Ende eines Steuerparadieses


© Arne Köhler

Spanien und Gibraltar beraten ein Abkommen

Über viele Jahrzehnte war Gibraltar ein Ort, wo besonders Spanier gern ihr Geld anlegten, wenn sie es vor der „Hacienda“, der Steuerbehörde, verstecken wollten.

Madrid/Gibraltar – Das ist bisher sehr einfach, indem man in Gibraltar eine Briefkastenfirma gründet, deren Hintergründe und Transaktionen an niemanden weitergegeben werden, nicht einmal an die Polizei. Wie das „Tax Justice Network“ beklagt, gibt es über 92 % der dort residierenden Firmen keine Auskünfte, und 30 % der gerichtlichen Anfragen aus Spanien werden nicht beantwortet. Die Behörden Gibraltars erklären das damit, dass spanische Richter ihre Anfragen oft zu wenig oder gar nicht konkret begründen.  

So kam es, dass der kleine Ort mit nur 30.000 Einwohnern aber 25.000 eingetragenen Firmen ein Bruttoinlandsprodukt von jährlich über einer Milliarde Euro aufweist. Doch damit soll demnächst Schluss sein, wenn es nach dem Willen der spanischen Steuerbehörden geht, denn diese arbeiten an einem Abkommen, das künftig für einen Datenaustausch zwischen beiden Ländern sorgen soll. Als Vorwand dient wie immer in solchen Fällen der Hinweis auf mögliche „Geldwäsche“ durch kriminelle Organisationen. Das G20-Treffen vom vergangenen Jahr bedroht nämlich sogenannte „Offshore“-Finanzmärkte mit Sanktionen, wenn sie ihr Bankgeheimnis weiter aufrechterhalten. Ausgenommen davon sind nur beliebte Steuerparadiese für US-Bürger wie etwa der US-Bundesstaat Delaware.

Gibraltar soll sich jedenfalls der chronischen Neugier der Steuerbehörden beugen, und die Verhandlungen sind schon weit gediehen. „Für einen Abschluss fehlen nur noch ein paar kleine technische Fragen“, verlautete aus dem spanischen Finanzministerium. Sieht man hinter die Kulissen, dann sind es keineswegs nur „kleine Fragen“, die es zu beantworten gilt. Die völkerrechtliche Situation Gibraltars ist nämlich durchaus umstritten, seit dieser strategisch enorm wichtige Ort vor 300 Jahren von England erobert und zur Kolonie gemacht wurde. Seitdem fordert Spanien regelmäßig die Rückgabe seines geraubten Territoriums, was ebenso regelmäßig von Großbritannien ignoriert wird. Für das geplante Abkommen besteht daher die spanische Regierung darauf, dass das Mutterland der Kolonie, Großbritannien, mit unterzeichnet. Ein bilaterales Abkommen ohne die Engländer könnte nämlich als indirekte Anerkennung Gibraltars seitens der Spanier ausgelegt werden. Gibraltar aber möchte gern allein unterzeichnen und verweist auf ähnliche Abkommen, die es direkt mit anderen Ländern wie Deutschland, Frankreich oder der USA abgeschlossen hat – ohne die Kolonialmacht. Wann die Übereinkunft angesichts der verzwickten Völkerrechtssituation nun zustande kommt, ist noch offen. Sicher ist allerdings, dass Gibraltar auf Druck der EU ab 2011 eine zehnprozentige Steuer auf alle dortigen Firmen erheben wird. Das ist zwar noch viel weniger als die 30 %, die in Spanien maximal erhoben werden, wird aber dort mit Genugtuung zur Kenntnis genommen.

Spanien versucht jedenfalls, alle möglichen „Steuerschlupflöcher“ zu stopfen. Gelungen ist das schon durch Abkommen mit acht Ländern wie Liechtenstein und Andorra (das Wochenblatt berichtete), mit 13 anderen, darunter die Schweiz, stehen aber noch lange Verhandlungen an.

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.