In Sant Sadurní wackeln die Grundfesten


Das 12.000-Seelen-Dorf profitiert auch von der Anziehungskraft der großen Weingüter, die jedes Jahr über 400.000 Besucher registrieren. Zumindest den Unternehmenssitz hat Codorníu schon verlegt. Foto: LIMOWRECK

Im katalanischen Cava-Dorf fürchten die Einwohner den Abzug der großen Produzenten

Barcelona – Zwar leben nur knapp 12.000 Menschen im kleinen, malerisch auf einem Kreidefelsen gelegenen und von Weinbergen umgebenen Dorf Sant Sadurní d´Anoia, doch hat sich der Ort einen Namen in aller Welt gemacht, weil hier 90% des spanischen Cava, dem weltberühmten, nach Flaschengärungsmethode hergestellten Sekt und einer der bekanntesten Spezialitäten Kataloniens, produziert wird. Mehr als 80 Sektkellereien sind hier ansässig, darunter die beiden Marktführer Freixenet und Codorníu.

Wie Hunderte andere Unternehmen auch hatten nun die beiden Sekt-Giganten angekündigt, infolge des Abspaltungsprozesses der Region ihre Unternehmenssitze zu verlegen. Eine Ankündigung, welche die Einwohner des kleinen Ortes in große Sorge versetzt hat, denn ein Großteil der Familien ist in den Sektkellereien beschäftigt. So beläuft sich die Belegschaft von Freixenet auf 1.400 Angestellte, von denen die meisten in dem Weingut des Familienunternehmens in Sant Sadurní beschäftigt sind. Darunter auch Bürgermeister Josep Lluís Bonet, der der pro-separatistischen Partei ERC angehört und sich nicht öffentlich über den Abzug Freixenets äußern wollte.

Nicht nur, dass viele Einwohner von dem Geschäft mit dem Cava leben, das Dorf profitiert auch von der touristischen Anziehungskraft der Weingüter. Laut den Angaben des Tourismus-Büros (Oficina de Turismo) registrieren die Weingüter des Herkunftsgebietes Penedès im Jahr über 400.000 Besucher. Das Torres-Weingut zieht dabei mit 125.000 Gästen die meisten Besucher an, dicht gefolgt von Freixenet und Codorníu.

Codorníu (800 Angestellte) hat den Unternehmenssitz nach La Rioja verlegt und verlauten lassen, dass die politische Krise alle Angestellten, Kunden, Lieferanten und Partner betreffe, die über das ganze Festland verteilt seien.

Josep María Albet i Noya, Präsident des Herkunftsgebietes Penedès, erklärte gegenüber der Zeitung „El País“ die Verlegung der Unternehmenssitze für unerheblich und ohne Auswirkung auf den Sektor. Seiner Meinung nach wollten sich die beiden Cava-Marktführer durch ihre Geste mit den spanischen Kunden gut stellen. Doch die Reben seien eben hier, also werde sich faktisch nichts ändern, schloss Albet i Noya.

Nachdem die Katalonien-Krise durch die Maßnahmen der nationalen Regierung eine Wende erfahren hat, ruderte das Unternehmen Freixenet bereits zurück und erklärte, den Firmensitz nicht verlegen zu wollen.

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