Nicht schnell genug gegen die Korruption gehandelt


© EFE

Präsident Rajoy räumt ein:

„Die Wirtschaftskrise hat viele Millionen Spanier geschädigt, doch die Korruption verärgerte und entrüstete alle“, das ist die Erkenntnis, zu der Präsident Mariano Rajoy jetzt, kurz vor den Wahlen vom 20. Dezember, gelangte.

„Die Skandale, einschließlich des letzten im Zusammenhang mit Ex-Wirtschaftsminister Rodrigo Rato, dem Ex-Präsidenten des Internationalen Währungsfonds und zuletzt Generaldirektor von Bankia, haben die meisten Wählerstimmen versenkt“, musste Rajoy jetzt einräumen. „Wahrscheinlich haben diejenigen recht, die mich kritisierten, weil ich zu zögerlich war, um beizeiten einzugreifen. Wir hätten entschiedener und schneller sein müssen“.

Ganz offensichtlich gefiel es dem Präsidenten nicht, Irrtümer in Sachen Korruption zuzugeben, die seiner Partei in der letzten Legislaturperiode schwer zugesetzt haben. Seit die sogenannten Papiere von Bárcenas, dem Ex-Schatzmeister seiner Partei, Ende Januar 2013 an die Öffentlichkeit gelangten, bis Rajoy im August des gleichen Jahres im Parlament dazu Stellung bezog, waren mehr als acht Monate vergangen. Und in der Zwischenzeit sind seine SMS bekannt geworden, die er an seinen Freund Bárcenas geschickt hatte mit dem Inhalt:  „Luis, bleibe stark“.

Erst vor einigen Tagen hatte er in Valencia, wo seine Partei aufgrund der Korruption beinahe untergegangen war, geschworen: „So etwas wird sich niemals wiederholen“. Auf einer kürzlichen Konferenz der Zeitung ABC antwortete er auf verschiedene diesbezügliche Fragen über die Auswirkungen der Korruption, die er ohne Umschweife einräumte und erklärte, dies sei das Schlimmste gewesen und habe den größten Schaden verursacht.

Weiterhin wurde dem Regierungschef die Frage gestellt, ob es für ihn Gründe gebe, Selbstkritik zu üben, weil er während seines Mandats Fehler begangen habe. Recht zögerlich räumte er ein, dass man über einiges geteilter Meinung sein könne, aber er würde lieber über positive Aspekte reden. Beispielsweise wolle er bewerten, weshalb er 2011 gewählt wurde und dass Spanien heute wesentlich besser dastehe als damals. Da sei Spanien von der Staatspleite bedroht gewesen und hätte beinahe von der EU gerettet werden müssen.

Angesichts eines Szenarios, in dem Rajoy sich bereits im Vorwahlkampf befindet, während sich neue Parteien wie Ciudadanos wachsender Beliebtheit erfreuen, ist er bereit, einzuräumen, in Sachen Korruption einige Fehler begangen zu haben. Aber er sei auch stolz darauf, wie es Spanien heute gehe. „Möglicherweise gibt es Gründe, uns zu kritisieren weil wir nicht schnell genug reagiert zu haben. Wir waren zu ängstlich und haben nicht vernünftig kommuniziert“, gab er zu.

Kaum einer seiner Vorgänger könne von sich behaupten, dass während seiner Amtszeit die Regierung, die Gerichte, die Staatsanwälte, die Finanz- und die Zollbehörde, die Guardia Civil und die Nationalpolizei völlig unabhängig arbeiten konnten – also dass der Rechtsstaat in Spanien funktioniert.

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.