Neun spanische Provinzhauptstädte ziehen keine Strafpunkte ab


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Großstädte wie San Sebastián, León, Vitoria oder Burgos stehen noch immer abseits

Wenn Sie eine schwere oder sehr schwere Verkehrsübertretung in Barcelona, Madrid, À Coruña, Sevilla oder in 37 anderen Provinzhauptstädten begehen, werden Ihnen Punkte in der Verkehrssünderdatei abgezogen.

Madrid – Passiert jedoch dasselbe in San Sebastián, León, Cuenca, Huelva, Burgos, Jaén oder Vitoria, so ist das nicht der Fall. Letztgenannte sind die bekanntesten Rebellen-Städte, die sich davor drücken, die Daten an die Generaldirektion für Verkehr weiterzuleiten, wenn die Strafen rechtskräftig geworden sind. Damit verhindern sie, dass das zentrale Informatik-System die Punkte bei den Verkehrssündern in Abzug bringen kann. Diese neun wichtigsten Städte haben zusammen mehr als 1,1 Millionen Einwohner. Es existieren ganze Provinzen, deren Gemeinden sich außerhalb des Systems befinden. Nicht eine einzige Gemeinde der Provinzen Burgos, Guadalajara oder Huesca haben jemals die Führerscheinpunkte ihrer Bürger angerührt.

Die besagten Regionen kassieren zwar von den Verkehrssündern die Strafgelder, doch obwohl sie über die technischen Mittel verfügen und drei Jahre Gelegenheit hatten, um sich anzuschließen, missachten sie die geltenden Gesetze ganz einfach, weil der gute Wille nicht vorhanden ist.

Dementsprechend haben sich, abhängig davon wo sie wohnen, zwei Klassen von Bürgern gebildet: die, welche Punkte verlieren, und die anderen, die anstellen können, was sie wollen und immer ihren Punktesaldo komplett behalten. Zu allem Überfluss haben diese Personen zum Jahresbeginn noch zwei weitere Punkte geschenkt bekommen (das Wochenblatt berichtete) weil ihr Konto in den letzten drei Jahren unangetastet war.

Wie die Zeitung El Pais berichtet, gibt es noch weitere große Wohngebiete, die ihre Hausaufgaben nicht machen, wie Cartagena (210.300 Einwohner), Einzugsgebiete von Madrid wie Leganés, Fuenlabrada oder Getafe, wo mehr als 700.000 Menschen wohnen.

Andere Städte dagegen wie Avilés oder Oviedo sind besonders gut organisiert und melden den Punkteverlust praktisch, seit das neue Verkehrsgesetz eingeführt worden ist. Dann gibt es Städte, die sozusagen tröpfchenweise Strafmeldungen weiterleiten. Das ist beispielsweise in Toledo mit 81.000 Einwohnern der Fall, wo bislang weniger als fünfzig Meldungen über Punkteabzüge gemacht wurden.

An der Spitze der Städte, die korrekt Meldung an die Zentralstelle machen und wo alle Führerscheininhaber und ihre Punktezahl registriert sind, liegt Madrid, mit 136.000 gefolgt von Zaragoza mit 33.000 Meldungen. Die Region mit der größten Zahl von an das Sys­­tem angeschlossenen Gemeinden ist Katalonien. Das Schluss­­licht ist, wie könnte es anders sein, die Kanarische Region.

Wie von der Generaldirektion für Verkehr zu erfahren war, befinden sich etwa 95 % der spanischen Bevölkerung unter dem „Schirm“ des Punkteführerscheins, denn die auf den Straßen anfallenden Sanktionen werden von der Guardia Civil, den Mossos dÈsquadra von Katalonien oder der Erzaintza im Baskenland verhängt. Von den 8.200 in Spanien existierenden Gemeinden sind 6.000 ebenfalls dem Sys­tem angeschlossen, weil ihre Straßen und die Verkehrsüberwachung Kompetenz der Guardia Civil sind. Viele kleinere Gemeinden haben die Bearbeitung der Verkehrsstrafen an übergeordnete Institutionen wie die Deputationen übertragen.

Wie von der Generaldirektion für Verkehr verlautet, ist es schwierig, Ordnung zu schaffen, da die Gemeinden über eine gewisse Autonomie verfügen. Doch müssten jetzt Maßnahmen ergriffen werden, um die widerspenstigen Stadtverwaltungen, die übrigens sämtlichen politischen Richtungen angehören, an ihre Pflichten zu erinnern. Man könnte ihnen beispielsweise den Zugriff auf die Kartei der Führerscheininhaber oder Fahrzeughalter verweigern, wenn sie nach entsprechenden Daten suchen, um Geldstrafen zu verhängen oder diese einzutreiben.

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