»Gorch Fock« kommt nach Las Palmas


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Am 12. und 13. November kann das deutsche Segelschulschiff besichtigt werden

Ihr letzter Besuch auf den Kanaren liegt noch gar nicht lange zurück. Im November letzten Jahres besuchte sie Lanzarote. Auch diesen Herbst hat sie wieder Kurs auf die Kanaren genommen: Die Gorch Fock, das schmuckste Schiff der deutschen Marine, lief am 4. November im Hafen von La Luz in Las Palmas de Gran Canaria ein.

Ein besonderes Ereignis. Nicht nur, weil die elegante Dreimastbark sich so schön im Hafen macht, sondern weil sie speziell für die seit Jahrzehnten auf den Inseln ansässigen Deutschen so etwas wie eine gute alte Bekannte geworden ist, die immer wieder gern und herzlich begrüßt wird.

Zwar ist die Besatzung immer wieder neu – diesmal besucht uns die Gorch Fock unter Kapitän Michael Brühn –, doch das Schiff ist dasselbe. Die Dreimastbark wurde in Hamburg bei Blohm & Voss gebaut und lief am 23. August 1958 vom Stapel. Die Maße des schnittigen Seglers: 81,25 Meter ohne und 89,32 Meter über Bugspriet. Die Gorch Fock ist 12 Meter breit und hat einen mittleren Tiefgang von 5,25 Metern. Ihre Verdrängung wird mit 1.760 Tonnen angegeben. Sie hat 1.660 PS und macht unter Maschine maximal 12 Knoten, unter Segel maximal 16 Knoten.

Schiffsrumpf und Masten sind aus Stahl. Über 300 Tonnen Eisenballast im Rumpf geben dem Schiff eine hohe Stabilität. Die 23 Segel und das Tauwerk sind aus Kunststoff.

Die Gorch Fock ist eine Bark, d.h. Fock- und Großmast sind rahgetakelt, während der Besan gaffelgetakelt ist und Schratsegel führt. Die Höhen des Fock- und Großmastes betragen jeweils 45,30 m , die des Besans 40 m. Die Bramstangen der beiden vorderen Masten sind zum Fieren eingerichtet, um das Befahren des Nord-Ostsee-Kanals zu ermöglichen.

Die größte Rahlänge beträgt 24 m. Die Gesamtfläche der insgesamt 23 Segel war anfangs 1952 qm, als Material wurde Flachstuch verwendet. Inzwischen erhielt das Schiff weitere Garnituren mit leicht verändertem Schnitt, so dass sich die Segelfläche auf 2037 qm erhöhte. Inzwischen bestehen alle Segel aus synthetischem Material, wie auch das zuerst verwendete Manila- und Hanftauwerk im laufenden Gut vollständig durch Kunstfasertauwerk ersetzt wurde.

Heute ist das Schiff auch umweltschutzgerecht ausgerüstet und verfügt über Bilgenwasserentöler, Aufbereitungsanlagen für Toilettenabwasser und Schmutzwasser sowie eine Müllpresse.

1958 kostete das Schiff 8,5 Millionen DM, 1987 wurde der Wert auf 85 Millionen DM geschätzt.

Die Besatzung besteht aus 12 Offizieren und 14 Portepeeunteroffizieren, 27 Unteroffizieren und 24 Mannschaftsmitgliedern. Hinzu kommen etwa 80 Lehrgangsteilnehmer, allesamt angehende Offiziere und Unteroffiziere der Marine der Bundesrepublik Deutschland – darunter 20 Frauen. Sie erhalten hier praktische und theoretische Ausbildung.

Während des Aufenthaltes im Hafen von Las Palmas werden weitere 80 Lehrgangsteilnehmer erwartet, die hier ihre Grundausbildung erhalten werden.

Die Ausbildung auf einem Segelschulschiff

Nach über 40 Jahren Dienstzeit erfreut sich die „Gorch Fock„ in der Öffentlichkeit einer solch hohen allgemeinen Zustimmung und eines solchen Wohlwollens, dass sie heute in Deutschland sowie international bekannter ist als der Namensgeber des Segelschulschiffes, der Dichter Gorch Fock.

Die Aufgaben der „Gorch Fock” nach 40 Jahren ihrer Indienststellung sind unverändert: Ausbildung, Repräsentation und Öffentlichkeitsarbeit.

Der erste beschriebene Auftrag ist die Ausbildung. Demnach dient die „Gorch Fock“ der theoretischen und praktischen seemännischen Ausbildung von Offizier- und Unteroffizieranwärtern der Marine. Diese Ausbildung ist nicht Selbstzweck, sondern dient der Flotte. Da die Takelage der „Gorch Fock” nach dem Prinzip ganz einfacher Kraftübersetzungsmaschinen organisiert ist, ist deren Bedienung immer mit hohem körperlichen Einsatz der Besatzung verbunden. Die Muskelkraft wird zur Handhabung der Takelage nur durch Blöcke, Taljen und Takel umgesetzt, nicht aber durch Winden oder gar hydraulische oder elektrische Hilfsmittel. Selbst das Ruder wird nur über Gestänge und Zahnräder, nicht durch Hilfsmaschinen, bedient. Die Ausbildung enthält deshalb immer auch einen großen Teil körperlicher Arbeit und sportlicher Ertüchtigung.

Weil die Hilfskräfte bewusst fehlen, können die anfallenden Arbeiten beim Brassen und Segelsetzen immer nur von Gruppen und in Gemeinschaft gelöst werden. Der Lehrgangsteilnehmer erfährt wie von selbst, dass nur die Gruppe, das Team, in Zusammenarbeit die nötige Leistung erbringt. Es ist einfach ein bedeutendes Ereignis von hohem Erlebniswert in der Ausbildung eines jungen Menschen, einen Großsegler durch den Wind und eigener Hände Arbeit mit Kameraden zusammen über den Atlantik zu bringen. Nach einer Reise stellt sich ein Gefühl des Stolzes auf die erbrachte Leistung, aber auch für Zusammengehörigkeit und Gemeinschaft ein.

Bescheidene Unterkünfte

Die Unterkünfte auf der „Gorch Fock„ gewähren durch Schlafen in Hängematten, eingeschränkte Freizeitgestaltung und dem Fehlen jeglicher Intimsphäre nur einen Minimalkomfort. Die Lehrgangsteilnehmer werden, verglichen mit heutigen Landverhältnissen, auf ein relativ anspruchsloses Leben zurückgeführt. Dies erscheint für eine Übergangszeit zumutbar und hat eine größere psychische Robustheit der Lehrgangsteilnehmer zur Folge.

Schiffe und Flugzeuge der Marine sind heute von komplizierter Technik bestimmt. Für diese Technik direkt soll und kann ein Segelschulschiff natürlich nicht ausbilden. Die modernen Schiffe und Flugzeuge müssen aber nach wie vor geführt werden und zur See fahren.

Damit sind die Begriffe Führung und Seefahrt weiterhin trotz hoher technischer Kompliziertheit der Geräte Bestimmungsgrößen für die Marine.

Man bedenke, dass ein guter Teil der Schiffe und Flugzeuge der Marine nicht allwetterfähig ist; dies bedeutet, dass der militärische Führer vor Ort entscheiden muss, ob er das Auslaufen von Schnellbooten oder Minensuchern noch verantworten kann.

Oder ein Fregattenkommandant muss sich entscheiden, ob er bei schwerem Seegang noch die Versorgung der Schiffe in See riskieren kann. In den genannten Fällen muss er ein gehöriges Maß an seemännischer Erfahrung haben.

Den Grundstock für diese Erfahrungen kann ein zukünftiger Marineoffizier gewissermaßen „mit der Muttermilch” während seiner Lehrjahre in der Marine bei der Auseinandersetzung mit Wind und See auf einem Segelschulschiff hautnah erfahren. Ein Simulator ist dafür absolut ungeeignet.

Die hautnahe Auseinandersetzung mit Wind, See, Regen und dem Schiff ist herausfordernd, manchmal persönlich unangenehm und kostet Überwindung.

Sie gewährt aber auch nach erfolgreichem Durchstehen das Gefühl, sich bewährt zu haben. Viele Soldaten gehen von Bord mit diesem äußerlich wahrnehmbaren Gefühl, etwas geschafft zu haben. Sie erscheinen selbstbewusster und ein wenig stolz auf die erbrachte Leistung.

Die Repräsentation und Öffentlichkeitsarbeit

Zur Wahrnehmung der Aufgabe Repräsentation ist das Segelschulschiff geeignet, die Arbeit der diplomatischen/konsularischen Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im Ausland wirkungsvoll zu unterstützen, indem es durch sein Erscheinen und „Zeigen der Flagge” Anlass für viele Kontakte, aber auch eine exklusive Plattform für Empfänge ist. Dabei ist ein Segelschiff, ein Kriegsschiff ohne Waffen, offensichtlich wirkungsvoller als ein Kriegsschiff üblicher Art, weil es das Gemüt der Besucher auf besondere Weise anspricht und ihre Phantasie beflügelt. Hohe Besucherzahlen während der Besichtigungszeiten und geringe Absagen bei Empfängen belegen diese Ansicht.

Besichtigungen

Die Gorch Fock kann im Hafen La Luz in Las Palmas am 12. November von 14.00 bis 16.30 und von 18.30 bis 20.00 Uhr sowie am 13. November von 14.00 bis 16.00 und von 18.00 bis 20.00 Uhr besichtigt werden.

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