Misstrauensantrag gescheitert

Beifall bekam Santiago Abascal (Mitte) am 22. Oktober im Kongress nur von den Abgeordneten seiner Partei. Foto: efe

Beifall bekam Santiago Abascal (Mitte) am 22. Oktober im Kongress nur von den Abgeordneten seiner Partei. Foto: efe

Der Antrag von VOX gegen Präsident Sánchez wurde lediglich von den 52 eigenen Abgeordneten unterstützt

Madrid – Die rechtspopulistische VOX hat mit ihrem Misstrauensantrag gegen den spanischen Regierungschef eine krachende Niederlage erlitten. Parteichef Santiago Abascal hatte bei der Begründung seines Antrags erklärt, die Regierung von Pedro Sánchez wolle die spanische Nation zerstören. Doch sein Antrag stieß bei allen im Parlament vertretenen politischen Gruppen auf Ablehnung. Nur die 52 Abgeordneten seiner eigenen Fraktion stimmten für den Misstrauensantrag. Notwendig wären mindestens 176 Ja-Stimmen gewesen. Doch alle übrigen 298 Parlamentarier stimmten gegen den Antrag, es gab keine Stimmenthaltungen.
Zuvor hatte auch Pablo Casado, der Chef der konservativen Volkspartei Partido Popular, die in drei wichtigen Regionalregierungen – Madrid, Andalusien und Murcia – mit Unterstützung von VOX regiert, angekündigt, dass auch seine Fraktion mit Nein stimmen werde. Das löste bei VOX-Chef Abascal offensichtlich eine herbe Überraschung und blankes Entsetzen aus. Abascal waren von Anfang an keine Chancen eingeräumt worden, weil keine andere Partei seinen Vorstoß unterstützen wollte. Politischen Beobachtern war jedoch klar, dass er sich mit diesem Schritt und der Unterstützung der Partido Popular als neuer Führer der spanischen Rechten profilieren wollte. Es ging ihm nicht um den Sturz von Sánchez sondern darum, die Wähler der PP an sich zu binden. Den Misstrauensantrag mitten in der Coronakrise, von der Spanien ganz besonders schwer betroffen ist, bezeichnete Casado als pure Zeitverschwendung. Er warf Abascal vor, dass er damit die Position der linken Regierung noch gestärkt habe.
Am Vortag hatte Abascal in einer sehr polemischen und scharf kritisierten Rede seinen Misstrauensantrag damit begründet, dass die Regierung Sánchez verbrecherisch sei. Sie arbeite mit Mafiaorganisationen und separatistischen Gruppen zusammen und wolle Spanien, die Nation und die Monarchie zerstören. Wie schon bei anderen Gelegenheiten erklärte der Führer der Rechtspopulisten, die Regierung von Sánchez sei die schlechteste der letzten 80 Jahre – was logischerweise auch die Ära Franco miteinschließt.
Er hatte auch die Politik im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie kritisiert, die Spanien so hart getroffen hat wie kaum ein anderes Land in Westeuropa.
Es ist der fünfte Misstrauensantrag, der in Spanien seit dem Ende der Franco-Diktatur 1975 gestellt wurde. Die beiden ersten in der 1980er-Jahren waren erfolglos geblieben. Der dritte wurde 2017 vom Linksbündnis Unidos Podemos, dem heutigen Koalitionspartner in der Regierung Sánchez, gegen den damaligen Regierungschef Mariano Rajoy, ebenfalls ohne Erfolg, gestellt. Doch etwa ein Jahr später, im Juni 2018, konnte sich Pedro Sánchez dank der Unterstützung mehrerer politischer Gruppen, die den glücklosen Regierungschef Mario Rajoy gerne loswerden wollten, zum ersten Mal mit einem Misstrauensantrag durchsetzen.
Der tatsächliche Sieger des aktuellen Misstrauensantrags ist jedoch PP-Chef Pablo Casado, der sich mit seiner Rede, die selbst politische Gegner als großartig bezeichneten, aus dem Einflussbereich der VOX-Partei befreien und in die politische „Rechte Mitte“ zurückkehren konnte, wie es Mitglieder der Parteiführung, aber wohl auch zahlreiche Wähler von ihm erwartet hatten.

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