Holpriger Start im deutschen Job


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Das Programm „The Job of my Life“ wurde für 19 Canarios vorübergehend zum Albtraum

Das Angebot der Bundesrepublik, jungen Spaniern Ausbildungsplätze und Facharbeiterstellen in Deutschland zu vermitteln, ist angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Spanien von über 50% nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Doch für einige Hundert Jugendliche bedeutet es eine große Chance und die Verwirklichung eines Traums.

Erfurt – Zusammengebracht werden deutsche Arbeitgeber und die Arbeitsuchenden aus dem krisengebeutelten Süden durch die Zusammenarbeit verschiedener Stellen, wie den Industrie- und Handelskammern, Branchenverbänden und Organisationen wie der Wachstumsregion Ems-Achse, einer Initiative von Unternehmen und Politikern, die Fachkräfte und Auszubildende unter anderem auch aus Spanien in das von Landflucht betroffene Emsland holt.

In der Regel wird den jungen Leuten der schwierige Weg in ein fremdes Land ein wenig geebnet, indem die potenziellen Arbeitgeber und

-nehmer schon im Vorfeld aus der Ferne so weit wie möglich miteinander bekannt gemacht werden. So wird erreicht, dass die meisten der Teilnehmer nach einem vorhergehenden dreimonatigen Praktikum auch in eine Lehr- oder Arbeitsstelle übernommen werden. Eine erfolgreiche Vermittlung erfordert jedoch gerade in der Anfangszeit eine intensive Betreuung der jungen Auswanderer, ist doch die Lebensweise und die Organisation des Alltags in Spanien und Deutschland recht verschieden.

Christina Ransmann, Projektberaterin beim Verein Wachstumsregion Ems-Achse e.V., ist praktisch rund um die Uhr für ihre Schützlinge erreichbar und weiß zu berichten, welch hohes Engagement erforderlich ist, um das erfolgreiche Durchstarten in einem deutschen Unternehmen zu ermöglichen. Doch auch sie kann ihren Schutzbefohlenen kein Rund-um-sorglos-Paket versprechen. Das Abenteuer Deutschland verlangt den spanischen Arbeitsuchenden ein hohes Maß an eigener Initiative, Leistungsbereitschaft und Durchhaltewillen ab.

Dies mussten auch neunzehn junge Canarios erfahren, die Ende September zusammen mit etwas über hundert Landsleuten im Rahmen des Programms „The Job of my Life“ des Bundesarbeitsministeriums und der Bundesagentur für Arbeit nach Erfurt in Thüringen gekommen waren, in Erwartung hier ab ersten Oktober zu arbeiten und die im Förderungsprogamm vorgesehene Rückerstattung der verauslagten Kosten für einen Sprachkurs und den Flug zu erhalten.

Sie waren über das Internet auf das Angebot zweier privater Vermittlungsfirmen mit Sitz in Madrid und Erfurt gestoßen, die Arbeit und Hilfestellung durch das obengenannte Programm versprachen.

Die neunzehn Aspiranten absolvierten, wie bei diesem Programm üblich, zunächst

einen vierwöchigen Basis-Deutschkurs bei einer alteingesessenen Sprachschule in Puerto de la Cruz, welche mit den Organisatoren dieser Ausbildungsprogramme, u.a. der Wachstumsregion Ems-Achse, bisher gute Erfahrungen gemacht hatte und den Schülern auch beim Ausfüllen der erforderlichen Antragsformulare behilflich war.

Doch dieses Mal sollte alles ganz anders kommen, als gewohnt. Als die jungen Leute, erschöpft von der Reise, doch voller Enthusiasmus für ihre neue Zukunft, am Flughafen ankamen, schien sich zunächst nichts von den Informationen und Zusagen der Vermittler zu bewahrheiten.

Die erste Unterkunft, in die sie gebracht wurden, bestand nach Berichten der Betroffenen aus unbeheizten Schlafräumen in einem vermüllten Industriegebiet mit noch nicht zusammengebauten Betten und einer einzigen Toilette und Dusche für 28 Personen. Die erhofften Einstellungsgespräche wurden von Tag zu Tag verschoben. Die versprochene Rückerstattung der Auslagen ließ auf sich warten.

Verständlicherweise fühlten sich viele der jungen Leute betrogen, und einige beschwerten sich bei der spanischen Botschaft, der Zentralen Arbeitsvermittlung und auch bei ihrer Sprachschule auf Teneriffa. Bald sprang der Zornesfunke auch auf die spanische Presse über, und Schlagzeilen über in Deutschland betrogene und gestrandete junge Spanier erschienen in kanarischen, überregionalen und deutschen Zeitungen. Auch die kanarische Sprachschule, deren Leiter unverzüglich nach Erfurt reiste, um zu vermitteln, geriet durch die Berichterstattung ins Kreuzfeuer der Kritik.

Glücklicherweise stellte sich die Skandalberichterstattung am Ende als Sturm im Wasserglas heraus.

Die Erfurter Agentur hatte sich in ihrem Bemühen, möglichst viele Spanier zu vermitteln und entsprechende Pro-

visionen von den Arbeitge-bern zu erhalten, maßlos überschätzt und war mit dem Ansturm der Bewerber am Ende hoffnungslos überfordert, was zu den unschönen Zuständen bei der Unterbringung und den langen Wartezeiten führte.

 Außerdem zeigte sich, dass die Agentur die Anträge der Teilnehmer nicht bei der Zentralen Arbeitsvermittlung eingereicht hatte, sodass die staatliche Förderung und Rückerstattung

zunächst nicht gewährleistet schien.

Doch durch gemeinsame Anstrengungen der Arbeitgeber der Region, des Hotelverbandes Dehoga, der Stadt Erfurt und die Intervention des thüringischen Wirtschaftsministers Machnig konnte die Situation noch zu einem guten Ende gebracht werden.

Auch von der Kanarenregierung kam schnelle und unbürokratische Hilfe in Form einer finanziellen Zuwendung von 150 Euro für jeden Betroffenen.

Die siebzehn verbliebenen Canarios, zwei von ihnen zogen es nach den Aufregungen vor, nach Hause zurückzukehren, haben mittlerweile alle ihren Praktikumsvertrag unterschrieben, sind gut untergebracht und arbeiten in verschiedenen Hotels der Region.

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