Rüffel aus Brüssel wegen Verschuldung und hoher Arbeitslosigkeit

Valdis Dombrovskis, EU-Vizepräsident und Kommissar für Wirtschaft und Kapitaldienstleistungen Foto: ETIENNE ANSOTTE/EUROPEAN COMMISSION

Valdis Dombrovskis, EU-Vizepräsident und Kommissar für Wirtschaft und Kapitaldienstleistungen Foto: ETIENNE ANSOTTE/EUROPEAN COMMISSION

EU hält vorerst an der Ausweichklausel der Fiskalregeln fest, fordert Spanien aber zur Anpassung der öffentlichen Ausgaben auf

Madrid – Angesichts der Ungewissheit, wie sich die europäische Wirtschaft, nach zwei Jahren Pandemie und dem brutalen Schlag, den der Krieg in der Ukraine durch den Einmarsch russischer Truppen, für die Wirtschaft bedeutet, hat sich die Europäische Kommission Ende Mai dafür entschieden, die eigentlich geltenden Regeln des Stabilitätspakts, der durch Covid unterbrochen wurde, weiterhin bis mindestens 2024 auszusetzen.

Gleichzeitig rief Brüssel allerdings auch zu einer „besonnenen“ Finanzpolitik im kommenden Jahr auf und forderte von den Mitgliedsstaaten, den Anstieg der öffentlichen Ausgaben zu kontrollieren. „Wir schlagen vor, die allgemeine Ausweichklausel der EU-Fiskalregeln im Jahr 2023 weiter anzuwenden und sie erst 2024 aufzuheben“, erklärte in diesem Zusammenhang Valdis Dombrovskis, EU-Vizepräsident und Kommissar für Wirtschaft und Kapitaldienstleistungen. „Dies wird den nationalen Finanzpolitikern die Möglichkeit geben, bei Bedarf rasch zu reagieren.“ Brüssel sprach in diesem Zusammenhang von dem Krieg als einen „makroökonomischen Schock“ mit langfristigen Auswirkungen auf die Energiesicherheit der EU, ein Szenario, das „eine sorgfältige Gestaltung der Steuerpolitik im Jahr 2023“ erfordere, hieß es unter anderem in dem offiziellen Text.

Was Spanien betrifft, warnte Brüssel bei der Bekanntgabe der Entscheidung ausdrücklich vor wirtschaftlichen „Ungleichgewichten“ aufgrund der hohen Verschuldung des Landes „vor dem Hintergrund einer hohen Arbeitslosigkeit“. Die spanische Staatsverschuldung liegt nach offiziellen Angaben bei 118% des Bruttoinlandsproduktes (PIB), und das Defizit, das diese Verschuldung speist, schloss im vergangenen Jahr mit 81,5 Milliarden Euro, was 6,76% des BIP entspricht.

Spanien gehört laut den fiskalischen Empfehlungen Brüssels zusammen mit sechs anderen Mitgliedsstaaten (Deutschland, Frankreich, Niederlande, Portugal, Rumänien und Schweden) zu der Gruppe von EU-Ländern, die weiterhin Ungleichgewichte aufweisen. Brüssel geht dabei konkret auf die „Anfälligkeit“ Spaniens ein, die auf die „hohe öffentliche und private Auslandsverschuldung vor dem Hintergrund einer hohen Arbeitslosigkeit“ zurückzuführen sei.

Zwar erkennt Brüssel in dem Bericht an, dass die Arbeitslosigkeit 2021 wieder zu sinken begann, es wird in dem Zusammenhang jedoch ausdrücklich vor der Segmentierung des Arbeitsmarktes und insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit gewarnt. Abschließend gaben sich die Experten aus Brüssel dann aber doch optimistisch. „Die jüngsten Arbeitsmarktreformen und die weitere Umsetzung des Konjunkturprogramms werden dazu beitragen, die verbleibenden Schwachstellen Spaniens zu beseitigen“, so die ermutigende Botschaft.

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