen Informationsaustausch unter der US-Regel FACTA vereinbart. Auch die Schweiz hat das FACTA-Abkommen, das eine automatische Bankdatenlieferung an die amerikanische Steuerbehörde vorsieht, unterschrieben. Kann die Schweiz den europäischen Nachbarn das verweigern, was sie den Amerikanern zugesteht? Wer die Entwicklung unbefangen beurteilt, erkennt: Der automatische Steuerdatenaustausch wird in allen Staaten eingeführt werden. Es wird in Zukunft keine Steuergeheimnisinsel mehr geben.

Mehr Informationen?

Haben Sie Interesse? – Dann wenden Sie sich unter der Telefon-Nr.: 922 575496 an Herrn Robert Burlon oder unter 0041 79 4207493 an Herrn Ottmar Beck. Vom 12. bis 19. März stehe ich Ihnen auch gerne in Teneriffa zu einem Gespräch zur Verfügung.

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