Spanien steht unter Quarantäne

Verwaist: Der Paseo de La Castellana in Madrid am 16. März. Foto: EFE

Das Coronavirus sorgt im ganzen Land für verwaiste Straßen

Spanien – Nun hat auch Spanien wegen des Coronavirus eine landesweite Ausgangssperre verhängt. Um die Coronavirus-Epidemie wirkungsvoller zu bekämpfen, hat die spanische Regierung einen Alarmzustand mit der Dauer von 15 Tagen verkündet. Das bedeutet für die Bürger des Landes eine starke Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit. Vom Ministerrat wurde dazu ein Dekret erlassen, das nach einer sieben Stunden dauernden Krisensitzung von Präsident Pedro Sánchez an Samstagabend in einem Fernsehauftritt erläutert wurde. Am vergangenen Montag trat das Dekret in Kraft.
Während des Alarmzustands sind die 47 Millionen Einwohner von Spanien dazu verpflichtet, zu Hause zu bleiben. Ausnahmen gelten nur in Notfällen sowie zum Einkauf von Lebensmitteln, zum Besuch von Apotheken, des Krankenhauses oder für Angestellte, die ihre Arbeitsstelle erreichen müssen. Das hatte der Präsident bei seiner Fernsehansprache angekündigt. Urlauber dürfen an ihren Wohnsitz zurückkehren. Fluggesellschaften, Eisenbahn-, Bus- und Reederei-Unternehmen sind aufgefordert, ihren Betrieb zu reduzieren und nur noch einen Teil der Plätze anzubieten. Präsident Sánchez sprach von drastischen Maßnahmen. Der Alarmzustand sei für die maximale zulässige Dauer von 15 Tagen ausgerufen worden. Möglicherweise müsse er noch verlängert werden, dazu sei jedoch die Genehmigung des Parlaments erforderlich.
María Begoña, die Ehefrau von Pedro Sánchez, ist auch positiv auf das Coronavirus getestet worden. Gemeinsam mit ihrem Ehemann befolgt sie in seinem Amtssitz, dem Moncloa-Palast, die Anweisungen der Ärzte.
Nach Italien ist Spanien das von der Corona-Krise am stärksten betroffene Land in Europa. Die Zahl der Fälle steigt nach Angaben der Gesundheitsbehörden seit einigen Tagen geradezu sprunghaft an. Bei Redaktionsschluss am Dienstagmittag, 17. März um 12 Uhr, waren es 11.178 bestätigte infizierte Personen und 491 Todesfälle. Die Zahl der geheilten Personen, die am Coronavirus erkrankt waren, wird mit 530 angegeben.

Spaniens Präsident Pedro Sánchez sprach am Samstagabend im Fernsehen von „drastischen Maßnahmen, die große wirtschaftliche Folgen haben werden“. Foto: EFE
Spaniens Präsident Pedro Sánchez sprach am Samstagabend im Fernsehen von „drastischen Maßnahmen, die große wirtschaftliche Folgen haben werden“. Foto: EFE

Grenzen geschlossen

Inzwischen ist die spanische Regierung dem Beispiel anderer europäischer Staaten gefolgt und hat die Landesgrenzen geschlossen, außer für Staatsbürger und Residenten.
Die Kontrollen an den Grenzübergängen beziehen sich allerdings nicht auf den Warentransport, um die Produktionskette nicht zu gefährden. In der Grenzschließung sieht die Regierung eine wichtige Maßnahme, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. In Übereinstimmung mit den Gesundheits- und Innenministern der EU-Staaten wurde das Schengen-Abkommen vorübergehend außer Kraft gesetzt. „Es ist unser Ziel, die Kurve der mit dem Coronavirus Infizierten „abzubiegen“, sowohl in Spanien als auch auf europäischer Ebene, hatte Innenminister Fernando Grande-Marlaska erklärt. Er erinnerte am vergangenen Montag daran, dass Spanien sich der Zahl von 10.000 Infizierten nähert. Die Maßnahmen des am 14. März beschlossenen Dekrets beziehen sich nicht auf Andorra und Gibraltar.
Seit Montag sind also Restaurants, Bars, Freizeitanlagen und Sehenswürdigkeiten geschlossen. Die traditionellen Umzüge, wie die berühmten Prozessionen in der Karwoche, wurden verboten. Einzelhandelsgeschäfte, Bäckereien und andere wichtige Dienstleister dürfen öffnen. Auch Hotels können offenbleiben, wenn sie Gäste haben.
Nur wenige Minuten nachdem Sánchez am vergangenen Sonntag seine Fernsehansprache beendet hatte, brandete überall in Spanien Beifall auf. Der galt jedoch nicht dem Regierungschef, der mit seinem Kabinett den härtesten Einschnitt in die Rechte der Bürger in Zeiten der Demokratie beschlossen hatte. Vielmehr galt der Applaus den Ärzten und dem Krankenhauspersonal, die an der vordersten Front gegen die Epidemie kämpfen und nicht selten die Notaufnahmen der Krankenhäuser vor dem Kollaps bewahren müssen.
Die spanischen Politiker haben sich angesichts der schwierigen Situation im Lande geschlossen hinter den Präsidenten gestellt, was noch vor einigen Tagen völlig undenkbar gewesen wäre. Präsident Sánchez hat mit den Spitzen aller Parteien Gespräche geführt. Er hat zugesagt, heute, am Mittwoch, den 18. März, vor dem Parlament Bericht zu erstatten, und wird nach aller Wahrscheinlichkeit den Alarmzustand über die vorgesehenen 15 Tage hinaus verlängern.

Rückführungsaktion für Urlauber

In Europa haben sich die Staaten wegen der Ausbreitung des Coronavirus weitgehend abgeschottet. Viele Flüge sind ausgefallen, weshalb gestrandeten Urlaubern mit speziellen Aktionen geholfen werden muss. Mit 15 Sonderflügen hat die Lufthansa bis zu 4.000 Urlauber aus der Karibik und von den Kanarischen Inseln bis zum Mittwoch, dem 18. März, nach Deutschland zurückgeholt. Das teilte ein Sprecher der Lufthansa mit. Es handelt sich um Menschen, die wegen der Reisebeschränkung als Folge der Corona-Krise sonst nicht hätten zurückkehren können – Feriengäste von den Inseln aber auch Kreuzfahrtpassagiere. Touristikunternehmen und Reedereien hatten die Fluggesellschaft beauftragt, Urlauber zurückzufliegen.

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.