Odyssee von Waisenkindern aus Haiti nach Spanien


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Sie sollten zum Zeitpunkt des Erdbebens ausgeflogen werden

Alles war klar zur Adoption. Die Papiere in Ordnung, lediglich die Ausreisegenehmigung für die vier Waisenkinder aus Haiti fehlte noch.

Barcelona – Vier Familien in Barcelona warteten aufgeregt auf die Ankunft ihrer neuen Familienmitglieder. Und dann kam mit dem 12. Januar die Katastrophe. Die Kinder Nick, Tania, Polycia und Daphekaina mitten in der schlimmsten Erdbebenkatastrophe seit 200 Jahren. Das Waisenhaus am Rande von Port au Prince, in dem sie bislang lebten, zur Ruine zerstört.

Und ihre Adoptiveltern schwebten in höchsten Ängsten. „Das muss man sich mal vorstellen“, sagte die künftige Adoptivmutter von Nick. „Wenn man das erste Foto von seinem Adoptivkind sieht, das ist so wie die erste Ultraschallaufnahme eines Babys für eine werdende Mutter.“ Das Ehepaar hat bereits zwei Kinder: das eigene ist 9 Jahre alt, dazu ein siebenjähriges adoptiertes Mädchen aus China, und nun sollte Nick in die Familie kom­men.

Die anderen Adoptiveltern waren in der gleichen Lage. Zwar konnte  inzwischen abgeklärt werden, dass den Kindern nichts passiert ist, und sie sollten baldmöglichst über die Dominikanische Republik ausgeflogen werden, doch bis sie die Kinder nicht in die Arme schließen konnten hatten sie keine ruhige Minute mehr.

Das zweite Beben hatte sie in größte Unruhe versetzt. Und wenn noch weitere Beben nachkommen? Die Nachrichten überschlagen sich. Inzwischen waren bereits Kinder verschwunden, vermutlich von Kinderhändlerringen entführt. Ganz Haiti lebte im Chaos, und ihre Kinder mittendrin. Internationale Organisationen wollen sämtliche Adoptionsanträge stoppen, bis die Verhältnisse geklärt sind. Dabei hatten sie doch schon sämtliche Papiere. Doch die sind im Erdbeben untergegangen.

Die katalonische Regierung hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Kinder schnellst­möglich heil nach Spanien zu bringen und ihren Adoptiveltern zuzuführen und tatsächlich konnten sie die Kleinen in den letzten Januartagen in die Arme schließen. Für diese vier Kinder ging der Alptraum endlich zu Ende. Das Schicksal all der anderen, die in der Katastrophe ihre Familien verloren haben, ist ungewiss.

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