Glaube will Leben verändern


Gedanken für mich ­– Augenblicke für Gott

Noch nie war die Welt so mächtig, aber…. Noch nie war der Fortschritt so gewaltig, aber…. Noch nie waren die Informationen so umfassend, aber…. Wir alle kennen dieses kleine Wörtchen „aber“, das im Anschluss an Aussagen wie ein Killer wirkt, weil es auf ganz raffinierte Weise das entwertet, was vorher festgestellt worden war.

Ganz besonders deutlich wird diese verhängnisvolle Killerwirkung in einer Partnerschaft, wenn es dann heißt: Ich liebe dich, aber…. Oder auch: Ich glaube, aber….

Im Blick auf unsere Welt und unsere Gesellschaft zeigt sich durch das vielfache Aber eine Art von Mangelkrankheit. Der Welt fehlt die Wahrheit und damit auch ein gewaltiges Stück an Glaubwürdigkeit. Nun wird allerdings meines Erachtens von uns Christen oft viel zu schnell Jesus selbst als Antwort dagegen gesetzt – genau so, wie es Petrus tat, als er sagte: Du bist der Messias. Ist Jesus Christus wirklich das universale Heilmittel für unsere Welt? Wenn ich die Rezeptur jener Arzneien untersuche, die die Kirche anbietet, dann stelle ich zwar fest, dass es durchaus Inhalte gibt, die mehr als heilsam sind. Allerdings sind die heilsamen Stoffe oft in Hüllen verpackt, die auf viele Menschen einen unverdaulichen Eindruck machen. Und was kann dann das beste Medikament nützen, wenn der Patient oder die Patientin es in einer unlöslichen Plastikverpackung verabreicht bekommt?

Es kann also nicht allein darum gehen, dass wir uns die kirchlichen Lehrsätze zu Eigen machen. Dass wir die Dogmen, die sich in all den Jahrhunderten entwickelt haben, für absolut unveränderlich halten. Diese Dogmen haben ja nicht nur ihre ureigene Geschichte, sondern auch eine ganz eigene Entfaltung. Es kann doch nicht darum gehen, dass wir uns zu jedem einzelnen Satz ausdrücklich bekennen – das allein macht doch noch lange keinen lebendigen Glauben. Das wäre ja genau so, als sollten wir die Etiketten eines Arzneimittels zu uns nehmen, anstatt das heilsame Medikament selbst. Das ist es nicht, was wir brauchen; das ist auch nicht, was die Welt brauchen könnte.

Zunächst einmal gilt es deshalb, hinter einen Glauben zu sehen, der noch immer in antike Begriffe und in mittelalterliche Formulierungen gezwängt ist. Formeln, die von den Jüngern im Gespräch mit Jesus selbst angeboten wurden und die er mit den paradoxen Worten relativiert: „Wer sein Leben verliert, wird es gewinnen.“ Kann das nicht vielleicht auch heißen: Wer die alten Formulierungen aufgibt, wird den Glauben gewinnen?

Es gilt doch in erster Linie deutlich zu machen, was Jesus ist und wer er ist. Und genau dies sollten wir gläubigen Christen dieser Welt mitteilen und so den Menschen seine Botschaft zu Gehör bringen. In meinen Augen macht es wenig Sinn zu fragen, was Jesus „nicht“ ist. Denn aus den vielen „Nichts“ könnte man sonst am Ende gar schließen, dass es diesen Gottgesandten gar nie gegeben habe. Also fragen wir doch lieber anders: Wie kann ein Jesus Christus über 2000 Jahre – und oft genug unter schwersten oder zumindest sehr erschwerten Bedingungen – großartige Auswirkungen haben, ohne dafür die Ursache zu sein? Die aufgeklärte Welt lässt sich doch ganz schön für dumm verkaufen, wenn sie andererseits immer und immer wieder behauptet: keine Wirkung ohne Ursache. 

Also was braucht die Welt? Sie braucht den Glauben. Aber nicht einen verordneten Glauben; ein „Fürwahrhalte-Glauben“ dessen, was offiziell vorgeschrieben wird, kann nur noch wenige beeindrucken. Nein, wer den Kern der Nuss erreichen will, der muss die Schale knacken. Es geht um den Kern des Glaubens, nicht um die Zutaten, die oft so leicht den guten Geschmack verfälschen können. Wobei ich gestehen muss, dass an die Kerne nicht so leicht ranzukommen ist. Feste Sätze, die noch dazu stereotyp wiederholt werden, Drittrangiges oder Viertklassiges, dass sich an die erste Stelle schiebt, und ein allzu selbstsicheres Gehabe kirchlicher Vertreter und Amtsinhaber erweisen sich manchmal noch beständiger als Beton. Der ist zwar nicht für die Ewigkeit gegossen, es macht aber viel Mühe und kostet viel Schweiß, wenn er denn geknackt werden soll.

Und wie viel Glaube braucht nun die Welt? Eigentlich nur etwas von jenem Feuer des Glaubens, das die Jüngerinnen und Jünger ihr Leben loslassen lässt, um es ganz Jesus anzuvertrauen. Etwas von jener Freiheit, mit der sich Jesus selbst über verschiedene Gebote hinweggesetzt hat, wenn es um den Menschen ging. Etwas von jener Begeisterung, die zwar in Gebeten und Liedern ins Wort gebracht wird, mit der wir aber – das können wir ruhig zugeben – für unser Leben doch nicht wirklich rechnen. Die Welt braucht jenen Funken, der die Freude am Glauben und vertrauensvollen Leben mit Gott entfacht. Darum muss es uns Christen gehen. Was wir haben, das wollen und das sollten wir nicht nur für uns behalten.

Ihr

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

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