Steuerliche Diskriminierung bei Erbschaften und Schenkungen in den spanischen Autonomías


© Wochenblatt

Ein Artikel von Dr. Burckhardt Löber und Dr. Alexander Steinmetz

In dem seit März 2012 anhängigen Vertragsverletzungsverfahren zwischen der EU-Kommission und dem Königreich Spanien hat der Europäische Gerichtshof am 03.09. 2014 ein Urteil gesprochen (Az. C127-12).

Spanien wurde verurteilt, seine Steuergesetzgebung für Erbschaften und Schenkungen zu ändern und die steuerliche Diskriminierung von Nichtansässigen zu beseitigen.

Die Gesetze des Zentralstaats und die der Autonomías

Der Kern des Problems wurzelt in den komplizierten innerspanischen Steuerzuständigkeiten. Das spanische Erbschaftssteuerrecht ist in dem Gesetz Nr. 27/1987 geregelt. Das Gesetz 22/2009 teilt die Gesetzgebungskompetenzen aber zwischen dem Zentralstaat und den Autonomías auf. Danach werden Erwerbe (Erbschaften und Schenkungen) der in Spanien nicht ansässigen Steuerpflichtigen durch das zentralspanische Erbschaftssteuergesetz besteuert, während für in Spanien ansässige Steuerpflichtige regionale Erbschafts- und Schenkungssteuergesetze der Autonomías Anwendung finden. Im Bereich des Erbschaftssteuerrechts gilt die Zuständigkeit der spanischen Gebietseinheit, in welcher der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Aufgrund dieser Ermächtigung erließen alle Autonomías eigene Erbschafts- und Schenkungssteuergesetze. Die Anwendung dieser regionalen Steuergesetze setzt stets voraus, dass der Steuerpflichtige in Spanien ansässig ist. Die Vorschriften der Autonomías sehen, wie das nachstehende Beispiel der Kanarischen Inseln zeigt, eine erhebliche steuerliche Besserstellung von Gebietsansässigen gegenüber Gebietsfremden vor.

Beispielfall: Ein verwitweter Mann hinterlässt auf Teneriffa eine Immobilie mit Hausrat im Gesamtwert € 200.000. Erben sind je zur Hälfte seine beiden volljährigen Kinder. Bei Ansässigkeit von Erblasser und Erben im Ausland beläuft sich die Erbschaftssteuer pro Miterben auf 21.723,84 Euro. Hierbei ist ein Freibetrag in Höhe von 15.956,87 Euro bereits berücksichtigt. Sind dagegen Erblasser wie Erben auf den Kanaren gebietsansässig, brauchen sie keine Erbschaftssteuer zu zahlen (Dekret 1 /2009), denn für sie gilt ein allgemeiner Freibetrag von 23.125 Euro sowie für den Erwerb der Wohnsitz­immobilie eine Steuervergünstigung von 99%.

Verletzung des Prinzips der Kapitalverkehrsfreiheit

Die EU-Kommission sah bei der Besteuerung von in der Autonomía ansässigen Steuerpflichtigen eine deutliche Besserstellung gegenüber Nichtansässigen, also eine Diskriminierung. Spanien hat vergeblich versucht, sich vor dem EuGH gegen den Vorwurf der diskriminierenden Besteuerung damit zu verteidigen, dass die EU nicht berechtigt sei, in innerspanische Kompetenzzuweisungen einzugreifen. Beanstandet wurde, dass der spanische Zentralstaat dadurch, dass er den Comunidades Autónomas für die Erbschafts- und Schenkungssteuer Gesetzgebungskompetenzen nur von Ansässigen zugewiesen hat, der Diskriminierung „Tür und Tor geöffnet“ habe. In dieser Situation sei eine der EU-Grundfreiheiten, das Prinzip des freien Kapitalverkehrs, nicht mehr gewährleistet (Verletzung des Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union).

Praktische Ratschläge

Obwohl noch nicht abzusehen ist, wie der spanische Staat und die Autonomías auf das EuGH-Urteil reagieren und welche Maßnahmen im Einzelnen getroffen werden, sollte man als steuerlich Betroffener Vorkehrungen treffen.

A) Wer in den letzten Jahren als Erbe oder Beschenkter in Spanien entsprechende Steuer entrichtet hat, sollte umgehend alle entsprechenden Unterlagen wie die Erbschaftsteuererklärung und Zahlungsbelege etc. sammeln.

B) Wegen der Gefahr der Verjährung von steuerlichen Erstattungsansprüchen sollten Maßnahmen gegen den Eintritt der Verjährung ergriffen werden.

C) Nach Erlass der neuen steuerlichen Regelungen für Erbschaften und Schenkungen sollten Rückerstattungsansprüche gegenüber der jeweiligen Steuerverwaltung exakt errechnet und geltend gemacht werden.

D) Eine Gesamtdarstellung der deutsch-spanischen Erbschafts- und Erbschaftssteuersituation auch mit Blick auf die neue EU-Erbverordnung erscheint im Oktober 2014 in 5. Auflage unter dem Titel „Erben und Vererben in Spanien“ im Verlag edition für internationale wirtschaft, Frankfurt. Autoren: Dr. Burckhardt Löber und Prof. Dr. Erhard Huzel. Der Titel ist zu beziehen über die Verlagsauslieferung Jenior, Marienstraße 5, D-34117 Kassel (Preis 48 €), Tel.: 0561-7391621, E-Mail: jenior@aol.com, www.jenior.de oder über den Buchhandel.

Die Autoren sind Rechtsanwälte der Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB Löber & Steinmetz in Frankfurt am Main und Köln. Dr. Löber ist zugleich Abogado mit Zulassung in Valencia. Kanzleidaten sind folgende:

Kaulbachstr. 1   D-60594 Frankfurt am Main  Tel: + 49 (0) 69 – 96 22 11 23  info@loeber-steinmetz.de 

www.loeber-steinmetz.de

und

Im Mediapark 8

D-50670 Köln

Tel: + 49 (0) 221 55 40 55 18

Fax: + 49 (0) 221 55 40 5 45

r.garcia@loeber-steinmetz.de

Über Wochenblatt

Das Wochenblatt erscheint 14-tägig mit aktuellen Meldungen von den Kanaren und dem spanischen Festland. Das Wochenblatt gilt seit nunmehr 36 Jahren als unbestrittener Marktführer der deutschsprachigen Printmedien auf den Kanarischen Inseln.