Nationalistisch-sozialistisches Bündnis in Aussicht


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Am wahrscheinlichsten erscheint die Wiederauflage der Koalition zwischen Coalición Canaria und Partido Socialista Obrero Español

Mit Spannung wurden am Abend des 24. Mai die ersten Wahlergebnisse erwartet, schließlich hatte im Vorfeld alles auf ein Ende der Vorherrschaft der drei großen Traditionsparteien – Coalición Canaria (CC), Partido Popular (PP) und Partido Socialista Obrero Español (PSOE) – hingedeutet.

Schließlich konnten sich doch die CC wegen der höchsten Zahl der gewonnenen Sitze und die PSOE wegen der größten Zahl der erreichten Stimmen zu Wahlsiegern erklären. Die PP dagegen wurde abgestraft, während die linkspopulistische Newcomer-Partei Podemos mit einer eigenen Fraktion ins neue Parlament einziehen wird. Auch Nueva Canarias (NC) und die von La Gomeras Cabildo-Präsidenten gegründete Agrupación Socialista Gomera (ASG) schnitten recht gut ab.

Koalitionsverhandlungen

Die kanarisch-nationalistische CC büßte im Vergleich zu den Regionalwahlen 2011 zwar drei Sitze ein, stellt mit 18 Sitzen jedoch erneut die Mehrheit im Kanarenparlament. Um die absolute Mehrheit zu erreichen und eine stabile Regierung bilden zu können, wird CC-Spitzenkandidat Fernando Clavijo ein Bündnis mit einer oder sogar zwei Parteien eingehen müssen. 

Am wahrscheinlichsten erscheint ein Pakt mit den Sozialisten. Zum einen hat die PSOE die Stimmenmehrheit erreicht (aufgrund des speziellen kanarischen Wahlsystems werden die Stimmen je nach Insel unterschiedlich stark gewichtet, sodass die Partei mit den meisten Stimmen nicht automatisch auch mit den meisten Sitzen im Parlament vertreten ist). Zum anderen verlief die Zusammenarbeit der CC und der PSOE während der gerade auslaufenden Legislaturperiode äußerst zufriedenstellend für beide Parteien. So gab José Miguel Barragán, Generalsekretär der Coalición Canaria, bereits am Folgetag der Wahlen bekannt, seine Partei wolle die Koalitionsverhandlungen mit der PSOE aufnehmen, schließlich sei die Zusammenarbeit der letzten vier Jahre von der CC als „positiv“ bewertet worden. Die CC wünsche sich  eine Art generellen Rahmenpakt, der auch für die erstrebenswerten CC-PSOE-Regierungen in möglichst vielen Cabildos und Stadträten gelten solle. Vorausgesetzt, ein solches Bündnis würde in der konkreten Institution Sinn ergeben und zu einer stabilen Verwaltung führen, andernfalls wäre die CC im konkreten Fall auch zu Gesprächen mit einer anderen Partei bereit. Nachdem PSOE-Spitzenkandidatin Patricia Hernández ihre Freude über ihren Wahlsieg durch  Stimmenmehrheit am Wahlabend geäußert hatte, erklärte Generalsekretär José Miguel Pérez, die Wähler hätten „offensichtlich“ eine Neuauflage der Koalition zwischen CC und PSOE gefordert. Seine Partei würde eine solche vorziehen, jedoch auch Verhandlungen mit anderen politischen Formationen aufnehmen.

Theoretisch käme auch ein Bündnis der CC mit der PP infrage, die im Vergleich zu 2011 neun Sitze einbüßte und somit einen herben Rückschlag hinnehmen musste. Allerdings müssten die beiden „Großen“ für eine absolute Mehrheit eine der kleineren Parteien mit ins Boot holen. Hierbei könnte es sich um ein schwieriges Unterfangen handeln, schließlich sind sowohl Podemos als auch NC und ASG linksgerichtete Parteien. 

Bis zum 23. Juni müssen die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sein, denn einen Monat nach den Wahlen tritt das Parlament zusammen.  

Sensationeller Einzug

Zu den Gewinnern der Wahlen gehören sicherlich auch die kleinen Parteien, die zum ersten Mal oder verstärkt in das Parlament einziehen werden. Die linkspopulistische Podemos erreichte bei ihrer ersten Wahlteilnahme gleich sieben Sitze und wird mit diesem sagenhaften Ergebnis eine eigene Fraktion bilden können. NC hat zwei Sitze dazugewonnen und zieht mit fünf Politikern ins Parlament ein. Dank des Zugpferdes Casimiro Curbelo erreichte dessen neugegründete Partei ASG drei der vier Sitze La Gomeras. 

Fazit

Werden die Ergebnisse der Regionalwahl unter die Lupe genommen, lässt sich feststellen, dass die drei großen Parteien – CC, PSOE und PP – im Vergleich zu den Wahlen vor vier Jahren 21% der Stimmen eingebüßt haben, und zwar zugunsten der Senkrechtstarter-Partei „Podemos“, der Bürgerpartei „Ciudadanos“ und der NC, linksliberale Alternative zu CC. „Ciudadanos“ wird allerdings wegen der Besonderheiten des kanarischen Wahlgesetzes und der unterschiedlichen Gewichtung der Stimmen nicht in das Regionalparlament einziehen können. Die zersplitterte Parteienlandschaft hat zur Folge, dass möglicherweise sogar eine Große Koalition an die Macht kommt, wenn auch die Wiederauflage des Bündnisses Coalición Canaria und PSOE am wahrscheinlichsten erscheint.

Wie in ganz Spanien haben auch die Wähler auf den Kanaren die traditionellen großen Parteien für ihren „Klüngel“, die in letzter Zeit vermehrt zutage tretenden Korruptionsfälle und die zentralregierende Partido Popular darüber hinaus für ihre Sparpolitik mit gleichzeitiger Kürzung der Sozialleistungen abgestraft. Der sensationelle Stimmengewinn neuer, unverbrauchter und zumeist bürgernaher, teils auch populistischer Parteien beweist den Wunsch der Bürger nach einem tiefgreifenden Wandel und Umbruch.  

Politschach

Die Tage nach der Wahl wurden von der eifrigen Suche nach Bündnispartnern geprägt. Insbesondere die CC und die PSOE versuchten, zu einer generellen Übereinkunft für möglichst viele Institutionen zu kommen. Schnell tauchten die ersten Hürden auf, denn in drei Gemeinden La Palmas zeichneten sich Bündnisse der PSOE mit der PP und in Granadilla (Teneriffa) der CC mit der PP ab, die versucht, möglichst viele Koalitionen von CC und PSOE zu verhindern. 

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