Stürmische Nacht in der Cueva Bonita


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Drei Taucher und ein Feuerwehrmann riskierten ihr Leben, um Verunglückte aus der Grotte von Tijarafe zu befreien

Die „Cueva Bonita“ ist eine Höhle an der Küste von Tijarafe, die mit Meerwasser gefüllt ist. Durch ihre beiden Eingänge kann man nur mit einem Boot gelangen. Belohnt wird man für dieses Wagnis mit tiefblauem Wasser und beeindruckendem Farbenspiel im Inneren, das der Grotte den Titel „Sixtinische Kapelle des Atlantiks“ eingebracht hat.

Dieses Erlebnis wollten sich ein Einheimischer aus Todoque und ein Freund, der vom spanischen Festland zu Besuch gekommen war, nicht entgehen lassen. Sie unternahmen am Abend des 20. September einen Bootsausflug in die Höhle, um sich von dort den Sonnenuntergang anzusehen. Doch während ihres Aufenthaltes in der zehn Meter hohen Grotte verschlechterten sich die Wetterbedingungen zusehends. Der hohe Seegang versperrte ihnen die Ausfahrt und brachte ihr Boot zum Kentern. Die beiden Männer von 60 und 55 Jahren retteten sich leicht verletzt auf einen Felsvorsprung und saßen nun, von aller Welt abgeschnitten, fest.

Glücklicherweise kam ein zurückkehrendes Ausflugsschiff in der Nähe vorbei, und die Besatzung war geistesgegenwärtig genug, zu bemerken, dass in der Höhle etwas nicht stimmte. Starker Treibstoffgeruch und Lichtschein im Inneren hatten zunächst ihre Aufmerksamkeit erregt, dann hörten sie Hilferufe. Ein Versuch, sich der Höhle zu nähern, scheiterte an der unruhigen See, und so blieb nichts anderes übrig, als gegen 21.00 Uhr den Notruf auszulösen.

Drei Rettungsschiffe und ein Hubschrauber kamen zum Einsatz, doch auch den professionellen Rettern gelang es nicht, mit dem Boot in die Höhle vorzudringen. Auf einem der Schiffe befanden sich drei Taucher einer Spezialeinsatzgruppe. Diesen gelang es in einer waghalsigen Aktion in die Höhle hineinzuschwimmen. Mit sich führten sie ein 200 Meter langes Seil, welches an einem der Rettungskreuzer vertäut war.

In der Höhle fanden sie die Verunglückten mit Hilfe ihrer Helmlampen. Einer  von ihnen hatte eine Verletzung am Knie erlitten, der andere eine Rippenprellung. Nachdem sich die Retter vergewissert hatten, dass die beiden nicht lebensgefährlich verletzt waren, halfen sie ihnen, in einen geschützteren Teil der Höhle zu gelangen und beschlossen, dort auf einem schmalen kleinen Strand zu warten, bis sich die Dünung, die mit Wellen von zwei Metern Höhe unregelmäßig gegen die Ausgänge donnerte, etwas beruhigen würde. Die ganze Nacht harrten sie, zeitweise bis zu den Knien im Wasser, aus und lauschten und fühlten das apokalyptische Krachen der Wogen gegen die Felswände.

Gegen Morgen riss unglücklicherweise die Verbindungsleine zum Schiff. Daraufhin nahm ein einzelner Helfer von der freiwilligen Feuerwehr das Risiko auf sich, schwimmend ein zweites Seil zu den Eingeschlossenen zu bringen. Es dauerte eine Stunde, bis er – am Ende seiner Kräfte – die fünf Männer an ihrem Rückzugspunkt in der Höhle erreichte.

Gegen neun Uhr am nächsten Morgen hatte sich die See

so weit beruhigt, dass man

es wagte, vom Schiff aus die Rettungsleine einzuholen und alle sechs gleichzeitig mit einem Floß, das die Retter improvisiert hatten, aus der Höhle hinauszuziehen. Schon wenig später konnten die beiden Geretteten im Hafen von Tazacorte von Bord gehen. Das beschädigte Boot wurde ebenfalls geborgen und in den Hafen geschleppt.

Ein Zwischenfall im Jahr 1997 ging leider nicht so glimpflich aus, denn als damals, am 14. April, ein Schiff mit sieben Deutschen und einem Passagier von La Palma an Bord in die „Cueva Bonita“ hineinfuhr, wurde es ebenfalls durch die Dünung daran gehindert, wieder hinauszufahren und schlug durch den Seegang um. Ein Lokalpolizist und drei Rettungsschwimmer, die sich bei dem Einsatz selbst in Lebensgefahr brachten, konnten damals sechs der Ausflügler retten, doch der Kapitän und ein Matrose, beides Deutsche, kamen ums Leben.

Die Cueva Bonita – sehenswert und schwer zugänglich

Das Atlantikzimmer

Früher hieß sie die Candelaria-Höhle, nach dem gleichnamigen Anleger, der sich in alten Zeiten in der Nähe befand. Immer schon wurde sie auch die „Schöne Höhle“, la Cueva Bonita, genannt.

Sie liegt, vom Meer aus gesehen, etwa hundert Meter rechts von der Mündung des Barranco del Jurado im Gemeindegebiet Tijarafe auf La Palma.

Der Chronist Juan Bautista Lorenzo Rodríguez (1841-1908) beschreibt sie in seinen „Notizen zur Geschichte La Palmas“ folgendermaßen: „Einmal in der Höhle kann sich der Reisende nicht entscheiden, was er mehr bewundern soll, das Gewölbe, welches sie überspannt, überzogen mit blauem, weißem und grünem Farbenspiel, als wäre sie aus feinstem, poliertem Marmor, oder den klaren Grund derselben, wo man, zur Erbauung des Gemüts und der Augen, kleine Fischchen hin- und hereilen sehen kann.

Diese berühmte Höhle hat zwei große Eingänge, durch die das Meer ständig ein- und ausströmt, drinnen aber ist es ruhig und sanft. Ein Zugang öffnet sich nach Norden und misst in der Breite vierzehn Ellen, der andere nach Westen und misst zwanzig kastilische Ellen. Das Innere ist sehr groß, dreiundzwanzig kastilische Ellen tief, einhundert breit und zwölf hoch.“

Unter den Einheimischen ist überliefert, dass sich im 17. Jahrhundert, als es Überfälle durch die Berber und die Araber gab, immer wieder Fischer dank der Cueva Bonita vor ihnen retten konnten, weil sie zu einem Eingang hinein- und zum anderen hinaus- flüchteten, während die nicht ortskundigen Verfolger vor der Höhle darauf warteten, dass sie wieder herauskommen würden.

Plausibel werden diese Geschichten durch die Existenz der „Landzunge des Mauren“ ganz in der Nähe der Höhle, deren Name von den Besuchen der Nordafrikaner auf der Insel zeugt.

Auch die großen Künstler der heutigen Zeit fühlten sich durch die imposante Grotte inspiriert. César Manrique und Pepe Dámaso gaben ihr Namen wie „Die Sixtinische Kapelle der modernen Kunst“ und „Atlantikzimmer“.

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