Kehrtwende im Westsahara-Konflikt

In verschiedenen Regionen Spaniens, darunter auch auf den Kanaren (hier in Puerto del Rosario auf Fuerteventura), gingen Saharauis und ihre Unterstützer auf die Straße, um gegen die Absichten der Sozialisten zu protestieren. Sie sehen diese als Verrat an. Foto: EFE

In verschiedenen Regionen Spaniens, darunter auch auf den Kanaren (hier in Puerto del Rosario auf Fuerteventura), gingen Saharauis und ihre Unterstützer auf die Straße, um gegen die Absichten der Sozialisten zu protestieren. Sie sehen diese als Verrat an. Foto: EFE

Die Entscheidung der PSOE stößt bei verbündeten Parteien auf Ablehnung. ERC, PNV und Bildu fordern die Rückkehr zur UN-Doktrin, die ein Referendum vorsieht

Madrid – Die regierenden Sozialisten (PSOE) finden im Hinblick auf das geplante Abkommen mit Marokko über den Westsahara-Konflikt selbst in eigenen Reihen so gut wie keinen Rückhalt. Das könnte auch der Grund dafür sein, dass in einer so schwierigen Angelegenheit bislang im Abgeordnetenhaus noch keine Abstimmung stattgefunden hat. Nun wird der Druck größer, denn Ende März haben ausgerechnet die Parteien, die der Regierung sonst als Verbündete zur Seite stehen, erste Schritte in die Wege geleitet, um eine solche Abstimmung zu erzwingen. ERC und EH Bildu auf der einen Seite und die PNV auf der anderen haben demnach entsprechende Anträge eingereicht, durch die das spanische Parlament dazu aufgefordert wird, das Vorgehen der Regierung in dieser Angelegenheit zu rügen und zur bisherigen Linie zurückzukehren, die – unterstützt von den Vereinten Nationen – ein Referendum als Lösung für den Konflikt um die ehemalige spanische Kolonie vorsieht. Koalitionspartner Unidas Podemos bereitet letzten Meldungen zufolge derweil eine eigene Gesetzesinitiative bezüglich dieses Themas vor.

Eine erste Warnung, dass es für die Regierung im Hinblick auf das geplante Abkommen mit Marokko schwierig werden dürfte, ließ die ERC-Abgeordnete Marta Rosique bereits Mitte März erkennen. „Wenn wir per Handzeichen abstimmen würden, dürften Sie nicht mehr nach Rabat fahren“, warnte sie Außenminister José Manuel Albares bei einem Auftritt im Parlament im Hinblick auf seine anstehende Reise nach Rabat nachdrücklich. Ein Vorstoß des Abgeordneten Iván Espinosa de los Monteros von der rechtspopulistischen Partei Vox, noch am selben Tag eine Abstimmung zu erzwingen, scheiterte an dem Umstand, dass dies nicht auf der Tagesordnung stand.

Die Sozialisten werden es schwer haben, einen Ausweg aus dieser Situation zu finden. Die von den katalanischen und den baskischen Nationalisten eingebrachten Vorschläge zielen eindeutig darauf ab, Druck ausüben zu wollen, da außer den Sozialisten bisher keine einzige der anderen Fraktionen des Abgeordnetenhauses ihre Kehrtwende in der Westsahara-Frage durch ein Abkommen mit Marokko unterstützt hat. Dieses Vorhaben wird auch vom Minderheitspartner Unidas Podemos abgelehnt.

Trotz des heftigen Gegenwinds ist nach bisherigem Stand weiter geplant, dass Außenminister José Manuel Albares Anfang April nach Rabat reist, um den Beginn der „neuen Etappe“ in den bilateralen Beziehungen zu bestätigen und den nächsten institutionellen Besuch von Regierungschef Sánchez vorzubereiten.

In der nicht gesetzlichen Initiative, die ERC und EH Bildu in dieser Angelegenheit eingebracht haben, wird unter anderem ein offenes Misstrauensvotum gegen die Regierung gefordert, die sie beschuldigen, mit der UN-Doktrin zum Westsahara-Konflikt zu brechen. „Diese Entscheidung wurde getroffen, ohne dass eine der Fraktionen im Abgeordnetenhaus befragt oder informiert wurde, und steht im Widerspruch zum Mehrheitskonsens der Kammer“, heißt es in dem Text. Die beiden Parteien fordern ausdrücklich, dass das Abgeordnetenhaus sich im Rahmen einer Abstimmung wieder eindeutig zu den UN-Resolutionen und dem darin vorgesehenen Referendum bekennt. Es müsse wieder auf „den Weg des Dialogs und der Verhandlungen“ gesetzt werden, um in dem seit 47 Jahren schwelenden Konflikt endlich eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden. Nach Angaben von EH Bildu zielt die Initiative letztlich darauf ab, „die Sozialisten zu zwingen, ihre Position zurückzunehmen“.

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