Protest der „Empörten“ geht weiter


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Spanienweit gingen am 19. Juni über 200.000 Bürger für mehr Gerechtigkeit auf die Straßen

Am 19. Juni folgten in den wichtigsten Städten Spaniens über 200.000 Menschen dem erneuten Aufruf der sogenannten Bewegung 15-M zum Protest gegen die derzeitige Regierungspolitik und forderten „eine echte Demokratie und ein gerechteres Wirtschaftssystem“. Die Demonstrationen verliefen friedlich. Auch auf den Kanaren gingen Tausende in Las Palmas und Santa Cruz auf die Straße.

Madrid/Kanarische Inseln – Wenige Tage zuvor war die Protestbewegung, die auch unter dem Namen „Echte Demokratie Jetzt“ bekannt ist, überein gekommen, die „Zeltstädte“, die seit dem 15. Mai auf den wichtigsten Plätzen von Spaniens Großstädten standen, abzubauen. Die Aktionen der Bewegung sollen sich ab jetzt auf lokaler Ebene fortsetzen.

Währenddessen verdichten sich auf politischer Ebene die Gerüchte um vorgezogene Wahlen immer mehr. 

Offiziell heißt es unverändert, die regierenden Sozialisten werden die aktuelle Legislaturperiode bis zum letzten Tag ausschöpfen. Doch auf inoffizielle Ebene werden die Gerüchte um die Möglichkeit, dass aufgrund der derzeitigen schwierigen Lage Spaniens doch noch vorgezogenen Wahlen ausgerufen werden könnten, immer mehr und immer deutlicher. Inzwischen gibt es selbst innerhalb der PSOE Führungskräfte, die zwar nicht genannt werden wollen, aber zugeben, dieser Möglichkeit immer zugeneigter zu sein.

Als Grund wird unter anderem angegeben, auf diesem Wege könnten sich die Chancen von Spitzenkandidat Alfredo Pérez Rubalcaba erhöhen, seine Partei trotz aller Widersetzlichkeiten doch noch zu einem erneuten Wahlsieg führen zu können. Als mögliches Datum für vorgezogene Wahlen wird der Monat November genannt. So könne man sich auch die aufgrund der besseren Einstellungslage während der Sommersaison zu erwartenden sinkenden Arbeitslosenzahlen zu nutze machen.

Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero hatte bislang wiederholt erklärt, er werde in diesem Zusammenhang tun, was „besser für Spanien und für die Partei“ sei. Und bislang war das immer, die Legislaturperiode, die noch bis März 2012 reicht, auszuschöpfen. Angesichts der anhaltend schlechten Wirtschaftslage, der steigenden Arbeitslosenzahlen und des immensen Wahldebakels, das die Regierungspartei bei den Kommunal- und Regionalwahlen am 22. Mai erlitt, scheint es jedoch immer unwahrscheinlicher, dass dies auch tatsächlich gut für Spanien ist. Schon jetzt verfügen die regierenden Sozialisten nicht mehr über genügend Unterstützung im Parlament um dringend notwendige Reformen durchzuführen.

Sollte sich die Wirtschaftslage noch weiter verschlechtern und die Unzufriedenheit der Bürger mit ihrer Regierung noch deutlicher werden, wird es wahrlich schwer für Rodríguez Zapatero sein, noch bis zum kommenden Frühjahr durchzuhalten.

Erst einmal stehen zwei wich­tige Termine an: Am 9. Juli wird Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba durch den PSOE-Parteivorstand offiziell zum Spitzenkandidaten für die anstehenden Parlamentswahlen ernannt. Der zweite für die Partei wichtige Termin ist der Parteitag, der im September stattfinden wird. Sollte es tatsächlich zu vorgezogenen Wahlen kommen, könnten diese spätestens bei der Gelegenheit ausgerufen werden, so war aus inoffiziellen Quellen zu erfahren.

Bis dahin aber gilt offiziell die Devise: Die Legislaturperiode wird ausgeschöpft.

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