Mehr Geld für Marokko

Erstversorgung einer Gruppe von Neuankömmlingen, die Ende November Lanzarote erreichten. Foto: EFE

Erstversorgung einer Gruppe von Neuankömmlingen, die Ende November Lanzarote erreichten. Foto: EFE

Brüssel geht davon aus, dass die Migrationskrise der Kanaren dem nordafrikanischen Partner höhere Kontrollanstrengungen abverlangt

Madrid – Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Verschiebung der Migrationsrouten vom Mittelmeer nach Westen hin zu den Kanaren der marokkanischen Regierung größere Anstrengungen zur Kontrolle der Migrationsströme nach Spanien abverlangt. Die Kommissarin für Inneres, Ylva Johansson, besuchte Anfang Dezember Marokkos Hauptstadt Rabat und hat ihre Bereitschaft signalisiert, die Möglichkeit weiterer finanzieller Hilfen zu prüfen, um die dortige Regierung dabei zu unterstützen, die Kosten der neuen Migrationskrise zu bewältigen.
Johansson sicherte Gespräche mit den marokkanischen Autoritäten über die Gestaltung dieser Unterstützung zu und konstatierte, die Migrationskrise, welche sich auf den Kanaren abspielt, mache es erforderlich, dass die EU ihre Zusammenarbeit mit Marokko verstärke. Dies unter anderem, um die Rückführung von illegal eingereisten Migranten ohne Asylrecht zu beschleunigen.
Wie die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) feststellte, hat sich die irreguläre Einwanderung über die Kanarischen Inseln im Oktober 2020 mit 5.300 Personen gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat verzehnfacht. In den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres kamen 11.400 Personen, der größte Teil davon seit August. Die Mehrzahl stammt aus den afrikanischen Ländern südlich der Sahara.
Die EU leistet Marokko bereits erhebliche Unterstützung, um die irregulären Migrationsströme zu kontrollieren und die Grenzen zu überwachen. Das afrikanische Nachbarland spielt eine wichtige Rolle für die westliche Migrationsroute im Mittelmeer, insbesondere seit die Migrantenzahlen 2018 Höchstwerte erreichten.
Im Jahr 2020 sind nun mit der Kanarenroute neue Herausforderungen hinzugekommen, die neue Verpflichtungen für die marokkanischen Autoritäten mit sich bringen können.
Marokko hat bisher 343 Millionen Euro an Hilfen von der EU erhalten, den Großteil davon seit 2015. Von den südlichen Mittelmeer-Anrainerstaaten hat nur Libyen mehr bekommen. Doch der Finanzbedarf scheint zu wachsen angesichts der Intensivierung der Migrationskrise, zu der sich noch die wirtschaftlichen Belastungen durch die Pandemie hinzugesellen. Aufgrund der Corona-Pandemie hat sich die EU-Kommission zudem verpflichtet, rund 450 Millionen Euro bereitzustellen, um „auf die außergewöhnlichen Belastungen des marokkanischen Etats zu reagieren“. Über die Hälfte dieser Summe, 264 Millionen Euro, sind schon geflossen. Hinzu kommen Investitionen des europäischen Finanzwesens von einer Milliarde Euro jährlich. Doch Marokko scheint mehr finanzielle Zuwendungen oder zumindest die sofortige Auszahlung der bisher zugesagten Hilfen zu fordern.
Zusätzlich zu den genannten Hilfen bietet Brüssel noch 40 Millionen Euro für die Überwachung der Grenzen an, die im Laufe des kommenden Jahres ausgezahlt werden sollen. Insgesamt könnten auf diese Weise in 2021 rund 226 Millionen Euro nach Marokko fließen, um die angespannte Lage zu mildern.

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