Schulden und Schuld


Gedanken für mich ­– Augenblicke für Gott

In diesen Tagen geht der Wahlk(r)ampf zum 18. Deutschen Bundestag zu Ende bzw. steht das Ergebnis fest, wer Deutschland in den kommenden vier Jahren regieren wird.

Was haben wir im Vorfeld dieser Wahl nicht alles gehört, was wurde nicht alles versprochen und was davon wohl gehalten wird? Sie und ich – wir müssen uns sicherlich überraschen lassen. Schließlich werden Koalitionen gebildet, und man muss Abstriche machen, wenn man Partnerschaften eingeht. Nur, was sich auch in Zukunft nicht verändern wird, das ist wohl die Tatsache, dass wir auch künftig Tag für Tag von Schulden hören und lesen. Von ungeheuren Schulden, die der deutsche, aber auch viele andere europäische Staaten angehäuft haben und immer weiter anhäufen.

Man kann es sich gar nicht richtig vorstellen, um welche Summen es da schlussendlich geht. Billionenbeträge sind Zahlen mit so viel Nullen daran, dass einem ganz schwindelig wird. Schon heute nimmt die Bundesschuld den dritten Platz bei der Ausgabenliste im Bundeshaushalt 2013 ein. Das ist alles Geld, welches für Investitionen in die Zukunft fehlt, sowohl für Forschung als auch für Ausbildung, für ökologische Umsteuerung oder auch die Sicherung des sozialen Netzes und damit auch des sozialen Friedens im Land. Und das bei einer Wirtschaftslage, die für Deutschland nicht besser sein könnte. Wer also könnte denn unter dem Strich etwas dagegen haben, dass der Staat endlich spart, nicht nur einen ausgeglichenen Haushalt vorlegt, sondern gegensteuert und Schulden abbaut?

Solche Gedanken sind gut und recht. Aber kaum sind sie ausgesprochen, beginnt auch schon das große Wehklagen. Sparen ja, aber möglichst eben nach dem Sankt-Florians-Prinzip: „Oh heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd‘ andere an!“ Nicht die kleinen Leute, die vielen Kleinverdiener sind gemeint, die über das Lebensnotwendige hinaus sich schon lange nichts mehr leisten können. Es sind die Besserverdienenden und Leistungsträger, die so schnell in Panik geraten, wenn sie sich mal nicht mehr alles leisten können, wenn sie Abstriche machen und vielleicht den Gürtel ein klein wenig enger schnallen müssen. Und – ich halte es für unredlich, wie mit der Schuldfrage umgegangen wird. Das betrifft Politiker und Funktionäre, Verbände und Interessenvertreter gleichermaßen. Denn am Schuldenmachen sind sie doch alle beteiligt – sowohl Bund als auch Länder und Kommunen. Die Matadore wechseln nur hier und da die Verantwortungsebene und vergessen dann ganz schnell, was sie vorher noch gesagt und getan haben. Aber letztlich sind wir alle mitverantwortlich, weil wir ja als Wähler der Souverän sind und die Politiker wählen oder gewählt haben, die wir verdienen….

Deshalb wird es nun endlich Zeit, dass wir alle mit dem Problem der Schulden und der Schuld seriöser umgehen. Von mir aus sollen Parteien darüber streiten und wetteifern, wie wir am besten aus der Schuldenfalle herauskommen; aber mit vollmundigen Schuldzuweisungen sollten wir vorsichtig umgehen. Wir müssen uns alle eingestehen, dass wir die letzten Jahre und teilweise über Generationen hinweg sehr großzügig und verschwenderisch gelebt haben – zum Nachteil der nach uns kommenden Generationen. Also sollten wir jetzt auch den neu entdeckten Zwang zum Sparen nicht als notwendiges Übel beklagen, sondern vielmehr als Chance begreifen, wieder etwas gutzumachen. Dabei könnten wir entdecken, dass ein einfacheres Leben, welches nicht total vom Konsum beherrscht wird, durchaus ein Mehr an Lebensqualität bietet. 

Lassen wir uns vom Evangelium Jesu dazu inspirieren. Es erzählt uns unter anderem eine fast schon unglaubliche Geschichte von Schulden und Schuld. Da fordert ein König von seinen Dienern Rechenschaft. Einer davon hat einen Schuldenberg in der beachtlichen Größe von 10.000 Talenten. Nach heutigem Wert entspricht das einer Summe von rund zweieinhalb Milliarden Euro. Eine Unsumme für eine Privatperson. Der Schuldner bettelt und bittet deshalb auch um Gnade – er weiß, dass er diese Schuld nie und nimmer begleichen kann. Und siehe da, der König geht darauf ein und erlässt ihm diesen Schuldenberg. Doch dann folgt der zweite Teil der Geschichte. Der soeben Begnadete wird nun selbst zum Richter und kennt alles – aber nur keine Gnade. Zum Beispiel für den Freund, der ihm die lächerliche Summe von 100 Denaren schuldig ist. Das ist ein Verhältnis von vergebener und eingeforderter Schuld von eins zu einer Million.

Und das Fazit aus der Geschichte: Unser Staat oder auch die Länder Europas werden keinen gnädigen König finden, welcher die gigantischen Schulden einfach erlässt. Nein, diese müssen Schritt für Schritt und mühsam abgebaut werden. Allerdings müssen die Verantwortlichen dabei aufpassen, dass sie diese Schulden nicht gnadenlos bei den „Kleinen“ der Gesellschaft eintreiben. Denn sonst wird uns allen die Schuld an den Schulden nicht vergeben werden.

Herzlichst Ihr

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

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