Eine Epoche geht zu Ende – das Wochenblatt wird eingestellt

WB 1981-2022

Die Geschichte unserer deutschen Zeitung auf Teneriffa

von Hannelore Lindner, Gründerin und Herausgeberin

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Ende 1980 hatte ich gemeinsam mit Teresa von Levetzow die Geschäftsidee: Eine Zeitung in deutscher Sprache, in der Nachrichten von den Kanaren resümiert und für den deutschen Leser aufbereitet erscheinen sollten.

Wir hatten uns schon einen Namen ausgedacht, schon eine ganze Reihe von Inserenten geworben, und machten uns auf die Suche nach einem Partner für das Projekt. Damals mussten nämlich noch die Vorschriften des sogenannten „Ley Fraga“ erfüllt werden, einem Pressegesetz, das in dieser Nach-Franco-Epoche teilweise noch gültig war. Es schrieb unter anderem vor, dass Ausländer, die eine Zeitung herausgeben wollten, einen spanischen Direktor benötigten, der zugelassener Journalist ist. Bei einer hiesigen spanischen Zeitung, der wir unser Projekt präsentierten, stießen wir nicht gerade auf Begeisterung. Der Verlag hatte kurz vorher einen kompletten Misserfolg mit einer Venezuela-Ausgabe seiner Zeitung einstecken müssen, doch der damalige Geschäftsführer erklärte sich schließlich bereit, einen Versuch zu wagen. Für die Anzeigenentwürfe konnten wir einen holländischen Grafiker gewinnen, der hier ein Werbestudio unterhielt. Er wurde vom Kunden oder von uns selbst bezahlt. Auch der Kopf für unsere Zeitung wurde von ihm entworfen.

Die Firmengründerinnen Teresa von Levetzow (l.) und Hannelore Lindner auf einem Schnappschuss aus 1992
Die Firmengründerinnen Teresa von Levetzow (l.) und Hannelore Lindner auf einem Schnappschuss aus 1992

Die erste Vereinbarung

Die Bedingungen, die uns für die Zusammenarbeit mit dem Verlag gestellt wurden – nach heutiger Betrachtung unwahrscheinlich hart und absolut ungerecht – erschienen uns damals fair. Wir besorgten die Anzeigenkunden, schrieben die Artikel, fertigten auch die Anzeigen und das Layout, kümmerten uns um die Verteilung und die Abrechnungen.

Unser Partner druckte die Zeitungen, stellte aus dem Archiv die Fotos zur Verfügung und führte die Vorarbeiten für den Druck durch – Filme, Platten etc. Es wurde uns auch Zugang zur Setzerei gewährt, um unsere Texte zu setzen, denn die dort beschäftigten Setzer konnten kein Deutsch. Im Redaktionsbüro unseres Partners in Puerto de la Cruz konnten wir täglich zwei Stunden einen Schreibtisch und das Telefon benutzen, um unsere Anzeigenkunden zu bedienen, denn das Internet mit seinen Segnungen gab es zu dieser Zeit ja noch nicht.

Für die monatliche Gewinnverteilung gab es ein einfaches Schema: Kassierte Rechnungen plus verkaufte Zeitungen plus Einnahmen aus Abonnements abzüglich Druckkosten (in der hauseigenen Druckerei) ergab den Gewinn. 50% erhielt unser spanischer Partner und 25% für jede von uns Beiden.

Ein Senkrechtstarter

Am 2. April 1981 erschien unsere erste Zeitung mit einem Umfang von 16 Seiten, damals mit dem Titel „Wochenspiegel Teneriffa – Das deutsche Nachrichtenmagazin“, und bereits im ersten Monat erzielten wir einen Überschuss. Dafür waren wir auch fast rund um die Uhr im Einsatz. Wir „klapperten“ die Firmen ab, um Anzeigen zu werben und die Kioske und Hotels, damit sie unsere Zeitung in den Verkauf nahmen. Die erste deutsche Zeitung auf Teneriffa wurde sozusagen ein Senkrechtstarter – ein ausgezeichneter Werbeträger und für die Residenten und Touristen die einzige Informationsquelle. Damals gab es noch kein deutschsprachiges Radio und natürlich auch kein deutsches Fernsehen, lediglich kurze Sendebereiche in deutscher Sprache bei den spanischen Radiosendern.

Bitten um eine vertragliche Bindung – die benötigte man seinerzeit für die Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung – wurden vom Partner ignoriert; der zog eine lose Partnerschaft ohne jegliche Verpflichtung vor.

Ende des zweiten Jahres stellten wir unsere erste Mitarbeiterin ein, um die Kunden zu betreuen, während wir im Verlag in Santa Cruz unsere Artikel schrieben. Ulrike Maassen sollte bis zu ihrem Renteneintritt 29 Jahre lang unsere Telefonstimme und die erste Ansprechpartnerin für die Kunden im Büro sein.

Als der Andrang der Kunden in dem kleinen Redaktionsbüro des spanischen Verlags den dort arbeitenden Kollegen zu groß wurde, mussten wir uns nach einem eigenen Büro umsehen und mieteten einen Raum im dem historischen kanarischen Haus an der Plaza del Charco, wo sich auch heute noch unsere Redaktions- und Verwaltungsräume befinden. Zu der Zeit gab es immer wieder Diskussionen mit dem Partner, der nicht bereit war, unseren Gewinnanteil zu erhöhen, sondern auf der fifty fifty-Absprache beharrte.

Der Boom der Achtzigerjahre beflügelte nicht nur den Tourismus und die Baubranche auf den Inseln, sondern auch den Erfolg unserer Zeitung. Das Anzeigenvolumen nahm ständig zu und damit wuchs auch die Zahl der Seiten und der Artikel in unserer Zeitung. Da reichte die Arbeitszeit, die uns in der Setzerei eingeräumt worden war, längst nicht mehr aus, und so musste ein eigener Computer angeschafft werden, den wir, wie gewohnt, aus eigenen Mitteln bezahlen mussten. Eine Macintosh-Anlage zum damaligen Preis von 2,1 Millionen Peseten wurde aus Deutschland geliefert. Für die Anzeigengestaltung und das Layout stellten wir nun eine weitere Mitarbeiterin ein, die später durch einen Werbegrafiker ersetzt wurde, der als freier Mitarbeiter zu unserem Team stieß. Neben der Gestaltung übernahm er auch die Verbesserung des Erscheinungsbildes unserer Zeitung.

In dieser Zeit haben wir immer häufiger eine gerechtere Gewinnverteilung bzw. eine höhere Kostenerstattung von unserem Partner verlangt, aber es gingen noch weitere zwei Jahre ins Land, in denen wir mit den unglaublichsten Ausreden vertröstet wurden.

Unsere Herausgeberin Hannelore Lindner an ihrem Schreibtisch im Mai 2021. Foto: Kathrin Lucia Meyer
Unsere Herausgeberin Hannelore Lindner an ihrem Schreibtisch im Mai 2021. Foto: Kathrin Lucia Meyer

Nach 20 Jahren endlich ein Vertrag

Nicht nur unser Team hatte sich nach und nach vergrößert. Durch die Anschaffung eigener technischer Anlagen und die Erweiterung der Arbeitsräume hatten wir uns von unserem Partner weitgehend unabhängig gemacht. So beschlossen wir 2005, uns auf eigene Füße zu stellen. Zu unserer Überraschung mussten wir feststellen, dass sich der spanische Partner den Erfolgstitel „Wochenspiegel“ beim Patentamt hatte registrieren lassen und auch nicht gegen Bezahlung bereit war, ihn zur Verfügung zu stellen. Glücklicherweise hatten wir bereits in den Achtzigerjahren, als immer mehr deutsche Publikationen auf den Kanaren erschienen, sozusagen als „Schutzmaßnahme“ mit „Wochenblatt“ einen ähnlich klingenden Titel registrieren lassen, unter dem wir seither erscheinen.

Im Herbst 2005 begann für uns eine harte Zeit, denn der spanische Partner sah nicht nur den Titel „Wochenspiegel“ als sein Eigentum an, sondern die gesamte Zeitung, und er begann, mit harten Bandagen darum zu kämpfen. Fünf lange Jahre war die Justiz mit dem Streit beschäftigt, bis wir endlich 2010 die Bestätigung erhielten, dass die Zeitung und die Firma gleichen Namens tatsächlich uns gehörten. Zu dieser Zeit verstarb meine Partnerin und Freundin Teresa von Levetzow nach einer langen Krankheit, und seit diesem Zeitpunkt musste ich die gesamte Verantwortung für die Firma übernehmen.
Natürlich waren wir stets darum bemüht, mit der Zeit zu gehen und beschlossen 2015, mit einem neuen Layout dem Leser ein vollkommen aufgefrischtes Wochenblatt vorzulegen. Die neue Dynamik kam schon in dem modernisierten Logo zum Ausdruck, und neben einer neuen Schriftart sollte der Wochenblatt-Ball mit den Flaggen der Kanaren und Spaniens die Verbundenheit zu unserer Wahlheimat widerspiegeln. Großen Wert hatten wir auch auf die bessere Lesbarkeit gelegt, und ganz allgemein waren wir den Anregungen unserer treuen Leser gefolgt, und der neue Look des Wochenblatts wurde überall begeistert aufgenommen.

Wie ganz oben abgebildet wurde unser Erscheinungsbild im Laufe der Jahrzehnte immer wieder verändert und modernisiert.

Rückblick auf fast 42 Jahre zu halten, bedeutet auch, den Lesern zu danken, die uns die Treue gehalten und unsere Zeitung mit konstruktiver Kritik begleitet haben und noch begleiten. Dank auch den Inserenten, einige sind noch immer Kunden „der ersten Stunde“, denn ohne die Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft kann eine Zeitung nicht existieren.

Die harte Zeit der Pandemie

Eigentlich ist es mit unserer Zeitung immer aufwärts gegangen, selbst die schwere Wirtschaftskrise, die Anfang der Zweitausender-Jahre ihren Höhepunkt erreichte und weltweit die Wirtschaft erschütterte, konnten wir mit einigen Blessuren überstehen. Doch dann hat uns Corona komplett ausgebremst. Es fehlten uns die Urlauber, die unsere Zeitung kaufen und die vielen Unternehmen, die geschlossen waren und daher keine Werbung machten.

Trotzdem hatten wir uns entschlossen, weiterhin zu erscheinen, um die deutschen Residenten, die hier leben, aber auch die vielen Leser, die gewöhnlich ihren Winter hier verbringen und Abonnements bestellt hatten, zu informieren. Selten hatte es so viele Neuigkeiten und aktuelle Informationen gegeben, insbesondere im Zusammenhang mit der Pandemie, wie in dieser Zeit. Wir glaubten fest daran, dass das Virus bald besiegt ist und wir dann wieder durchstarten können.

Dank gebührt an dieser Stelle auch den Mitarbeitern – scherzhaft Wochenblättler genannt. Einige sind schon zwei Jahrzehnte mit dabei und haben auch in schwierigen Situationen zu ihrer Zeitung gestanden.

Meine langjährige Geschäftspartnerin und Mitgründerin Teresa von Levetzow ist vor zwölf Jahren verstorben. Sie konnte leider nicht das Vierzigjährige miterleben und wie eine Idee, die wir vor vier Jahrzehnten hatten, ein Lebenswerk wurde, das nun zu unserem großen Bedauern ein Ende findet. Vielen herzlichen Dank an alle, die uns auf unserem Weg begleitet und zu unserem Erfolg beigetragen haben.

Ich selbst konnte inzwischen meinen 85. Geburtstag feiern. Über 41 Jahre habe ich an der Spitze der Zeitung gestanden, für ihren Fortbestand gekämpft, um sie an eine neue Generation weiterzugeben. Doch hier ist meine Rechnung am Ende nicht aufgegangen: Ich kann zwar nun in den verdienten Ruhestand gehen, doch in dieser weltweit wirtschaftlich und politisch schwierigen Lage hat sich kein Nachfolger gefunden.

Um die gesetzlich vorgeschriebenen Abfindungen für die Mitarbeiter leisten zu können, die einen großen Anteil am Erfolg der Zeitung haben, und die dafür vorgesehenen Reserven nicht aufzubrauchen, musste ich mich schweren Herzens entschließen, das Wochenblatt zum 1. Oktober einzustellen.
Nach Bekanntwerden der anstehenden Schließung der Zeitung haben sich allerdings inzwischen Interessenten für eine Weiterführung gemeldet, und es bleibt abzuwarten, ob es doch noch eine Chance für den Fortbestand des „Wochenblatts“ gibt.

Mein herzliches Dankeschön an die Inserenten und an die treuen Leser, die uns vier Jahrzehnte lang unterstützt haben.

Hasta siempre, Ihre Hannelore Lindner und das Wochenblatt-Team

Das Wochenblatt-Team auf dem Balkon vor den Büroräumen in Puerto de la Cruz. V.l.n.r.: Cándida Bechel, Gabi Funke, Sabine Lindner, Josafat Páez Estévez, Hannelore Lindner, Almut Krüger und Elena Silva-Santisteban Foto: Moisés Pérez
Das Wochenblatt-Team auf dem Balkon vor den Büroräumen in Puerto de la Cruz. V.l.n.r.: Cándida Bechel, Gabi Funke, Sabine Lindner, Josafat Páez Estévez, Hannelore Lindner, Almut Krüger und Elena Silva-Santisteban Foto: Moisés Pérez

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.
2 Kommentare
älteste
neuste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen