Kulinarische Archäologie


In der Grabungsstätte Baelo Claudia fanden die Forscher Reste von Garum, welche sie analysieren konnten. Foto: Hispa

Ein Professor will aus antiken Essensresten die Rezeptur der altrömischen Delikatesse Garum wiedererstehen lassen

Cádiz – Die beliebteste und bekannteste Würzsoße des antiken Römerreiches hieß „Garum“. Ihr Ruhm reicht bis in die Jetztzeit hinein, doch die genaue Rezeptur ist verloren gegangen. Bekannt ist nur noch, dass Salz, Fischinnereien, Seebarbe und verschiedene Würzen, darunter Anis, Essig und Wein, unter den Zutaten sind. Plinius der Ältere soll über das Garum gesagt haben, „kein Likör oder Parfüm sei kostspieliger und bringe seinem Herstellungsort mehr Ruhm“.

Garum kommt als Zutat in fast allen römischen Rezepten vor und wurde, in verschiedenen Qualitäten von allen Bevölkerungsschichten verwendet. Das in der Küstenstadt Cádiz in Andalusien hergestellte Garum Gaditanum galt, wegen der Qualität des verwendeten Fischs und der großen Erfahrung, welches die Cádizer Fabrikanten von den alten Phöniziern übernommen hatten, als das beste von allen. Die altrömische Siedlung Baelo Claudia nahe Cádiz war in der Antike eine der berühmtesten Produktionsstätten. Zweitausend Jahre nach der Blütezeit dieser in zahllosen alten Schriften erwähnten Delikatesse leitet der Archäologe und Professor an der Universität Cádiz, Darío Bernal, eine Forschungsgruppe, die untersucht, wie sich die Menschen im alten Römerreich ernährten. Die Wiederentdeckung des Rezeptes und der Verarbeitungstechniken von Garum fallen in diese Forschungstätigkeit. Reste der Soße, die aus der archäologischen Fundstätte Baelo Claudia in Bolonia, Tarifa, stammen, werden deshalb von einem interdisziplinären Team aus Archäologen, Historikern, Biologen, Geologen und Chemikern auf ihre Bestandteile hin untersucht. Erste Forschungserfolge zeichnen sich bereits ab. In den Überresten der Garumküchen in Baelo Claudia, die aus dem fünften Jahrhundert nach Christus stammen, wurden Gefäße mit Resten ausgegraben, die es erlauben, die antike Würze auf ihre Bestandteile hin zu untersuchen. Darüber hinaus müssen aber auch die speziellen Verarbeitungsprozesse wiederentdeckt werden. Zu diesem Zweck haben Archäozoologen festgestellt, von welchen Tieren die gefundenen Gräten stammen, Geologen haben untersucht, welche Pflanzen als Zutaten dazugegeben wurden. Und die Chemiker bemühen sich nun, die Zusammensetzung nachzustellen und in kleinen Amphoren die Marinierungsprozesse nachzuvollziehen.

Auch wenn der Herstellungsprozess überall ähnlich war, gab es doch Unterschiede bei den Zutaten. Innereien, Gräten und Haut von Thunfischen und anderen Spezies wurden gemischt mit Salz, Tintenfischstücken, Seebarben, Wein oder Essig und verschiedenen Gewürzen. Alles zusammen ließ man drei Wochen lang einweichen. Das Salz verhinderte dabei das Bakterienwachstum. Das Ganze wurde immer wieder umgerührt, bis eine breiartige Masse entstand, die dann mehrfach gefiltert wurde. Die Flüssigkeit, die dabei gewonnen wurde, ist das Garum.

Schon gelungen ist den Wissenschaftlern die Rekonstruktion des Rezepts der Pompejischen Variante des Garum. Mittlerweile wird diese Sorte sogar erneut hergestellt und ist im Handel erhältlich. Auch das Garum Gaditanum soll bald produziert und verkauft werden können, und vielleicht wird Cádiz dann erneut, wie in antiker Zeit, berühmt für diese römische Delikatesse.

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