Kampf ums Überleben


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Verantwortliche der Katzenherberge werden von Lokal- und Inselpolitikern seit Jahren mit leeren Versprechungen abgespeist

Wieviel Elend muss der Mensch sehen, um zu reagieren? Ganz ehrlich: Das Wissen um die Not anderer reicht doch meist nicht aus, um uns zum Handeln zu bewegen.

Erst wenn Bilder uns aufrütteln und Geschichten uns erschüttern, dann wachen wir auf, dann denken wir „Mensch, hier muss ich doch mal helfen“. Julio Ramos fragt sich schon lange, wie er die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und wichtiger noch der Behörden auf sich und sein Anliegen richten kann. Ein Hungerstreik, so hat er sich überlegt, könnte vielleicht noch etwas bewirken. Und falls sich in den nächsten Wochen nichts bewegt, hat er ernsthaft vor, in einen Hungerstreik zu treten, und zwar direkt vor dem Rathaus.

Julio Ramos ist Präsident des Tierschutzverbands La Rosaleda, der die einzige Einrichtung für heimatlose Katzen auf Teneriffa betreibt, doch die Existenz dieses Heims, in dem heute 287 Katzen ein Zuhause gefunden haben, medizinisch versorgt werden und Zuneigung erhalten, ist schon lange bedroht.

Weder die Stadt Puerto de la Cruz, in der das Katzenheim vorwiegend die streunenden Samtpfoten einsammelt, noch die Inselverwaltung wollen in Krisenzeiten finanzielle Mittel lockermachen. Die 10.000 Euro, die über einen Fonds vom Cabildo für das Kastrationsprogramm direkt an den Tierarzt gezahlt werden, decken nicht einmal die Jahreskosten für die OPs.

Im Rathaus sprach man Julio Ramos schon vor Monaten „fest“ zu, ihm demnächst eine Unterstützung zukommen zu lassen – ein leeres Versprechen. Im Juli 2010 fand in La Rosaleda eine Besprechung statt, an der Bürgermeister Marcos Brito und Vizebürgermeisterin Sandra Rodríguez teilnahmen. Damals ging es vorrangig um die Futterkosten. Marcos Brito sagte zu, diese zu übernehmen. Seither und bis Februar 2011 hat die Stadt lediglich die Futterkosten für einen Monat übernommen. Beim Rathaus erhält Julio die Auskunft: „Die Stadt hat kein Geld“.

Monatliche Fixkosten von 7.250 Euro

Als er beim Insellandwirtschaftsamt seine Sorgen vortrug und das Verhalten der Stadt schilderte, wurde er von Amtsleiter José Joaquín Bethencourt getröstet. Er wolle sich „in den nächsten zehn Tagen“ darum kümmern, dass der Tierschutzverein eine Zuwendung erhält – wieder ein leeres Versprechen. Und während sich Julio bei Behörden und Ämtern die Hacken wund läuft, müssen die Tierheimkatzen gefüttert, geimpft, operiert, mit Medikamenten versorgt werden. Die monatlichen Fixkosten belaufen sich nach Auskunft von Julio Ramos auf 7.250 Euro (1.000 für den Tierarzt, 2.000 für Futter, weitere 1.000 für Medikamente, OP-Material und Spezialfutter, die Personalkosten belaufen sich auf 2.500, sowie 350 für Wasser, Strom und Telefon und 400 für den Kauf von Putzmittel, Katzenstreu und ähnliches).

Welchen Stellenwert der Tierschutz und speziell Katzen in Teilen der hiesigen Gesellschaft einnehmen, zeigte sich erst neulich wieder durch einen Artikel in einer Lokalzeitung. Diese widmete eine einseitige Reportage dem „Flohproblem“ eines Außenbezirks von Santa Cruz. Dort klagen die Bewohner über eine Ratten-, Katzen- und Flohplage und machen dafür einerseits die Nachlässigkeit der Stadt verantwortlich, die verfallene Häuser nicht leerräumt; an der Ungezieferplage, vor allem den vielen Flöhen, seien aber hauptsächlich die Katzen schuld. Die zu diesem Thema von der Zeitung befragte Stadtdezernentin für Gesundheit sagte, man schließe nicht aus, das Füttern von Straßenkatzen unter Strafe zu stellen.

Die Zeitung, die diesen Bericht veröffentlichte, hat Julio Ramos auch schon kontaktiert und um einen Bericht über die Lage des Katzenheims gebeten. In seiner Verzweiflung möchte er sich an die Presse wenden, um die Stadt anzuprangern, die ihn mit leeren Versprechungen abspeist. Doch an einem Artikel besteht weder bei dieser noch bei anderen Inselmedien Interesse, denn, so meint Julio, niemand möchte es sich mit den Politikern verscherzen.

Bekanntlich gibt es überall solche und solche. Julio Ramos und seine Frau Araceli sind das beste Beispiel dafür, dass es auf den Kanaren tierliebe Menschen gibt. Sie kümmern sich aufopfernd um ihre „Kinder“ in der Katzenherberge, Tag für Tag von morgens bis abends. Mit einer einzigen Hilfsperson säubern sie die Gehege, die Käfige der Krankenstation, die Katzenklos, die Futternäpfe, waschen Bettchen und Wäsche, geben Medizin nach Anweisung des Tierarztes und finden trotzdem noch Zeit, um Streicheleinheiten zu verteilen. Für sie gibt es keine Feiertage. Auch an Heiligabend und Silvester sind sie bei den Katzen, denn schließlich braucht die Mitarbeiterin auch mal frei und es muss ja jemand da sein, der die kranken Tiere versorgt. Als das Geld immer knapper wurde und die Stadt Puerto fest versprach, eine Summe von mehreren Tausend Euro beizusteuern, griffen sie sogar ihr Sparbuch an, um die Versorgung der Tiere in der Zwischenzeit zu gewährleisten. Doch auf das zugesagte Geld, mit dem sie fest gerechnet hatten, warten sie noch heute.

Nun erzählte Julio bei einem Besuch in unserer Redaktion, dass er so nicht weitermachen könne, denn schließlich sei es das Gesparte fürs Alter, das er da angreife. Auch schilderte er bekümmert, dass immer wieder Menschen bei der Katzenherberge klingeln und um Aufnahme von Tieren bitten, die sie auf der Straße gefunden haben, oft sind es kranke oder verwundete Tiere. Auf seine Bitte um eine Spende möchten aber die wenigsten eingehen. „Jeder will nur, dass wir die Tiere aufnehmen, aber unsere Möglichkeiten sind erschöpft. Wir können nicht noch mehr Tierarztrechungen zahlen. Warum wollen diese Menschen, wenn sie doch den Tieren helfen wollen, nicht einen kleinen Beitrag leisten?“, fragt sich Julio. Viele meinen offensichtlich, mit der Ablieferung der Katze im Heim sei die gute Tat schon erledigt. Wie sich das Heim finanziert, wie es über die Runden kommt, was mit dem Tier weiter geschieht, danach fragt kaum jemand.

Am 11. Februar um 9.00 Uhr steht endlich ein Termin für ein Gespräch mit José Joaquín Bethencourt im Insellandwirtschaftsamt an. „Wenn ich wieder kein Geld für Futter bekomme, bin ich zu einem Hungerstreik mit allen Konsequenzen bereit“, sagt Julio Ramos.

Sie wollen helfen?

Jede Hilfe und Unterstützung – auch kleine Beträge – ist wichtig. Jeder Euro hilft, die Futterrechnung zu zahlen, die dem Team von La Rosaleda vorrangig Sorgen bereitet.  

Auch Sachspenden (bitte in gutem Zustand) für den Flohmarkt (jeden Samstagvormittag auf der Dachterrasse des Mercado Municipal in Puerto de la Cruz) können in La Rosaleda abgegeben werden. Und tierliebe Menschen sind selbstverständlich eingeladen, sich die Schützlinge in La Rosaleda anzusehen, sie kennenzulernen und auf diese Weise vielleicht ein neues Familienmitglied zu gewinnen. Wer eine Katze adoptieren möchte, sollte bereit sein, eine Spende von 60 Euro zu leisten, denn dieser Betrag wird für Kastration, Impfungen, Entwurmung, etc. fällig.

Tierschutzverein La Rosaleda Camino Carrasco 11

(beim Golf La Rosaleda)

38400 Puerto de la Cruz

E-Mail: larosaledacasafelino@larosaledacasafelino.org

Spendenkonto:

Banco Bilbao Vizcaya (BBVA), Santa Ursula.

Kontoinhaber:

Asociacion Protectora de

Animales La Rosaleda.

Kontonr.: 0182 5875 09 0010020910

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