Millionenausfälle nach Lotsenstreik


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Kanarische Regierung beziffert Schaden auf 100 Millionen Euro

Nach dem Streik der spanischen Fluglotsen am 3. und 4. Dezember wurde Bilanz gezogen: allein auf Teneriffa bezifferte sich der wirtschaftliche Schaden im Tourismus-Sektor auf 17,5 Millionen Euro, laut Inselpräsident Ricardo Melchior „fast eine Million Euro pro Stunde“. Auf den Kanarischen Inseln beläuft sich der Schaden nach Schätzungen der Regierung auf bis zu 100 Millionen Euro.

Obwohl 85% der Fluglotsen in den darauf folgenden Tagen schriftlich zusicherten, an Weihnachten und Neujahr ihren Dienst ohne jeglichen Zwischenfall zu versehen, verlängerten Regierung und Abgeordnetenhaus den Alarmzustand bis zum 15. Januar, um die Fluglotsen weiterhin der Militärgerichtsbarkeit unterstellen zu können. 

Mittlerweile haben sich 5.000 vom Streik Betroffene zusammengeschlossen und AENA auf 10.000 Euro pro Person an „moralischem Schadensersatz“ verklagt.

Als am 3. Dezember um 17.00 Uhr spanienweit die Fluglotsen ihre Posten verließen, am folgenden Tag die spanische Regierung den Alarmzustand ausrief und das Militär die Flugkontrolleure nach 20 Stunden zur Aufgabe ihres Streiks bewegte, war es bereits geschehen: schätzungsweise 600.000 Passagiere europaweit waren von Flugverschiebungen und -ausfällen betroffen, mussten neu einquartiert werden oder zurück nach Hause fahren, konnten ihren Urlaub entweder gar nicht oder erst verspätet antreten etc. Abgesehen von den menschlichen Schicksalen entstand auch der Wirtschaft ein immenser Schaden. Die Kanaren traf es besonders hart, da die Inseln sowohl im Tourismus als auch in der Versorgung vom Flugverkehr abhängen und durch die Schließung des Luftraumes isoliert wurden.

Ricardo Melchior, Regierungspräsident von Teneriffa, erklärte auf einer Pressekonferenz am 7. Dezember, der Tourismus- und Freizeit-Sektor (Hotels, Handel, Fluggesellschaften, Reiseveranstalter, etc.) der Insel hätte Verluste von 17,5 Millionen Euro zu beklagen, sprich „fast eine Million Euro pro Stunde“ an Ausfällen.

Dabei wäre der Image-Schaden noch nicht einmal mit einbezogen worden. José Manuel Bermúdez, Leiter des Tourismus-Ressorts, schlüsselte den Schaden genauer auf und erklärte, den Hotels und dem Handel seien Verluste in Höhe von 10,5 Millionen Euro entstanden. Dazu kämen fünf Millionen Euro Verluste der Fluggesellschaften und zwei Millionen Euro Verluste bei den Reiseveranstaltern. Juan Antonio Rosado, Vizepräsident der Hotelvereinigung Ashotel, bezifferte die Anzahl ausgefallener Übernachtungen bei Hotels und Apartmenthäusern auf 40.000 Euro. 

José Manuel Bermúdez gab bekannt, dass auf Teneriffa 45.612 Passagiere von dem Streik betroffen gewesen wären, 33.312 vom Süd- und 12.300 vom Nord-Flughafen. Bei 18.812 hätte es sich um Abreisende gehandelt. Ungefähr 6.000 Touristen hätten neu untergebracht werden müssen. Ricardo Melchior fügte hinzu, nur ein Prozent der Reisenden hätten sich gezwungen gesehen, auf dem Flughafen zu übernachten. Dies hätte weiteren Image-Schaden im Ausland verhindert.

„Verheerend“ und „verantwortungslos“

Der Inselpräsident machte die Fluglotsen zum größten Teil für das Geschehen verantwortlich: „Ihre Aktion war verheerend“ und sie hätten „verantwortungslos“ gehandelt, dabei verdienten sie doch viermal so viel wie er selbst. Laut Melchior wären sich einige der auf der Insel arbeitenden Fluglotsen des Schadens, den sie anrichteten, zwar bewusst gewesen, doch hätten sie aus Madrid „harte Drohungen“ zu hören bekommen.

Ricardo Melchior brachte sein Unverständnis darüber zum Ausdruck, dass die Regierung nicht über die bevorstehenden Ereignisse informiert gewesen sei, und stellte dies in Frage. Allerdings unterstützte er die Entscheidung, den Alarmzustand auszurufen, kritisierte jedoch, dass diese erst 20 Stunden nach Beginn der Krise getroffen worden sei.

Sein Dank galt den Rathäusern, der staatlichen Flughafenbetreibergesellschaft AENA, dem Busunternehmen Titsa, der Hotelvereinigung Ashotel und den gewerblichen Verkehrsunternehmen, die die Folgen des Chaos gemildert hätten.

José Manuel Bermúdez hob hervor, der Streik hätte die Insel in einer Erholungsphase des Tourismus-Sektors getroffen, betonte aber auch: „Die Aussichten, die wir hatten und hoffentlich weiterhin haben werden, sind gut.“

Juan Antonio Rosado von Ashotel erklärte im Einklang mit dem Inselpräsidenten sein Unverständnis für das Verhalten der Fluglotsen, schließlich hätte es auch andere Protestmittel gegeben, die das vom Flugverkehr abhängige Urlaubsziel Teneriffa nicht isoliert hätten. Rosado befürchtet, jetzt, in der Hochsaison, könne es zu ähnlichen Aktionen seitens der Fluglotsen kommen, und hofft, die spanische Regierung werde entsprechende Vorsorgemaßnahmen treffen. Jedenfalls prüfe Ashotel derzeit die Erhebung einer Klage gegen die Fluglotsen, entweder im Alleingang oder zusammen mit der nationalen Hotelvereinigung Cehat, um diese zivilrechtlich in Anspruch zu nehmen und Schadensersatz zu erlangen.

Ca. 100 Millionen Euro Verluste auf den Kanaren

Am 9. Dezember traf sich Paulino Rivero, Präsident der kanarischen Regierung, mit den Vertretern der durch den Lotsenstreik betroffenen Wirtschaftssektoren, um über die entstandenen Schäden und mögliche Konsequenzen zu debattieren.

Vor dem Treffen gab Fernando Fraile, Präsident der Hotelvereinigung FEHT, eine erste Einschätzung und bezifferte den kanarenweit entstandenen Schaden auf bis zu 100 Millionen Euro (zwei Drittel Unternehmenseinbußen, ein Drittel Imageschaden). Doch Rivero erklärte später, genaue Zahlen lägen noch nicht vor.

Jedenfalls hatte José Manuel Bermúdez auf der zwei Tage zuvor stattfindenden Pressekonferenz des Cabildos von Teneriffa bereits verlauten lassen, dass kanarenweit 96.000 Passagiere von der Schließung des spanischen Luftraumes betroffen gewesen wären.

Nach der Sitzung von Regierung und Unternehmern gab Rivero bekannt, dass eine Vielzahl an rechtlichen Schritten gegen die Fluglotsen eingeleitet würden. Während die kanarische Regierung bereits am 4. Dezember einen Klageantrag wegen Ungehorsams und Meuterei gegen die öffentliche Verwaltung bei der Staatsanwaltschaft eingereicht hätte, würden Regierung, die zwei Hotelvereinigungen, die zwei Handelskammern, Verbrauchervertretungen und Unternehmer nun gemeinsam ein ziviles Verfahren zur Leistung von Schadensersatz antreiben. Rivero wies darauf hin, dass die betroffenen Sektoren neben der Gemeinschaftsklage auch noch Einzelklagen betreiben könnten.

Dem ist die kanarische Vereinigung von Freizeit- und Gastronomieunternehmen Fecao bereits nachgekommen und hat Klage gegen die kanarischen Fluglotsen eingereicht.

Weihnachten

Da die Fluglotsen ursprünglich einen Streik an den Feiertagen in Erwägung zogen, besteht eine gewisse Nervosität bei Tourismus-Sektor und Urlaubern hinsichtlich des Flugverkehrs zwischen Weihnachten und Dreikönige. Miguel Sebastián Gascón, spanischer Minister für Industrie, Tourismus und Handel, garantierte jedoch, diese Situation werde sich weder zu Weihnachten noch danach wiederholen. Und auch César Cabo, Sprecher der Fluglotsen-Gewerkschaft USCA, versicherte, der Flugbetrieb werde zu Weihnachten reibungslos ablaufen. Auch die Pilotengewerkschaft Sepla ließ verlauten, eventuelle Protestaktionen zu verschieben.

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