Toter zahlte pünktlich seine Rechnungen


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Eine Hausbesetzerin fand den Verstorbenen

Dreieinhalb Jahre lang lag ein Bewohner der Stadt Valladolid tot in seiner Wohnung in der Calle Templarios 1 im Arbeiterviertel La Pilarica, ohne dass sein Ableben bemerkt worden wäre.

Valladolid – Möglich wurde dies vor allem, weil die Rente des zum Zeitpunkt seines Todes etwa 60-jährigen Ángel Oñate weiterhin auf seinem Konto einging und auch die meisten Rechnungen automatisch bezahlt wurden.

Da in dem Mehrfamilienhaus einige Wohnungen in der Folge der grassierenden Zwangsräumungswelle in Bankbesitz gefallen sind und leer stehen, hatten schon seit Längerem obdachlos gewordene Familien begonnen, diese zu besetzen. Eine Frau, die den Eindruck gewonnen hatte, dass auch Oñates Wohnung unbenutzt sei, verschaffte sich Mitte Juni Zugang, fand seinen mumifizierten Leichnam im Wohnzimmer neben einem angeschlossenen Heizlüfter und benachrichtigte die Polizei.

Indizien weisen darauf hin, dass Ángel Oñate im Dezember 2010 verstorben sein muss. In diesem Monat war er das letzte Mal persönlich auf der Bank. Ein vergilbter Notizkalender, der neben dem Toten gefunden wurde, weist ebenfalls in diesem Zeitraum die letzte Eintragung auf, und auch die letzte Zahlung der Hausnebenkosten, für die es keinen Dauerauftrag gab, erfolgte Ende 2010.

Ángel Oñate stammte ursprünglich aus dem 200 Kilometer entfernten Miranda de Ebro und war Schweißer und Industriemechaniker. Nachdem er sich 1982 von seiner Frau und seiner kleinen Tochter getrennt hatte, zog er sich vollständig von allen Familienangehörigen zurück und pflegte auch zu seinen Nachbarn keinen Kontakt. Sein älterer Bruder aus Miranda de Ebro machte im letzten Jahrzehnt verschiedene Versuche, ihn zu finden, scheiterte jedoch, obwohl er viel Geld in die Hilfe von Anwälten investierte, am Datenschutz und am Desinteresse der Behörden. Auch die inzwischen erwachsene Tochter unternahm mehrere fruchtlose Versuche, ihn zu finden.

So wurde er zunächst im Jahr 2012 als vermisst erklärt, und 2013 begann seine Tochter, die seit 1985 nichts mehr von ihm gehört hatte, mit den Formalitäten, ihren Vater für tot erklären zu lassen. In all der Zeit der Bekanntmachungen im staatlichen Mitteilungsblatt und der Suche hätte ein simpler Abgleich mit den Daten der Seguridad Social, die dem Verstorbenen die Rente überwies und auch gleichzeitig Krankenversicherung ist, leicht – und eventuell sogar noch zu Lebzeiten – zu dem Vermissten führen können. Entsprechende Nachforschungen scheinen jedoch im Zuge der gerichtlichen Verfahren zu Vermissten- und Todeserklärungen nicht üblich zu sein.

Die Autopsie ergab, das Ángel Oñate eines natürlichen Todes gestorben ist, vermutlich durch einen Infarkt.

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