EU prüft die Sanktionierung Spaniens


Im letzten Wahljahr erhöhte die öffentliche Verwaltung die Ausgaben, ohne über die nötigen Finanzmittel zu verfügen

Es gilt bereits als beschlossene Sache, dass die EU-Kommission Spanien wegen Überschreitung des Defizitlimits als erstes Land der Währungsunion mit einer Sanktion belegen wird. Trotzdem versuchte der amtierende Präsident Mariano Rajoy dieser Tage per Brief, die Kommissare umzustimmen.

Fakt ist, dass Spanien im vergangenen Jahr das von Brüssel vorgegebene Defizitlimit von 4,2% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) mit mehr als 5% erheblich überschritten hat. Die EU-Kommission geht davon aus, dass es auch in diesem und sogar noch im kommenden Jahr Abweichungen geben wird. So rechnet die Kommission mit einer Neuverschuldung Spaniens von 3,9% am Ende dieses Jahres und von 3,1% am Ende des Jahres 2017, womit es das Land dann immer noch nicht unter die Drei-Prozent-Marke des Euro-Stabilitätspaktes geschafft hätte. 

In einem entsprechenden Bericht begründen die EU-Experten die starke Abweichung in den letzten anderthalb Jahren von den Vorgaben mit einer wahlkampforientierten Senkung der Steuerlast, aber vor allem mit einem Anstieg der öffentlichen Ausgaben. Je näher die Wahlen vom Dezember 2015 gerückt seien, umso stärker hätten der Staat und die autonomen Regionen in den Ausgleich der Beamtenbezüge aber auch in neue Projekte investiert, heißt es. Das hatte zur Folge, dass die Ausgaben in die Höhe geschossen seien und ein Haushaltsdefizit von über 5% des BIP entstanden sei – weit über der Vorgabe Brüssels von 4,2%. Die öffentliche Verschuldung habe 100% des BIP erreicht. 

Nun ist der EU-Kommission der Geduldsfaden gerissen. Anfang Juli, also nach den Neuwahlen am 26. Juni, soll über eine Sanktionierung entschieden werden.  Die Strafe könnte sich auf bis zu 2,2 Milliarden Euro belaufen. Es würde das erste Mal sein, dass ein Land wegen wiederholter Überschreitung des auf 3% des BIP festgelegten Haushaltsdefizits abgestraft wird. 

Brüssel wird es dabei nicht belassen. Die EU wird die Kontrolle verschärfen und von Spanien weitere Regulierungsmaßnahmen verlangen, um 2017 doch noch die 3%-Hürde zu meistern. Doch erneute Ausgabenkürzungen werden wiederum die Erholung der Wirtschaft bremsen, die bereits durch die innenpolitische Instabilität geschwächt wird. 

Der amtierende Präsident Mariano Rajoy hat dieser Tage versucht, die EU-Kommission schriftlich von einer Sanktionierung Spaniens abzubringen. In einem Schreiben wies er die Kommissare auf die Anstrengungen der vergangenen Jahre hin, das Defizit zu senken. Er zeigte die hohe Anzahl von Regulierungsmaßnahmen auf, die beschlossen und umgesetzt worden sind. Und dass in den äußerst schwierigen Jahren der Wirtschafts- und Finanzkrise die Bevölkerung stark betroffen war. Es könne doch nicht angehen, dass ein Land, welches das Defizit von 9% auf 5% gesenkt habe, als Erstes von der Union bestraft werde, so Rajoy. Abschließend versprach er, die neue Regierung werde die öffentlichen Ausgaben bis Ende 2017 um vier Milliarden Euro kürzen, um doch noch unter die geforderten 3% zu gelangen. 

Die EU-Kommission selbst ist sich der Schwierigkeit der Lage bewusst. In dem eingangs erwähnten Bericht heißt es, die krisenbedingte Ausgangssituation Spaniens mit einer Rekordverschuldung und -arbeitslosigkeit wirke immer noch nach, während gleichzeitig weitere Regulierungsmaßnahmen nötig würden, um das gefährliche Haushaltsdefizit zu senken, was angesichts des Mangels an einer stabilen Regierung noch schwieriger sei.

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