Schutz vor Zwangsräumungen

Proteste während einer Zwangsräumung in Madrid Foto: EFE

Proteste während einer Zwangsräumung in Madrid Foto: EFE

Bei gefährdeten Familien soll die Vollstreckung bis Ende des Notstands ausgesetzt werden

Madrid – Grünes Licht für das neue Antiräumungsdekret, eines der wichtigsten Anliegen der in Koalition mit den Sozialisten regierenden Unidas Podemos. Anfang Dezember einigten sich Vertreter des Ministeriums für Verkehr, Mobilität und städtische Agenda (ehemals Entwicklungsministerium) und des Vizeressorts für Soziale Rechte – jeweils in Händen der Sozialisten und der Unidas Podemos – auf ein entsprechendes Abkommen, das baldmöglichst dem Ministerrat vorgelegt werden soll. Demzufolge sollen Zwangsräumungen gefährdeter Familien bis Ende des Notstands in Spanien auf Eis gelegt werden.
Konkret bedeutet das Abkommen eine Erweiterung einer bereits existierenden Rechtsvorschrift. Demnach werden in Kürze nicht nur durch Covid-19 besonders gefährdete Familien bis auf Weiteres vor der Vollstreckung einer Zwangsräumung geschützt sein, sondern neu auch Personen, die bereits vor Beginn der Pandemie als „gefährdet“ eingestuft wurden. Das wird angesichts der aktuellen Lage auch für Familien gelten, die im Hinblick auf die von ihnen bewohnte Immobilie kein rechtmäßiges Dokument, wie einen Mietvertrag oder eine Eigentumsurkunde, vorweisen können. In diesem Fall wird die Aussetzung der Vollstreckung allerdings nur vorübergehend sein und immer nur dann angewandt werden können, wenn es sich um sogenannte große Vermieter, also um ein Unternehmen oder natürliche Personen handelt, die mindestens zehn Immobilien besitzen (ausgeschlossen Lagerräume und Garagen).
Im Falle von Familien, die einen gültigen Mietvertrag vorweisen können, ändert sich das bereits derzeit existierende Verfahren durch das neue Abkommen hingegen nur minimal. Wenn der Vermieter wegen säumiger Mieteinnahmen die Zwangsräumung seiner Immobilie beantragt, kann der Mieter vor dem Richter „besondere wirtschaftliche Gefährdung“ vorbringen. Wenn er diese Gefährdung durch ein entsprechendes Gutachten der Sozialdienste oder Dokumente, wie die Kündigung seiner Anstellung nach Ausrufung des Notstandes in Spanien nachweisen kann, darf die Zwangsräumung nicht vollstreckt werden. Jedenfalls nicht bis Ende des Notstands, der nach derzeitigem Stand bis zum 9. Mai kommenden Jahres gilt.
Etwas anders verhält es sich im Fall einer Familie, die keinen Mietvertrag für die von ihr besetzte Immobilie besitzt. Zwar wird auch bei ihnen die Vollstreckung einer Zwangsräumung ausgesetzt, allerdings nur vorübergehend und nur, wenn es sich bei dem rechtmäßigen Eigentümer um ein großes Unternehmen handelt. Im Falle von sogenannten kleinen Eigentümern kommt das neue Dekret nicht zum Greifen, da diese durch Ausbleiben der Mieteinnahmen selbst in eine Lage der wirtschaftlichen Gefährdung geraten könnten. In solchen Fällen kann – jedenfalls solange der Notstand gilt – die Zwangsvollstreckung drei Monate ausgesetzt werden. In diesem Zeitraum müssen die zuständigen Behörden eine Ersatzunterkunft für die gefährdete Familie finden. Eine Auflage, die angesichts der Tatsache, dass in Spanien nur 2,5% des Wohnungsmarktes als Sozialwohnungen eingestuft sind, gar nicht so leicht umzusetzen sein wird.

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