Mit Lee begann der Skandal


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Eine anonyme Anzeige wegen eines Vertrages mit einem minderjährigen Südkoreaner brachte den Stein ins Rollen

Vor einigen Tagen erhielt die Direktion des FC Barcelona die Nachricht, dass ihr Einspruch gegen die einjährige Sperre für die Verpflichtung neuer Spieler endgültig abgewiesen worden sei. Damit steht fest, dass im eben begonnenen Jahr keine Verträge mit neuen Spielern abgeschlossen werden dürfen.

Barcelona – So hat sich auch der Traum von Trainer Luis Enrique zerschlagen, den deutschen Starfußballer Marco Reus von Borussia Dortmund für die kommende Saison zu verpflichten.

Eine anonyme Anzeige, von der niemand im Moment weiß, wer sie erstattet hat, brachte Barça in diese unangenehme und absolut peinliche Situation, denn alles begann mit Lee.

Lee Seung-woo ist ein Jugendlicher aus Südkorea, der gerne professioneller Fußballspieler werden wollte. 2011 kam er im Alter von 13 Jahren ohne die Begleitung seiner Eltern nach „La Masia“, dem Ausbildungszentrum und „Hauptquartier“ des Vereins. Er spielte in der Auswahl Sub-21 seines Landes, die mit 2 : 3 gegen die Katalanen gewann. Alle, die ihn spielen sahen, bekamen leuchtende Augen, und schließlich blieb er in Barcelona.

Sein Fall ist die Ursache für die Sanktion, welche die FIFA gegen Barça verhängt hat. Ein europäischer Club, dessen Identität unbekannt ist, informierte den internationalen Verband mit einer anonymen Anzeige über die illegale Situation des Jungen. Im Februar 2013 forderte die FIFA Informationen über Lee an. Sein Fall war nicht der einzige. Nach ersten Untersuchungen kamen weitere Fälle zutage bis zu einer Gesamtzahl von 33. Seit 2009 waren diese ausländischen Minderjährigen in die Masia gekommen. Einige Namen waren der FIFA bekannt,  andere kamen zutage, als eine Liste aller ausländischen Fußballspieler angefordert wurde, die nicht bei der spanischen oder der katalanischen Fußball-Föderation registriert waren.

Zwischen der ersten Aufforderung zur Information und weiteren Nachforschungen gab es einige Annäherungsversuche des FC Barcelona an die FIFA. Der damalige Präsident Sandro Rosell hatte im März 2013 dem Internationalen Verband vorgeschlagen, eine grundlegende Änderung des Artikels 19 des Reglements durchzuführen, das den Transfer von Spielern regelt. Er wollte ihn effizienter machen. Der Generalsekretär des Verbandes, Jérôme Valcke, antwortete im Juli auf seinen Brief und versicherte, man werde über den Antrag bis zum Jahresende beraten, aber das ist niemals erfolgt.

Die FIFA leitete eine offizielle Untersuchung ein, nachdem sie beim Spanischen Fußballverband Informationen über 18 Spieler eingeholt hatte. Im November wurden erneut Informationen angefordert, als die FIFA bereits beschlossen hatte, den Club, der zu der Zeit noch unter der Leitung von  Sandro Rosell stand, mit einer Sanktion zu belegen.

Am 28. November 2013 trat die Disziplinar-Kommission der FIFA zusammen und beschloss eine Sanktion gegen den FC Barcelona wegen Unregelmäßigkeiten in zehn der überprüften Fälle. Doch diese Entscheidung wurde dem Club erst vier Monate und fünf Tage später mitgeteilt. Kurz vorher, am 9. Dezember 2013, hatte die FIFA noch bestätigt, sie habe die angeforderten Informationen erhalten und um weitere Daten über alle nicht nationalen Spieler gebeten, die seit dem 16. Mai 2013 verpflichtet worden seien.

Der FC Barcelona erfuhr schließlich am 2. April 2014, dass eine Strafe gegen ihn verhängt worden war. Von den 37 Spielern, deren Verträge untersucht worden waren,  blieben schließlich neun übrig, bei denen der Internationale Fußballverband festgestellt hatte, dass gegen das Reglement verstoßen worden war. Die Sanktion: Der Verein durfte für zwei aufeinanderfolgende Vertragsperioden – im Sommer 2014 und im Winter 2015 – keine neuen Spieler verpflichten und keine Verträge abschließen. Außerdem wurde eine Geldstrafe in Höhe von 450.000 Schweizer Franken (372.000 Euro) verhängt.

Am 12. April 2014 legte der Verein Einspruch ein, und die Bestrafung wurde vorübergehend ausgesetzt. Dadurch konnte er auf dem „Spielermarkt“ des vergangenen Sommers einkaufen und investierte mehr als 150 Millionen Euro, um sein Team mit sieben Spielern zu verstärken. Das alles in der weisen Voraussicht, eventuelle Abgänge im laufenden Jahr ausgleichen zu können, was dann auch tatsächlich geschehen ist.

Am 20. August vergangenen Jahres meldete die FIFA sich erneut zu Wort. Sie brauchte nicht mehr als einen Tag, um diese Strafe zu bestätigen, nachdem sie vier Stunden lang die Erklärungen einer Delegation des Barça in Zürich angehört hatte. Nicht nur die Entscheidung, dass der Club bis 2016 nicht auf dem Spielermarkt tätig werden kann sowie die Geldstrafe wurden bestätigt, auch wurde eine Frist von neunzig Tagen angesetzt, um die Situation der minderjährigen Spieler zu regulieren, deren Verträge zu der besagten Sanktion geführt haben.  Am 20. August hatte der Club einen weiteren Einspruch ausgearbeitet, der an das Schiedsgericht für Sport gerichtet war. Vor einigen Tagen wurde die Bestrafung zum elften Mal bestätigt. Der FC Barcelona wird sich jetzt darum bemühen, den Fall von Lee und den anderen sieben minderjährigen Spielern so schnell wie möglich zu regeln und hat sich jetzt endgültig damit abgefunden, dass er bis zum Beginn des nächsten Jahres keine Spieler verpflichten kann.

Der Artikel 19 des Reglements der FIFA besagt über den Transfer von Spielern, dass diese das 18. Lebensjahr erreicht haben müssen, um von einem Land ins andere transferiert werden zu können. Wenn das  nicht der Fall ist, gibt es nur drei Ausnahmen: Dass die Eltern des jugendlichen Spielers ihren Wohnsitz in das Land verlegt haben, wo der neue Club seinen Sitz hat. Der Umzug darf jedoch nicht mit dem Fußball im Zusammenhang stehen. Der Transfer kann nur innerhalb der EU erfolgen, oder der Spieler ist ein sogenannter Grenzgänger. Das bedeutet, dass er weniger als 100 Kilometer vom neuen Club entfernt wohnt.

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