Kanarische Fähre vor Marokko havariert


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Einheimische Fischer halfen mit Pateras bei der Evakuierung der 113 Passagiere

Am 30. April ging die 42-jährige Karriere der Fähre Assalama vor der Küste Marokkos zu Ende. Die Havarie des 100 Meter langen Fährschiffs bedeutet gleichzeitig das Aus für die Handelslinie zwischen den Kanaren und Tarfaya. Und damit platzt auch der Traum vom wirtschaftlichen oder gar touristischen Aufstieg des armen Fischerorts, denn die kanarische Reederei Naviera Armas hat mittlerweile das Schiff zum Totalschaden erklärt und offiziell die Aufgabe der Route Fuerteventura-Tarfaya bekannt gegeben.

Tarfaya – Die Assalama lief am 30. April pünktlich um 10.00 Uhr aus dem Hafen des marokkanischen Küstenortes Tarfaya mit Kurs auf Puerto del Rosario (Fuerteventura) aus. Schon kurz nach Verlassen des Hafenbeckens wurde das Schiff von dem starken Wellengang abgedrängt und „streifte“ nach Angaben der Reederei den Wellenbrecher. Später musste zugegeben werden, dass es eine regelrechte Kollision war. Obwohl mindestens drei Passagiere bei dem Unfall leichte Verletzungen erlitten, beschloss der Kapitän die Reise fortzusetzen.

Nachdem das Schiff jedoch schon bald in Seitenlage geriet und bei der Inspektion des Rumpfes ein erhebliches Leck und im Maschinenraum schwere Rauchentwicklung festgestellt wurden, schlug die Besatzung Alarm. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Assalama etwa 400 Meter von der Küs­te entfernt, wo sie auch jetzt halb gesunken auf einer Sandbank liegt. Nach Aussagen einiger Betroffener befanden sich nur zwei Rettungsboote an Bord. Zunächst wurden also nur Frauen und Kinder in Sicherheit gebracht. Männer und Besatzungsmitglieder blieben an Bord des rauchenden Schiffs.

Pateras als Rettungsboote

Die schnelle Rettung aller 113 Passagiere – in der Mehrzahl Marokkaner und Spanier, darunter mindestens 80 Canarios – war schließlich in großem Maße der Bevölkerung Tarfayas zu verdanken. Nach dem Notruf der Assalama begaben sich umgehend mindestens zehn Fischer in ihren kleinen Booten, den Pateras – bekannt durch das afrikanische Flüchtlingsdrama – aufs Meer hinaus. Trotz des starken Wellengangs schafften es die erfahrenen Fischer, mit ihren kleinen Booten so nah an das havarierte Schiff heranzufahren, dass die Passagiere umsteigen konnten. Als letzte gingen der Kapitän und die Besatzung gegen 18.00 Uhr von Bord.

„Wir gingen mit den Kindern und konnten nur mitnehmen, was wir am Leib trugen“, berichtete eine kanarische Betroffene, „wir fühlten uns so verlassen und machtlos. Wir mussten alles zurücklassen – Geld, Kleidung, Koffer, unser Auto… Es war schrecklich, ein Chaos. Das Schiff sank und überall rauchte es, die Wellen waren riesig. Wir hätten ertrinken können.“ Die Kanarische Regierung bedankte sich mit einem offiziellen Schreiben bei der Bevölkerung von Tarfaya und der marokkanischen Marine für ihre Hilfsbereitschaft nach dem Schiffsunglück.

Die marokkanischen Behörden haben bereits gefordert, dass das Schiff schnellstmöglich abgeschleppt wird, denn man befürchtet, dass aus dem Wrack 80.000 Liter Diesel auslaufen könnten. Die Reederei hatte zunächst einen Vertreter nach Tarfaya geschickt, der jedoch nach ein paar Tagen von den Verhandlungen erschöpft zurückkehrte. Die Passagiere fordern eine Entschädigung, die ihnen bislang niemand zusagen konnte, und Naviera Armas hat alle Verantwortung der Versicherungsgesellschaft übertragen.

Unterdessen saßen bei Redaktionsschluss noch 68 der 113 Passagiere in El Aaiún fest. Obwohl mehrere Flugzeuge der kanarischen Airline Binter gechartert wurden, um alle Passagiere nach Hause zu bringen, wollen sie Marokko erst verlassen, wenn die   Reederei bzw. die Versicherungsgesellschaft ihnen eine angemessene Entschädigung zusagt. Sie mussten bei dem Unglück alles zurücklassen. Mit dem Schiffswrack gingen ihr gesamtes Gepäck, ihre Fahrzeuge und zum Teil sogar ihre Papiere, die in der Eile nicht mehr mitgenommen wurden, unter.

Die Tatsachen, dass die Assalama unter panamesischer Flagge fuhr, Eigentum einer kanarischen Reederei ist, die Besatzung einschließlich Kapitän aus Kuba stammt und dass sich der Unfall in marokkanischen Gewässern ereignete, scheinen ideale Voraussetzungen für einen langen Rechtsstreit. Dass sie selbst dabei die Leidtragenden sein werden, davon gehen die 68 in El Aaiun verschanzten Betroffenen – aus Frankreich, der Schweiz, dem Senegal, Marokko, Mauretanien und Uruguay – aus.

Sie haben sich bereits zusammengeschlossen und einen Rechtsanwalt beauftragt. Nach drei Tagen erhielt jeder Passagier lediglich 100 Euro (Kinder 50 Euro), um sich Kleidung und andere notwendige Gebrauchsgegenstände zu kaufen. Das weitere Schadensersatzangebot der Reederei von 300 Euro weisen sie als Unverschämtheit zurück.

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