Schadensbegrenzung im Madrider Spionagefall


Unerwarteter Rückzieher des Chefs der konservativen PP

Alle Welt erwartete von PP-Chef Mariano Rajoy ein Machtwort, zumindest aber entschiedenes Durchgreifen in dem Spionageskandal, der seit Ende Januar die konservative Führungsriege der Madrider Regionalregierung erschüttert (Das Wochenblatt berichtete in der Ausgabe 80).

Madrid – Anfangs hatte es auch den Anschein, als werde die nationale Spitze der oppositionellen Volkspartei diesmal entschieden durchgreifen und bis in die letzten Konsequenzen Aufklärung betreiben. So wurde eine interne Untersuchung angeordnet, deren Vorsitz Rajoys rechter Hand, der PP-Generalsekretärin María Dolores Cospedal anvertraut wurde.

Nach wenigen Tagen machte die Parteispitze jedoch überraschend einen Rückzieher. Nun soll auf einmal nicht mehr eine parteiinterne Untersuchung Aufschluss über die polemischen Spionagefälle bringen, sondern ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss. Gerüchten zufolge soll der unerwartete Sinneswandel des PP-Chefs nach Gesprächen mit der Madrider Regierungschefin Esperanza Aguirre stattgefunden haben.

Aguirre gilt nicht nur als Anführerin des sogenannten „Hardliner-Lagers“ der Volkspartei, sondern auch als eine der gefährlichsten Widersacherinnen von Mariano Rajoy. Insbesondere nach der erneuten Niederlage der PP bei den letzten Parlamentswahlen hatte die erzkonservative Politikerin mit besten Kontakten zur Ma-drider Geschäftswelt und der spanischen Aristokratie keinen Hehl mehr daraus gemacht, dass sie nichts von ihrem obers­ten Vorgesetzten hält und lieber früher als später seinen Platz einnehmen will.

Rajoy, der sich dieser Feindschaft durchaus bewusst ist, hat sich dennoch in der Öffentlichkeit immer so neutral wie möglich gezeigt. Warum er die Chance, Aguirre im Hinblick auf die polemischen Bespitzelungen in ihre Schranken zu verweisen, nicht ergriffen hat, ist unklar. Die naheliegendste Erklärung wird wohl die Be­mühung sein, die Image­schädigung der Volkspartei durch ein vereintes Bild nach außen hin so gering wie möglich zu halten. Vielleicht aber war die Sorge auch zu groß, dass im Rahmen einer parteiinternen Untersuchung noch mehr Unglaubliches ans Tageslicht befördert wird.

Die jüngsten Enthüllungen haben jedenfalls ergeben, dass tatsächlich hohe Führungskräfte des Madrider Innenministeriums für die organisierte Bespitzelung unliebsamer Parteikollegen verantwortlich waren. Ob die ganze Affäre ein juristisches Nachspiel haben wird, ist noch unklar.

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