Sozialisten und Konservative vermeiden Atomkraft-Debatte


Angesichts der bevorstehenden Wahlen

Der sozialistischen Regierung ist die Debatte über die spanischen Atomkraftwerke angesichts der bevorstehenden Wahlen und mit der Katastrophe in Japan vor Augen offensichtlich unangenehm.

Madrid – Es hat den Anschein, dass beide großen Parteien, die sozialistische PSOE und die konservative Partido Popular, eine Debatte über dieses Thema vor dem Wahltermin am 22. Mai tunlichst vermeiden wollen.

Marcelino Iglesias, Organisationssekretär der Sozialisten, verschanzte sich vor einigen Tagen hinter der Erklärung, angesichts der schrecklichen Ereignisse des Atomunfalls sei die Situation viel zu überhitzt, um vernünftig die Zukunft der spanischen Atomkraftwerke zu diskutieren. Er versicherte, die Regierung werde nicht in die Falle tappen, welche die PP ihr mit der Eröffnung dieser Debatte stellen wolle. Er sei sehr erstaunt, dass PP-Chef Mariano Rajoy diese bereits eröffnet habe. „Er hat über diese Dinge gesprochen inmitten des Wirbels und eines Klimas, das nicht besonders geeignet erscheint, um eine sachliche Debatte zu führen“. Iglesias versicherte, dass seine Partei ihre Haltung in Sache Nuklear-Energie in keiner Weise geändert habe. Dabei war es erst vor einigen Wochen zwischen der Regierung und der Fraktion der katalanischen Nationalisten CiU im spanischen Parlament zu einer Absprache gekommen, den Passus über die maximale Lebensdauer der Atomkraftwerke von vierzig Jahren zu streichen, als es um die Verabschiedung der Sparprogramme ging. In den Reihen der Regierung kam es diesbezüglich zu erheblichen Unstimmigkeiten. Danach wurde bekannt gegeben, dass die Partei ihre Position nicht geändert habe. Immerhin gilt die Mehrzahl der Stammwähler der PSOE als Atomkraftgegner.

Auch in den Reihen der konservativen Partido Popular versucht man das Thema tunlichst zu umgehen. Hatte doch José Maria Aznar, Ex-Präsident der spanischen Regierung, erst vor wenigen Wochen erklärt, um die Wirtschaftskrise zu überwinden, setze er auf den Bau neuer Atomkraftwerke und auf die Laufzeitverlängerung der vorhandenen Anlagen von den vorgesehenen vierzig auf sechzig Jahre.

Entsprechende Fragen von Medienvertretern sind den Parteibossen zurzeit mehr als unangenehm. Parteisprecherin Dolores de Cospedal versuchte mehrfach, Erklärungen zu umgehen. Schließlich erklärte sie ihren erstaunten Zuhörern, Aznar habe diese Meinung in seiner Eigenschaft als Präsident der Stiftung FAES (Stiftung für soziale Studien) geäußert. „FAES ist FAES und PP ist PP“, sagte sie sichtlich verärgert.

Partido Popular habe sich immer für einen „Energie-Mix“ eingesetzt, der erneuerbare Energien, Gas, Öl und Atomenergie enthalten sollte, aber alles in absoluter Sicherheit.

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