Neue EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbRVO) verändert die Erbsituation nachhaltig


Ein Artikel von Dr. Burckhardt Löber und Dr. Alexander Steinmetz

Eheleute regeln ihre Rechtsnachfolge von Todes wegen in Deutschland traditionell im Wege des sogenannten Berliner Testaments.

Das Berliner Testament stellt eine besondere Art des gemeinschaftlichen Ehegattentestaments dar, in dem die Ehegatten bestimmen, dass zunächst der überlebende Ehegatte Alleinerbe des erstversterbenden Ehegatten wird und die Kinder diesen erst nach dem Tode des Letztversterbenden der beiden Eheleute beerben.

Nicht selten kann es vorkommen, dass die Kinder, die nach dem Tod des erstverstorbenen Ehegatten in erbrechtlicher Hinsicht leer ausgehen, den überlebenden Ehegatten mit ihrem Pflichtteilsanspruch konfrontieren. Der Pflichtteil ist wertmäßig die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Auf Seiten des überlebenden Ehegatten kann dies zu der höchst misslichen Situation führen, dass er dem Kind, bzw. den Kindern, die Pflichtteilsansprüche geltend machen, entsprechende Zahlungen zur Erfüllung des erhobenen Pflichtteilsanspruchs zukommen lassen muss. Häufig stellen diese Zahlungsverpflichtungen den überlebenden Ehegatten vor nicht unerhebliche Probleme. Auch ein mit Immobilien „gesegneter“ Nachlass gewährleistet nämlich nicht die für diesen Fall erforderliche Liquidität, da es häufig an entsprechenden Geldmitteln fehlt. Beließe man es bei der gesetzlichen Regelung und würde der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten nicht durch entsprechende testamentarische Gestaltungen entgegenwirken, könnte der überlebende Ehegatte hierbei also vor echte Liquiditätsprobleme gestellt werden.

Rechtzeitige Testamentsgestaltung hilft Steuern sparen

Üblicherweise wird durch die Ehegatten versucht, der vorstehenden Konstellation im Wege einer sogenannten „Pflichtteilsstrafklausel“ entgegenzusteuern. Diese soll den Kindern, die nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten in erbrechtlicher Hinsicht leer ausgehen, die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs dadurch unattraktiv machen, dass das Kind, welches einen Pflichtteilsanspruch geltend macht, auch nach dem Tod des letztversterbenden Ehegatten nur den Pflichtteil erhalten soll. Dies können Ehegatten bspw. in dem gleichen gemeinschaftlichen Testament, in dem sie auch die Erbeinsetzungen vornehmen, regeln.

Zu beachten ist aber: nicht jede Pflichtteilsstrafklausel ist sinnvoll. Eine „grobschlächtig“ ausgestellte Pflichtteilsstrafklausel kann anschließend dem überlebenden Ehegatten und den Kindern echte Probleme bereiten und wegen höherer Erbschaftssteuern viel Geld kosten. Bei Vorhandensein von Spanienvermögen sind insbesondere Nichtresidente darauf angewiesen, dass wenigstens die geringen Freibeträge, die das spanische Erbschaftssteuergesetz überhaupt vorsieht (für Kinder und Ehegatten grundsätzlich knapp 16.000 €) wenigstens ausgeschöpft werden können. Erhalten die Kinder nun aber aufgrund einer unflexibel ausgestalteten Pflichtteilsklausel nichts aus dem Nachlass nach dem erstverstorbenen Ehegatten aus dem spanischen Nachlass, können deren Freibeträge in Spanien logischerweise auch nicht ausgeschöpft werden. Häufig wünscht der überlebende Ehegatte aber gerade die Ausschöpfung der Freibeträge der Kinder. Um einerseits diese aus steuerlichen Gesichtspunkten missliche Lage zu vermeiden, und um andererseits den überlebenden Ehegatten gleichwohl vor Pflichtteilsansprüchen zu schützen, empfiehlt es sich, wenigstens hinsichtlich des spanischen Vermögens den anwaltlichen Rat einer insoweit spezialisierten Kanzlei einzuholen, um ein maßgeschneidertes Testament mit einer der Interessenlage angepassten Pflichtteilsstrafklausel entwerfen zu lassen.

Erbrecht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers statt Heimatrecht

Nicht zu vergessen ist ohnehin, dass auf erbrechtlicher Ebene sich am Horizont erhebliche Änderungen abzeichnen, die eine Prüfung der bisher bereits errichteten letztwilligen Verfügungen empfehlenswert macht. Aufgrund der bereits rechtswirksam verabschiedeten EU-Erbrechtsverordnung ist das auf Erbfälle zukünftig anwendbare Recht grundsätzlich nicht mehr das Recht der Staatsangehörigkeit des Erblassers, sondern vielmehr das Recht seines letzten gewöhnlichen Aufenthalts. Gerade die Gruppe der Spanienresidenten wird von diesen gesetzlichen Neuerungen betroffen sein. Die Frage, welche Änderungen sich  hierbei durch die Anwendbarkeit eines anderen Erbrechts (spanischen Erbrechts) ergibt, dürfte ebenso von Interesse sein wie die Frage, ob und wie trotz Ansässigkeit in Spanien ggf. deutsches Erbrecht wählbar bleibt. Interessant in diesem Zusammenhang ist insbesondere, dass bei Anwendbarkeit spanischen Erbrechts eine „Pflichtteilsstrafklausel“ ohnehin kaum Wirkung entfalten könnte, weil das spanische Erbrecht den Abkömmlingen des Erblassers ein sogenanntes „Noterbrecht“ gewährt, welches auch nicht durch diese Art der testamentarischen Gestaltung ausgeschlossen werden kann.

Die Autoren

Dr. Burckhard Löber

betreibt in Partnerschaft

mit Rechtsanwalt

Dr. Alexander Steinmetz

eine Kanzlei

in Frankfurt am Main.

Kaulbachstr. 1,

D-60594 Frankfurt am Main, Tel. 0049 (0) 69- 96 22 11 23, Fax: 0049 (0) 69 – 96 22 11 11, info@loeber-steinmetz.de, www.loeber-steinmetz.de.

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.