Praktische Probleme bei der Verwendung von deutschen Vollmachten in Spanien


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Ein Artikel von Dr. Armin Reichmann

Wenn Geschäfte über Staatsgrenzen hinweg getätigt werden sollen und große Distanzen zu überwinden sind, macht es oft Sinn, Reise- und Aufenthaltskosten für einen oder mehrere Beteiligte zu vermeiden, und stattdessen eine Vollmacht an eine vor Ort ansässige Person zu erteilen.

Leider sind im Verhältnis Deutschland zu Spanien eine Reihe von Besonderheiten und gravierenden Unterschieden zu berücksichtigen. Da es kaum Schlimmeres (oder Peinlicheres) gibt, als wenn der Abschluss eines evtl. mühsam ausgehandelten Hauptvertrages an einer Banalität  wie der Wirksamkeit einer Vollmacht schließlich scheitert, lohnt es sich also, diese Unterschiede einmal etwas genauer anzuschauen. 

Maßgeblich für die Wirksamkeit  einer Vollmacht ist nämlich das Recht des Landes, in dem diese ihre Wirkung entfalten soll. Für eine in Deutschland protokollierte Vollmacht, die in Spanien verwendet werden soll, gilt also spanisches Recht. Das ist eine durchaus nachvollziehbare Regelung, denn es  macht ja wohl wenig Sinn, zB einem spanischen Notar zuzumuten, eine ihm vorgelegte Vollmacht nach einem ihm fremden Recht beurteilen zu müssen.

Dies gilt für Erteilung und Bestand der Vollmacht, deren Umfang, ob der Bevollmächtigte Untervollmacht erteilen, bzw. er mit sich selbst kontrahieren darf, die  Form der Vollmacht, deren Dauer oder das Erlöschen, ebenso die Frage, ob der Widerruf einer Vollmacht möglich ist, wem gegenüber er erklärt werden muss bzw. ob eine unwiderrufliche Vollmacht gültig, frei widerruflich oder nichtig ist. Von diesem Grundsatz gibt es nur wenige Ausnahmen (Organvertreter, Grundstücksvollmachten). 

Bestimmung durch Rechtswahl

Im deutschen Recht ist anerkannt, dass im Rahmen der Erteilung einer Vollmacht eine Rechtswahl zulässig ist. Hierzu ist allerdings erforderlich, dass die Rechtswahl zweifelsfrei aus der Vollmachtsurkunde hervorgehen muss. Auch das spanische Recht erkennt die Zulässigkeit einer solchen Rechtswahl an. Gemäß Art. 10 Nr. 11 des Código Civil wird im Falle der Stellvertretung das Recht des Landes angewandt, wo die erteilten Befugnisse ausgeübt werden, „… falls keine ausdrückliche Rechtswahl erfolgt ist…“ Im Ergebnis kann daher ein deutscher Vollmachtgeber durch eine entsprechende Rechtswahl (deutsches Recht) die grundsätzliche Anwendung des spanischen Rechtes ausschließen.  

Dabei sollte man aber einen sehr praktischen Aspekt nicht vergessen: Dem spanischen Notar wird der Hinweis auf die Anwendung deutschen Rechts in der Regel nicht ausreichen. Er wird erwarten, gerade weil in dieser Frage gewichtige Unterschiede zum spanischen Recht bestehen, dass der Bevollmächtigte Inhalt und Tragweite des deutschen Rechts entsprechend nachweist. Hier wird also ein möglicherweise aufwendiges Rechtsgutachten erforderlich sein.

Diesen Aufwand erspart man sich am besten durch die einzige sinnvolle praktische Vorgehensweise, dass man nämlich schon bei Erteilung der Vollmacht die Besonderheiten des spanischen Rechtes in die Überlegungen mit einbezieht und den (deutschen) Text der Vollmacht nach den Grundsätzen des spanischen Rechtes gestaltet.

Vollmacht über den Tod hinaus

Nach deutschem Recht ist eine Vollmacht über den Tod hinaus eindeutig zulässig, insbesondere dann, wenn der Vollmachtstext eine entsprechende Erklärung enthält. Sogar eine Generalvollmacht kann über den Tod hinaus erteilt werden oder wirksam bleiben. Verstirbt der Vollmachtgeber, tritt lediglich eine Änderung in der Person des Vertretenen ein, nicht aber hinsichtlich der Wirksamkeit, des Umfangs oder des Inhalts der Vollmacht. Es ändert sich also nur, dass er ab jetzt im Namen der Erben handelt. Diese haben natürlich das Recht, die  Vollmacht  jederzeit zu  widerrufen. 

Diese Regelung des deutschen Rechts kontrastiert stark mit dem spanischen Recht. Dort regelt Art. 1732 Ziff. 3 código civil ausdrücklich, dass die Vollmacht mit dem Tod des Vollmachtgebers erlischt. Da das spanische Recht demnach eine über den Tod hinaus wirkende Vollmacht nicht kennt, kann eine deutsche Vollmacht über den Tod hinaus bei der Verwendung in Spanien nur dann Wirkung haben, wenn sie ausdrücklich dem deutschen Recht unterworfen ist. Ob das einem spanischen Notar ausreicht, ist aber dann eine ganz andere Frage (s.o.).  

Generalvollmacht

Im deutschen wie im spanischen Recht sind Generalvollmachten allgemein üblich. Es gibt jedoch einen wesentlichen Unterschied der Behandlung dieser Frage in den beiden Rechtsordnungen, der schon bei einer ersten optischen Betrachtung des Vollmachtstextes auffällt: Während eine deutsche Generalvollmacht in einem einzigen Satz wirksam erteilt werden kann  („… kann alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen vornehmen, die von dem Vollmachtgeber oder diesem gegenüber vorgenommen werden können…“) umfasst der Text einer spanischen Generalvollmacht meistens mehrere Seiten. Hier handelt es sich keineswegs um eine mentalitätsbezogene unterschiedliche Praxis in beiden Ländern, sondern es geht um gewichtige rechtliche Unterschiede. Soll eine in Deutschland gefertigte Vollmacht in Spanien Verwendung finden, gilt, wie wir oben gesehen haben, spanisches Recht, hier konkret Artikel 1713 des Código Civil: 

Der in allgemeiner Form erteilte Auftrag umfasst nur Verwaltungstätigkeiten. 

Ein ausdrücklicher Auftrag ist erforderlich, um Vergleiche abzuschließen, zu verkaufen, zu belasten oder für sonstige Verfügungsgeschäfte.

 

Aufgrund dieser Vorschrift berechtigt eine „in allgemeiner Form erteilte Vollmacht“ (wie es bei einer deutschen Generalvollmacht in aller Regel der Fall ist) den Bevollmächtigten in Spanien nur zur Verwaltung, nicht aber zur Verfügung, sodass im Ergebnis diese Generalvollmacht nicht zu einem Verkauf berechtigt. Auch die Gerichte sehen das nicht anders: „Für Verfügungsgeschäfte muss die Vollmacht nach Gegenstand und Umfang genau bestimmt sein.“ (Urteil des Tribunal Supremo vom 27.11.1966).  

Vollmachtserteilung  durch Gesellschaften

Ein zusätzliches Problem tritt dann auf, wenn deutsche Gesellschaften Vollmachten erteilen. Hier sind gleich mehrere Nachweise zu führen:

Nachweis, dass die Gesellschaft ordnungsgemäß im Handelsregister eingetragen ist, dass deren als Vollmachtgeber in der Urkunde auftretenden Vertreter für diese handeln dürfen, dass Gesetz oder Satzung zur Erteilung der Vollmacht mit dem entsprechenden Inhalt berechtigen. 

Die Führung der verschiedenen Einzelnachweise ist mit einem hohen Zeit- und Kostenaufwand verbunden (Vorlage eines beglaubigten Handelsregisterauszuges mit Apostille, Vorlage der Satzung mit Apostille, beglaubigte Übersetzungen, ggf. Rechtsgutachten). Oft wird noch zusätzlich erwartet, die „escritura“ vorzulegen, wobei damit die Ausfertigung der  Gründungsurkunde der Gesellschaft gemeint ist. Eine Lösung des Problems ist mit diesem Ansinnen in aller Regel nicht verbunden, da die Gründungssatzung (durch Änderungen ohnehin oft überholt) weder den Geschäftsführer ausweist, noch dessen Befugnisse in der nach spanischem Recht geforderten Präzision.

Dieser Aufwand lässt sich dadurch ersparen, dass der deutsche Notar bei der Protokollierung der Vollmacht in Deutschland eine Erklärung gemäß § 22a der Notarordnung abgibt, indem er eingangs der Urkunde erklärt, selbst das Handelsregister eingesehen zu haben und daneben sowohl die ordnungsgemäße Existenz der Gesellschaft bestätigt, als auch die Namen der gesetzlichen Vertreter wie auch deren Befugnisse.  

Formerfordernisse

Auch was die Formalien angeht, sind einige Besonderheiten zu beachten: So gilt der Grundsatz, dass Vollmachten praktisch ausnahmslos in notarieller Form erteilt werden müssen, während im deutschen Recht grundsätzlich Formfreiheit gilt (§ 167 II BGB). 

Dies gilt sogar für eine Prozessvollmacht an einen Rechts­­anwalt. Hierbei mag eine Rolle spielen, dass privatschriftliche Urkunden im spanischen Recht keinen Beweis für die Richtigkeit des Ausstellungsdatums erbringen, während die notarielle Protokollierung unanfechtbar ein „sicheres Datum“ (fecha cierta) schafft. 

Grundsätzlich müssen deutsche notarielle Urkunden, damit sie in Spanien Verwendung finden können, mit der Apostille nach dem Haager Abkommen versehen werden. Zuständig ist hierfür der Präsident des Landgerichts, in dessen Bezirk der Notar seinen Sitz hat. 

In deutscher Sprache abgefasste Urkunden müssen zu deren Verwendung in Spanien beglaubigt übersetzt werden. 

Allgemeine Hinweise

Einige allgemeine Hinweise für die Erstellung von Vollmachten zur Verwendung in Spanien: 

1. (Immer!) Laufzeit der Vollmacht begrenzen;

2. Soll der Bevollmächtigte Geschäfte mit sich selbst abschließen dürfen? (nach § 181 BGB möglich; in Spanien nicht gesetzlich geregelt, aber zulässig);

3. Ist es sinnvoll, das Recht zur Erteilung einer Untervollmacht zuzulassen?

4. Bei mehreren Bevollmächtigten regeln, ob diese gemeinsam oder einzeln handeln müssen.

Dr. Armin Reichmann

Rechtsanwalt / Aboga1do

Frankfurt am Main /

Palma de Mallorca

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reichmann@dr-reichmann.com

Tel. 971 91 50 40

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