Korruptionsskandal in Marbella


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Bürgermeisterin Marisol Yagüe, Vizebürgermeisterin, zwei Stadträte und 17 weitere Personen wurden verhaftet

Auf der berühmt-berüchtigten Küstenstadt Marbella, einem der beliebtesten Urlaubsorte von Spaniens Adel und Prominenz, scheint ein eigentümlicher Fluch zu lasten. So jedenfalls empfindet es ein Großteil der Einwohner, die seit Jahrzehnten unter nachweislich korrupten Bürgermeistern und Stadträten leben und leiden.

Marbella – Tatsächlich waren die Bürger ja schon so einiges gewohnt: Jahrzehntelange trieb der Lebemann Jesús Gil y Gil, mehr Unternehmer als Politiker, als Marbellas Stadtvater sein Unwesen, wirtschaftete in die eigene Tasche (oder in die seiner Verwandten und treuen Gefolgsleute) und schaltete und waltete einzig und allein nach eigenem Gutdünken. Dass er mehrmals ernsthafte Schwierigkeiten mit der Justiz bekam, ja sogar rechtskräftig verurteilt wurde und einsitzen musste, störte den Exzentriker und Präsidenten des Fußballclubs Atlético de Madrid, nicht im geringsten. Seine Gefolgsleute saßen in allen wichtigen Ämtern, so dass sein Imperium nie wirklich in Gefahr war. Nach seinem Tod übernahm dann auch sein früherer enger Vertrauter Julian Muñoz das Zepter in Marbella, zwar nur für kurze Zeit, doch ausreichend, um im Stil von Jesús Gil y Gil weiterzuarbeiten. Mit dem einzigen Unterschied, dass die Gelder diesmal in seine Tasche flossen.

Nachdem er 2003 durch ein polemisches Misstrauensvotum gestürzt wurde, übernahm die bekennende Gil-Anhängerin Marisol Yagüe das Amt. Und fast hätte man glauben wollen, dass nun Ruhe in den mondänen Urlaubsort eingekehrt ist, denn über Monate wurde vergleichsweise wenig über Marbellas Korruptionstreiben berichtet.

Doch der Schein trog gewaltig, denn der jüngste Marbella-Skandal schießt im wahrsten Sinne des Wortes den Vogel ab. Am 29. März wurden die Bürgermeisterin Marisol Yagüe, zwei ihrer engsten Mitarbeiter, die Stadträte José Jaén und Victoriano Rodríguez, der Gemeindeberater für Städtebau, Juan Antonio Roca, der Sekretär der Stadtverwaltung, Leopoldo Barrantes sowie 16 weitere Personen in einer gut vorbereiteten Polizeiaktion gegen Korruption im Bauwesen verhaftet. Einen Tag später wurde außerdem Marbellas Vizebürgermeisterin Isabel García Marcos festgenommen, die in den Flitterwochen gewesen war, welche sie angesichts der Geschehnisse in Marbella frühzeitig abbrach. Vorgeworfen wird den Verhafteten unter  anderem Veruntreuung öffentlicher Gelder, Bestechung, Vetternwirtschaft, unerlaubte Machenschaften zur Veränderung von Preisen sowie Geldwäsche.

Im Rahmen der so genannten Operación Malaya wurden über 1.000 Konten gesperrt und 17 Hausdurchsuchungen vorgenommen. Unter anderem auch in Marbellas Stadtverwaltung, wo die Polizei um Punkt 9 Uhr erschienen war und das gesamte Gebäude umgehend räumen ließ. Ebenfalls durchsucht wurden aber auch verschiedene andere Gemeindebüros sowie das Privathaus der Bürgermeisterin. Dort wurde sie auch verhaftet, denn Marisol Yagüe war wegen einer kleinen Schönheitsoperation, der sie sich zwei Tage zuvor unterzogen hatte, nicht im Dienst gewesen. Vier Stunden lang durchsuchte die Polizei die luxuriöse Villa und beschlagnahmte unter anderem zwei Computer. Insgesamt dauerte die Polizeiaktion, an der 200 Beamte mitwirkten, über zehn Stunden. Dabei wurden Luxusgüter wie Kunstwerke, Luxuskarossen, Schmuck, Antiquitäten und sogar eine große Zahl von Vollblütern im Wert von insgesamt 2,4 Millarden Euro beschlagnahmt.

Knapp eine Woche nach den Festnahmen gingen in Marbella tausende erboster Bürger auf die Straßen, um den Rücktritt der gesamten Regierungsmannschaft zu fordern. Aus Madrid wird derweil angekündigt, dass Marbellas Verwaltung nach Rücksprache mit der andalusischen Regionalregierung aufgelöst werden soll, sobald der Richter Haftbefehl gegen die mutmaßlichen Täter erlässt.

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