Sich von Weihnachten anstecken lassen


Gedanken für mich ­– Augenblicke für Gott

Wenn Menschen sich in diesen Tagen begegnen, dann wünschen sie einander – wie jedes Jahr – „Frohe oder auch Gesegnete Weihnachten“. Ich aber werde Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, dieses Jahr etwas anderes wünschen. Ich wünsche Ihnen einen heftigen „krippalen“ Infekt.

Nein, ich möchte nicht, dass Sie über die Festtage mit einer Grippe das Bett hüten müssen – Gott verschone – sondern ich möchte Ihnen wünschen, dass Sie sich vom Kind in der Krippe anstecken lassen; dass Sie der Mann, dessen Geburtstag wir feiern, ganz persönlich mit seiner Botschaft infiziert.

Übrigens bekommen Sie diesen „krippalen“ Infekt auch, wenn Sie die Kälte in vielen menschlichen und zwischenmenschlichen Beziehungen spüren; wenn Ihnen die Kälte des Egoismus und der Ellbogenmentalität unserer Zeit bewusst wird und Sie immer wieder unter der Kälte der Freudlosigkeit Ihrer Mitmenschen zu leiden haben. Gleichfalls ist das Ansteckungsrisiko sehr hoch, wenn Ihr Immunsystem nicht intakt ist. Wenn Sie also auf so Fragen wie: „Wozu bin ich auf der Welt? Was macht mein Leben wertvoll und gut?“ nicht schulterzuckend reagieren und Sie auch nicht so abgehärtet sind, dass Ihnen alles gleichgültig ist, was um Sie herum passiert, dann laufen Sie Gefahr, sich ganz schnell mit diesem Infekt zu infizieren. Und: Sie können sich auch schnell anstecken durch den Kontakt mit bereits infizierten Zeitgenossen, die Ihnen begegnen – also Menschen, die begeistert sind von der Sache Jesu; denen man ansieht, dass sie als erlöste und befreite Menschen leben.

Jetzt könnten Sie natürlich fragen: Habe ich mich vielleicht schon angesteckt? Das zu überprüfen ist überhaupt nicht schwer. Denn ich sage Ihnen, wenn Sie auch nur eines der folgenden Symptome an sich entdecken, dann hat sie der „krippale“ Infekt schon erwischt:

Da ist zum einen die Schwä-che: Wenn Sie eine Schwäche für Ihre Mitmenschen haben; wenn Sie sich dafür interessieren, wie es diesen geht, worunter sie leiden oder auch was sie brauchen, und wenn Sie noch dazu bereit sind, diesen Menschen zu helfen, mit ihnen zu teilen oder sie aufzumuntern, dann sind Sie vom „Krippe“-Virus befallen.

Oder das Fieber: Wenn Sie zum Beispiel sehnsüchtig auf Gerechtigkeit und Frieden warten oder fast schon danach fiebern, dass Menschen Heilung und Hilfe, Begleitung und Zuwendung zukommt; wenn Sie brennend interessiert sind an einem gelingenden und sinnvollen Leben; wenn Sie immer mehr wissen wollen über Jesus und seine Vision vom Reich Gottes – ja dann ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass der „Krippe“-Virus sie heimgesucht hat.

Oder nehmen Sie die Schluckbeschwerden: Wenn Sie eben nicht mehr alles schlucken können, was so an Lieblosigkeit und Ungerechtigkeit in Ihrer Umgebung passiert; wenn Sie Verletzungen und Spott nicht einfach mehr wegstecken und in sich hineinfressen wollen; wenn Sie sich weigern, alles nur so hinzunehmen, was man Ihnen an Oberflächlichem und Belanglosem vorsetzt, ja dann hat der „krippale“ Infekt Sie tatsächlich gepackt.

Sicherlich fragen Sie sich jetzt – ja, und wenn es so ist, was kann ich dann tun? Wie kann ich am besten damit umgehen? Und ich sage Ihnen, alles, was den „grippalen“ Infekt verhindert oder bekämpft, hilft Ihnen auch, den „krippalen“ Infekt zu hegen und zu pflegen. Also zuerst einmal inhalieren: Ich rate dazu, den Geist Jesu immer mehr in sich aufzunehmen; sich von seinen Worten und Gedanken, von seinem Gottvertrauen und seiner Menschenliebe erfüllen lassen – und: einen Hauch von seiner Gelassenheit und auch seiner Unbekümmertheit einatmen und sofort wieder verströmen.

Dann sollten Sie wirklich eine gesunde Mischung aus Ruhe und Bewegung finden. Das heißt, sich einmal wirklich Ruhe gönnen – also Momente der Stille in den Tages- und Wochenrhythmus einbauen; sich Zeit lassen und sich Zeit nehmen für das Gebet und durch das Mitfeiern der Gottesdienste ganz bewusst den Alltagstrott und die Geschäftigkeit unterbrechen. Allerdings sollten Sie sich andererseits aber auch in Bewegung bringen. Damit meine ich, Aufstehen und Festgefahrenes, so richtig Erstarrtes in Ihrem Leben endlich hinter sich lassen; auf andere zugehen und ihnen mit der Offenheit und auch der Weite Jesu begegnen; sie etwas spüren lassen von der immensen Freude, die mit dem Kind in der Krippe in diese unsere Welt gekommen ist.

Am Ende kann ich jetzt nur hoffen, dass Sie sagen: Ja, diesen „krippalen“ Infekt wünsche ich mir auch. Genau so möchte ich mit dem Kind in der Krippe in Berührung kommen und mich immer tiefer in seine Gedankenwelt und seine Lebensgeschichte hineinziehen lassen. Und ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung und auch eigener Überzeugung versprechen: Durch die Begegnung mit diesem Kind werden Sie nicht „grippe-krank“, sondern „krippen-gesund“ werden – und: Sie können dann all die Menschen, die Ihnen begegnen mit dieser Gesundheit anstecken.

In diesem Sinne Ihnen allen ein frohes, gesegnetes und vor allem gesundmachendes Weihnachtsfest.   

Herzlichst Ihr

Bertram Bolz, Diakon

Kath. Touristen- und

Residentenseelsorger

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