Es gehe hier um ein „Grundrecht“, und das Euthanasiegesetz sehe kein gerichtliches Eingreifen vor, wird die Entscheidung begründet
Tarragona – Sónia Zapater, die vorsitzende Richterin des Landgerichts 5 von Tarragona, hat Anfang Juni dem Antrag auf Sterbehilfe eines Gefängnisinsassen stattgegeben. Marin Eugen Sabau sitzt aufgrund einer Schießerei in Tarragona im Dezember vergangenen Jahres, bei der er eine Rückenmarksverletzung erlitten hatte, in Untersuchungshaft. Vor wenigen Wochen hatte der als „Amokläufer von Tarragona“ bekannt gewordene Mann das vorgeschriebene Verfahren angestrengt, um Sterbehilfe zu erhalten. Gegen dieses Antragsverfahren hatten die Staatsanwaltschaft sowie die bei dem Vorfall verletzten Personen Einspruch eingelegt, damit „der Gerechtigkeit Genüge getan“ werde. Wie die spanische Tageszeitung El País nun berichtete, hat die Richterin den Antrag jedoch mit dem Argument abgelehnt, dass das „Grundrecht“ auf Freiheit und das Recht, über Leben und Tod zu entscheiden, überwiegen. Darüber hinaus sehe das spanische Euthanasiegesetz in keinem Fall das Eingreifen von Richtern in derartigen Angelegenheiten vor, begründete die Richterin ihre Entscheidung weiter.
Der 46-jährige Sabau hatte als Wachmann für das Unternehmen Securitas gearbeitet und wollte sich für die „Hölle“ rächen, der er angeblich von seinen Vorgesetzten ausgesetzt worden war. Kurz zuvor hatte er sein Vorhaben in mehreren E-Mails angekündigt. Am 14. Dezember betrat er mit einer Perücke verkleidet das Büro in Tarragona, zog eine Waffe und begann, nach einem kurzen Hin und Her zu schießen. Drei Mitarbeiter wurden dabei schwer verletzt. Bei der anschließenden Flucht mit dem Auto schoss er auf einen Polizisten und verletzte diesen am Arm. Letztendlich verbarrikadierte er sich in einem verlassenen Bauernhaus, wo er umzingelt wurde. Alle Verhandlungsversuche der Polizisten schlugen fehl, und nach einer erneuten Drohung schoss er auf die Beamten, die sich gezwungen sahen, zurückzuschießen und ihn dabei schwer verletzten. Seitdem befindet er sich im Gefängniskrankenhaus in Terrassa (Barcelona), wo er auf seinen Prozess wartet. Gegen ihn wird wegen versuchten Mordes, Angriffs auf eine Behörde und illegalen Waffenbesitzes ermittelt.
Am 16. Juni teilte der Direktor des Krankenhauses in einem Schreiben an das Gericht mit, der Häftling habe Antrag auf Euthanasie gestellt und dem Antrag auf Einleitung des Verfahrens sei gemäß dem im März verabschiedeten Gesetz stattgegeben worden. Einige Tage später beantragte der Anwalt des verletzten Polizisten jedoch die Einstellung des Verfahrens, da ein Gerichtsverfahren im Gange sei und die Opfer ein Anrecht auf eine Antwort haben. Die Staatsanwaltschaft unterstützte den Antrag, der nun in einer beispiellosen Entscheidung durch die Richterin abgelehnt wurde.
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