Kürzeste Weinlese seit drei Jahrzehnten


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Milder Winter und feuchter Sommer haben das Wachstum der Reben und den Reifeprozess der Trauben beeinträchtigt

Schon 2010 fiel der Ernteertrag wetterbedingt um 15% geringer aus und auch dieses Jahr gibt es für die kanarischen Winzer wohl keinen Grund zur Freude.

Die Weinlese, die Ende August vielerorts auf den Inseln begonnen hat, wird auch dieses Jahr enttäuschend ausfallen. Wie Carlos Pérez Pérez von der Kellerei Viña Zanata in La Guancha dem Wochenblatt berichtete, wird die Lese aufgrund der klimatischen Bedingungen schlecht ausfallen. Schuld daran ist einerseits der milde Winter, denn die Reben benötigen in dieser Jahreszeit niedrige Temperaturen, und andererseits der feuchte Sommer, in dem vor allem im Norden der Insel Teneriffa überwiegend eine dichte Wolkendecke hing. So fehlten die wärmenden Sonnenstrahlen beim Reifeprozess der Trauben.

Auch Manuel Marrero von der Weinkellerei Cumbres de Abona im Süden der Insel steckt mitten in der Weinlese und weiß schon jetzt, dass er sich mit einem bescheidenen Ergebnis begnügen muss. „Die diesjährige Lese wird die kürzeste seit drei Jahrzehnten sein“, vermutet er. Besonders deutlich sei der Ernteverlust im Falle der Reben Listán Blanco, wo etwa 40% weniger Ertrag erwartet wird. Bei den Rotweintrauben rechnet die Bodega Cumbres de Abona mit 30% weniger. Allgemein befürchtet Marrero, der auch den Vorsitz des Weinbauverbands Cumbres de Abona hat (umfasst die Gemeinden Fasnia, Arico, Granadilla de Abona, San Miguel de Abona, Vilaflor, Arona und Adeje), mit einem Ernteausfall von 75%. Während 2010 in diesem Anbaugebiet 1.200.000 Kilo gelesen wurden, werden es in dieser Saison vermutlich nicht mehr als 400.000 Kilo.

Auch Juan Jesús Méndez, Vorsitzender des Kontrollrats Ycoden Daute Isora (umfasst die Gemeinden San Juan de la Rambla, La Guancha, Icod, Garachico, El Tanque, Los Silos, Buenavista, Santiago del Teide und Guía de Isora) wagt keine bessere Prognose. „Die Weinlese sieht auf allen Inseln schlecht aus. Ich habe von vielen Winzern schlechte Nachrichten und die Aussichten sind nicht gut; hinzu kommt, dass der Ernteertrag auch letztes Jahr schon niedrig war“, bedauert er und fügt hinzu, dass es zwar noch zu früh sei, um über Prozente zu sprechen, verglichen mit „normalen“ Jahren aber mit erheblichen Ausfällen gerechnet werden müsse. In einem solchen als „normal“ zu bezeichnendem Jahr beläuft sich der Ernteertrag auf den Inseln auf etwa 20 Millionen Kilo; dieses Jahr werden vermutlich nicht mehr Trauben als im vergangenen Jahr gelesen, und da waren es etwa acht Millionen Kilo. Theoretisch müsste ein solcher Ernteausfall sich auf den Endpreis der Weine auswirken, doch Méndez ist sich nicht sicher, ob die Kunden bei der derzeitigen Konsumlage eine Preissteigerung akzeptieren würden. Sicher ist hingegen, dass sich der Jahrgang 2011 dadurch auszeichnen wird, dass das Angebot von der Nachfrage übertroffen wird. Für die Winzer Grund zur Freude, auch wenn sie bedauern, nicht mehr anbieten zu können, denn immerhin stellt die große Nachfrage den guten Ruf der Inselweine unter Beweis. Manuel Marrero von Cumbres de Abona erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass noch vor zwanzig Jahren in kaum einem Inselrestaurant kanarische Weine auf der Karte standen, heute hingegen jedes Lokal, das etwas auf sich hält, Inselweine im Weinkeller hat.

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