PP boykottiert linksliberalen Medienkonzern


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Auslöser waren kritische Äußerungen des PRISA-Vorsitzenden Jesús de Polanco

Der konservativen Opposition (PP) ist allem Anschein nach jedes Mittel recht, um ihren Kampf zur Wiedergewinnung der nach ihrer Meinung „zu Unrecht verlorenen“ Macht voranzutreiben.

Madrid – Inzwischen hatte man sich ja schon an das eigentlich so ungewöhnliche Bild konservativer Politiker gewöhnt, die wirklich jede Gelegenheit ergreifen, um auf der Straße gegen die sozialdemokratische Regierung unter José Luis Rodríguez Zapatero zu protestieren. Mit ihrem jüngsten Schachzug sind sie jedoch nach der Meinung vieler zu weit gegangen.

Am 23. März rief die mit 9,7 Millionen Stimmen stärkste Partei in der Opposition ihre Genossen und Anhänger zum Boykott des linksliberalen Medienkonzerns PRISA auf, der unter anderem El País, eine der wichtigsten spanischen Tageszeitungen herausbringt. In einer förmlichen Erklärung ließ die Parteiführung den „Aktionären, Anzeigenstellern und Kunden dieses Konzerns“ mitteilen, dass die Volkspartei beschlossen hat, PRISA-Medienvertretern keinerlei Interviews mehr zu gewähren bzw. an Gesprächsrunden oder sonstigen Programmen von Medien dieses Konzerns teilzunehmen. Der Boykott werde solange andauern, bis PRISA-Vorsitzender Jesús de Polanco nicht „öffentlich und unmissverständlich“ eine Aussage zurücknimmt, die für „große Empörung“ in der Partei gesorgt habe.

Polanco hatte im Rahmen der jüngsten Aktionärsversammlung unter anderem erklärt, die Demonstration, mit der die PP    am 10. März zusammen mit 340.000 Anhängern gegen die Hafterleichterung protestiert hatte, die die Regierung dem hungerstreikenden ETA-Häftling Iñaki de Juana Chaos gewährte, sei nichts weiter als „der Franquismus wie er leibt und lebt, und zwar übertragen von TV-Kameras“. Dieser Seitenhieb auf vorkonstitutionelle Zeiten, in welchen Spanien unter dem Diktator Franco in zwei Lager gespalten war, löste den Boykott aus, der „für alle Parteimitglieder der PP verbindlich ist, egal ob sie ein öffentliches Amt bekleiden oder nicht“.

Nachdem der Madrider Presseverband APM in einer Mitteilung alle „Journalisten und Verleger“ dazu aufrief, „ein Klima des gegenseitigen Verständnisses in der Gesellschaft zu schaffen, ohne dabei die notwendigen Debatten und Kritiken außer Acht zu lassen“, und die Parteien eindringlich aufforderte, „in keinem Fall den Journalisten den Zugang zu Informationen zu verweigern“, lenkte die PP ein wenig ein. So hieß es nun, bei ihrem Boykott gehe es nicht darum, Journalisten eines Mediums der PRISA-Gruppe nicht mehr zu informieren. Alle würden weiter zu den Pressekonferenzen der PP eingeladen werden. Allerdings würde ab sofort kein PP-Mitglied mehr einer Einladung seitens eines PRISA-Mediums folgen.

Zahlreiche Medienvereinigungen, aber auch Parteifraktionen und renommierte Intellektuelle bezeichneten den Aufruf zum Boykott seitens der PP als „Angriff auf die freie Meinungsäußerung und das Recht der Spanier darauf, informiert zu werden“ und „eine Haltung, die nicht von einer demokratischen Partei erwartet würde“.

Als besonders schwerwiegend wird dabei vor allem die Tatsache angesehen, dass der Boykott knapp zwei Monate vor den Regional- und Kommunalwahlen stattfindet. Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero stellte in diesem Zusammenhang außerdem die Frage in dem Raum, was die PP wohl mit den öffentlichen Medien machen würde, wenn sie an der Macht wäre.

Anstatt jedoch einzulenken, verschärften die Konservativen ihre Haltung noch, indem sie zahlreiche Werbekampagnen, die sie in den dem PRISA-Konzern angehörenden Zeitungen, Fernseh- und Radiosendern geschaltet hatten, umgehend stornierten. Und zwar nicht nur Wahlkampagnen, sondern auch Kampagnen institutioneller Art, die mit Steuergeldern bezahlt werden, was als besonders schwerwiegend angesehen wird.

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