Obdachlose in Messehallen

Eine der Messehallen in Barcelona, die wohnungslosen Menschen in der Corona-Krise Zuflucht bieten. Foto: EFE

Eine der Messehallen in Barcelona, die wohnungslosen Menschen in der Corona-Krise Zuflucht bieten. Foto: EFE

In zwei Gebäuden auf einem Messegelände der Fira de Barcelona sind zurzeit 400 Personen ohne festen Wohnsitz untergebracht

Barcelona – Etwa vierhundert obdachlose Männer leben vorübergehend in zwei Hallen auf einem der Messegelände der Fira de Barcelona. Die Stadtverwaltung von Barcelona stellt hier seit dem 25. März wegen des Alarmzustandes und der Ausgangssperre Unterkunft und Verpflegung für bis zu 450 Personen zur Verfügung.
Für jeden Nutzer gibt es ein mehrstöckiges Feldbett aus Militärbeständen zur alleinigen Nutzung. Sie stehen in zwei Metern Abstand, nachts hängen die Bewohner sie zum Schlafen mit Decken ab, um etwas mehr Privatsphäre zu haben.
Je länger die Männer, ebenso wie die Bürger draußen, auf das Leben innerhalb des Gebäudes beschränkt sind, umso schwieriger wird das Zusammenleben. Gruppen bilden sich, die Nerven liegen blank, und Konflikte entstehen, welche die Obdachlosen ebenso wie die Betreuer der improvisierten Unterkunft auf eine harte Probe stellen. Es mussten bereits Personen fortgewiesen werden, weil sie sich nicht an die Regeln des Zusammenlebens gehalten haben. Zwei dieser Regeln sind unverhandelbar: der Respekt für die Mitarbeiter vor Ort und der Verzicht auf Alkohol bzw. Drogen. Einige der Obdachlosen haben die Messehallen auch aus eigenem Entschluss wieder verlassen. Wer einmal gegangen ist, kann nicht wieder zurück. Einige, die hinausgeworfen wurden, kampieren vor dem Messegelände.
Bisher gab es jedoch noch keine großen Probleme – weder schwere Streitigkeiten noch Ansteckungen innerhalb der Unterkunft.
Für die Sicherheit ist ein privater Sicherheitsdienst zuständig, zwölf Wachleute in der Tag- und sieben in der Nachtschicht. Ohne geht es nicht, wenn jeweils 200 Personen auf 6.000 Quadratmetern zusammenleben, versichern Mitarbeiter des Roten Kreuzes.
Das größte Problem für alle Beteiligten sind Überdruss und Langeweile. Um dies zu bekämpfen, wird zum Beispiel Tischtennis gespielt und Unterricht in Englisch und Spanisch erteilt. Es gibt drei große Fernseher, eine Bibliothek und die Möglichkeit, sich sportlich zu betätigen. Und mittlerweile gibt es auch Zugang zu einem Innenhof, wo man rauchen, sich die Beine vertreten und frische Luft schöpfen kann.
Es wurde sogar ein mobiler Bankautomat aufgestellt für diejenigen, die Sozialhilfe erhalten. Für das leibliche Wohl sorgt eine Feldküche der Notfalleinsatztruppe des spanischen Militärs, die Unidad Miliar de Emergencias, kurz UME.
Unter der Ausgangssperre in den leeren Straßen ist es für die Obdachlosen praktisch unmöglich, sich zu versorgen, deshalb wurde es unverzichtbar, eine solche Notunterkunft zusätzlich zu den 2.200 Herbergsplätzen, die es in Barcelona ohnehin für Wohnungslose gibt, einzurichten.
Einige der Betroffenen nehmen jedoch auch unter den gegebenen Umständen keine Hilfe an – aus Angst, sich zu infizieren, nicht wieder herausgelassen zu werden oder weil sie sich nicht von ihren Tieren trennen wollen, für die Plätze in den Tierheimen zur Verfügung stehen.

Drei Morde

Seit der Alarmzustand ausgerufen wurde, sind in Barcelona drei Personen, die auf der Straße lebten, umgebracht worden. Die katalanische Polizei, die Mossos d’Esquadra, geht davon aus, dass mindestens zwei der Morde im Abstand von drei Tagen vom selben Täter verübt wurden.
Die Ordnungskräfte sind besorgt über die erhöhte Gefährdung, der die Wohnungslosen in der durch die Ausgangssperre wie ausgestorbenen Stadt ausgesetzt sind.

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