Spanien setzt die Schere an


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Mit einem drastischen Sparprogramm will Regierungschef Zapatero das Staatsdefizit verringern

Meine Verantwortung ist es, an die Zukunft Spaniens und nicht an meine eigene oder die meiner Partei zu denken.“ Mit diesen Worten stellte der spanische Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero klar, dass ihn nichts und niemand von seinem Mitte Mai zur Überraschung vieler eingeschlagenen harten Sparkurs abbringen wird.

Madrid – Wenige Tage nach der Ankündigung eines drastischen Sparprogramms zur Verringerung des Staatsdefizits ergaben Meinungsumfragen, dass die regierenden Sozialisten bei der Bevölkerung bereits erheblich an Beliebtheit eingebüßt hatten. Würden jetzt Parlamentswahlen stattfinden, ginge die oppositionelle Volkspartei (PP), allen Korruptionsvorwürfen zum Trotz, mit großem Abstand als Sieger hervor. Angesichts des Ernstes der Lage gelte es „schwierige und harte“ Maßnahmen zu ergreifen, selbst wenn dies den Verlust von Wählerstimmen bedeutet, so Zapatero.  

Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero hat im Abgeordneten-Kongress erstmalig eine Kürzung der Sozialleistungen angekündigt, seit er an der Regierung ist. Sie ist Teil einer Serie von Maßnahmen, die das Staatsdefizit verringern sollen, wie es von Brüssel verlangt worden ist. In einer beispiellosen Entscheidung wird mit einigen Prinzipien gebrochen, die bislang für das Kabinett Zapatero als unantastbar galten. Die Regierung wird insgesamt neun Maßnahmen verabschieden wie die Kürzung der Beamtengehälter um fünf Prozent ab Juni dieses Jahres, sowie Einfrierung dieser Bezüge für 2011; keine Aktualisierung der Renten und Pensionen, Abschaffung des sogenannten Babyschecks (Subvention bei der Geburt eines Kindes), Abstriche bei den Medikamenten- und  Pflegekosten sowie bei öffentlichen Investitionen. Das Ziel: 15 Milliarden Euro mehr als bisher einzusparen, um bis 2013 das Defizit wieder auf drei Prozent zu senken.

Der Sparplan der Regierung wurde von den Gewerkschaften und der konservativen Opposition scharf kritisiert, während er von der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds mit Beifall aufgenommen wurde. Das sei der beste Weg, das Vertrauen der Märkte zurückzugewinnen, sagte der Europadirektor des Fonds Marek Belka. Nach seiner Ansicht verdiene dieses Sparpaket die Note sehr gut. Von der EU meldete sich der Wettbewerbs-Kommissar Joaquín Almunia zu Wort und wies darauf hin, dass er schon verschiedentlich strukturelle Maßnahmen gefordert habe. Er bezeichnet die Sparmaßnahmen als logischen Schritt, um dem Druck der Märkte entgegenzuwirken. Einer offiziellen Mitteilung der EU ist zu entnehmen, dass der spanische Sparplan in die richtige Richtung geht.

In seiner Rede vor dem Parlament versuchte der Regierungschef klarzumachen, weshalb er jetzt, wo er einen leichten Aufschwung verkündet, der­artige Kraftanstrengung und Opfer von den Bürgern verlangt. „Jetzt ist es besonders wichtig, dass wir die Investoren bei uns behalten und einen Eindruck der Stabilität vermitteln“, rief er den Abgeordneten zu. „Es ist sicher nicht leicht, sich auf diese Art und Weise an die Bürger zu wenden“, äußerte einer der Parlamentsreporter. Zu Beginn seiner Rede hatte der Präsident darauf hingewiesen, dass Spanien unter den Konsequenzen einer unzureichend kontrollierten globalen Finanzwirtschaft leide.

Unpopuläre Maßnahmen

Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte Spaniens hat eine Regierung die unpopuläre Entscheidung getroffen, die Gehälter der öffentlichen Angestellten zu kürzen. Seit der Einführung der Demokratie bis zum heutigen Tag gab es nur einmal eine ähnliche Maßnahme: Die Regierung von José María Aznar führte Nullrunden für öffentliche Gehälter ein, um die Richtlinien von Maastricht zu erfüllen. Jetzt senkt Zapatero sie um fünf Prozent für alle – Polizisten, Feuerwehrleute, Gesundheitsdienst, alle, die der öffentlichen Verwaltung unterstehen, sowohl beim Staat als auch bei den Regional-Regierungen. Allerdings werden die Kürzungen nicht für alle gleich sein, sondern sich proportional zur Höhe der Bezüge bewegen, sodass die hohen Gehälter stärker betroffen sein werden. Die Gehälter der Regierungsmitglieder werden um 15 % gesenkt. Insgesamt werden 2,6 Millionen Beamte und öffentliche Angestellte betroffen sein und durch die Kürzung ihrer Bezüge sollen 2,4 Milliarden Euro eingespart werden.

In weiteren Ausführungen wies der Ministerpräsident darauf hin, dass auch eine Erhöhung der Einkommensteuer für hohe Einkommen für das Jahr 2011 nicht ausgeschlossen werden kann. Auf keinen Fall soll sich das Sparpaket jedoch auf die Investitionen auswirken, weil sie Arbeitsplätze schaffen und die Wirtschaft ankurbeln. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Verabschiedung eines neuen Arbeitsgesetzes ein ebenso wichtiger Schritt für einen wirtschaftlichen Aufschwung sei. Die Verhandlungen mit den Sozialpartnern befänden sich sozusagen auf der Zielgeraden.

Scharfe Kritik der Opposition

Oppositionsführer Mariano Rajoy trug in seiner Rede zehn Alternativ-Maßnahmen vor, die er dazu benutzte, den Ministerpräsidenten scharf anzugreifen. Er warf ihm vor, Spanien zu einem Protektorat der EU und des amerikanischen Präsidenten Obama zu machen. Der hatte Zapatero am gleichen Tag angerufen und ihn aufgefordert, strenge und strukturelle Maßnahmen gegen das öffentliche Defizit zu ergreifen. „Sie haben die sozialen Rechte beschnitten und befinden sich damit im Widerspruch zu dem was sie in den letzten Jahren predigen“, warf Rajoy dem Regierungschef vor.

Die Börse reagierte auf die Nachricht vom Sparprogramm der Regierung mit steigenden Kursen. Die Gewerkschaften dagegen haben protestiert. Ignacio Fernández Toxo, Generalsekretär der Comisiones Obreras stellte fest, Zapatero habe mit diesen Maßnahmen eindeutig die rote Linie überschritten.

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