Und plötzlich stand alles still


Foto: Moisés Pérez

Der Totalausfall der Seilbahn hatte eine umfangreiche Bergungsaktion zur Folge. Mehr als 200 Personen waren in den Gondeln und am Gipfel „gefangen“. 93 Personen mussten die Nacht auf dem Vulkan verbringen.

Die 93 Touristen, die nicht zu Fuß absteigen konnten und bei der Bergungsaktion am 15. März wegen Einbruchs der Dunkelheit nicht abgeholt werden konnten, wurden nach der unfreiwilligen Übernachtung auf über 3.000 Metern am darauf folgenden Vormittag mit Hubschraubern zur Talstation der Seilbahn geflogen. Foto: Consorcio de Bomberos

Teneriffa – Der Ausflug in den Nationalpark Las Cañadas del Teide gehört zu den Unternehmungen, die Urlauber auf der Insel ganz oben auf ihrem Programm stehen haben. Täglich nutzen Hunderte Besucher des Nationalparks die Seilbahn, um Höhenluft zu schnuppern und die herrliche Aussicht – bei gutem Wetter auf fast alle Inseln – zu genießen. Im Jahr 1971 in Betrieb genommen, befördert die Luftseilbahn seit 46 Jahren Besucher sicher von der Basisstation auf 2.356 Metern zur Bergstation auf 3.555 Metern. Und dies all die Jahre ohne nennenswerte Zwischenfälle.

Am 15. März musste jedoch der Notfallplan umgesetzt werden, den die Mitarbeiter der Firma Teleférico del Teide seit Jahren immer wieder geprobt haben. Um 13.35 Uhr kam es plötzlich zu einem Totalausfall bzw. Stillstand der Seilbahn. Die beiden Kabinen blieben in jeweils circa 400 Metern Entfernung zu der Basis- und der Bergstation stehen. Das Sicherheitssystem der Seilbahn löste einen Alarm aus, der die Maschine blockierte. Die Ursache für den Ausfall war auch Tage danach noch ungeklärt. Es konnte weder an der Mechanik noch an der Elektronik ein Defekt festgestellt werden.

Die Gondeln blieben in circa 35 Metern Höhe stehen. Durch eine Luke im Boden wurden die Passagiere bis zum Boden abgeseilt. Foto: EFE

Nachdem die Mitarbeiter der Seilbahn erfolglos versucht hatten, die Kabinen nach dem automatisch ausgelösten Sicherheitsstopp wieder in Gang zu setzen, wurde angesichts der Uhrzeit – es war mittlerweile Nachmittag – beschlossen, den Notfallplan umzusetzen und die Fahrgäste noch vor Sonnenuntergang aus den Gondeln zu evakuieren.

Mitarbeiter der Seilbahngesellschaft und Angestellte des Nationalparks, Feuerwehrleute, Polizisten, Zivilschutzbeamte, Mitarbeiter des Roten Kreuzes und der Notfallleitstelle des Cabildos, führten den Plan sicher und koordiniert durch. Die 77 Personen, die in den beiden Seilbahnkabinen bergwärts und talwärts gefangen waren – jede Kabine kann maximal 44 Personen befördern –, wurden durch eine Luke an einem Seilsitz abgeseilt. Für Notfälle dieser Art fährt in jeder Seilbahnkabine stets ein Mitarbeiter mit, der in diesem Fall erstmals die eingeübte Evakuierung der Kabine übernahm. Nach über drei Stunden, in denen die Passagiere trotz ihrer Notlage die Ruhe bewahrten, wurden sie aus den Gondeln befreit. Diejenigen, die sich in der Nähe der Basisstation befanden, konnten bis dortin absteigen. Unterstützt wurden sie dabei von Mitarbeitern des Roten Kreuzes und Polizisten. Die Fahrgäste der Gondel, die kurz vor der Bergstation stehengeblieben war, stiegen bis dorthin auf. Viele von ihnen und die rund 160 Personen, die sich zum Zeitpunkt des Seilbahnausfalls auf den Wanderwegen unterhalb des Gipfels befanden, konnten zu Fuß absteigen. Einige der wackeren unfreiwilligen Wanderer trafen erst nach Einbruch der Dunkelheit an der Basisstation ein und wurden von Rettungskräften mit Taschenlampen unterstützt.

Diejenigen, die nicht in der Lage waren, zu Fuß abzusteigen, mussten die Nacht in einem Gebäude an der Bergstation bzw. in der etwas unterhalb gelegenen Schutzhütte verbringen. Sie wurden von Rettungskräften betreut, und mit Decken, Essen und heißer Schokolade versorgt.

Nach Einbruch der Dunkelheit starteten Rettungskräfte mit vollgepackten Rucksäcken Richtung Gipfel. Dort versorgten sie die 93 Personen, die die Nacht in dem Notquartier auf dem höchsten Gipfel Spaniens verbringen mussten. In der Schutzhütte Altavista verbrachte eine Ärztin des kanarischen Notdienstes die Nacht bei den Betroffenen und kümmerte sich um Personen mit Symptomen der Höhenkrankeit, Blutdruckproblemen, Unterkühlung oder leichten Prellungen.

238 Personen unverletzt gerettet

Am frühen Morgen des 16. März wurde die Bergungsaktion bei gutem Wetter fortgesetzt. Vier Hubschrauber waren daran beteiligt. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die Landung auf dem Gipfel des Vulkans eine heikle und komplizierte Angelegenheit ist. Bis 11.00 Uhr waren alle Personen sicher und unverletzt am Fuße des Teide abgesetzt worden. Psychologen halfen so gut es ging, das Erlebte zu bewältigen.

Unterdessen wurde in der Talstation weiter nach den möglichen Ursachen geforscht, die den Alarm ausgelöst und zum Stillstand der Seilbahn geführt hatten. Techniker des Schweizer Herstellers Doppelmayr Garaventa reisten an, um sich an der Untersuchung zu beteiligen. Auch ein Experte des Seilherstellers Fatzer kam aus der Schweiz.

Die Seilbahngesellschaft versicherte, dass die Seilbahn sämtliche regelmäßigen Wartungsauflagen erfüllt. Es werden wöchentliche und tägliche Inspektionen durchgeführt und alljährlich eine Wartung durch das Institut für Fördertechnik und Logistik der Universität Stuttgart. Einmal im Jahr wird der Evakuierungsplan vom Personal geprobt, und im Jahr 2013 fand eine groß angelegte Simulation einer Not-Evakuierung mit Freiwilligen statt. Vermutlich führten die beiden Angestellten der Teideseilbahn, die in den Kabinen mitfuhren, deshalb die Evakuierung der Fahrgäste per Seilwinde so souverän durch.

In den vergangenen Tagen arbeiteten die aus der Schweiz angereisten Experten gemeinsam mit den Angestellten der Seilbahngesellschaft auf Hochtouren, um den Grund für die Panne herauszufinden. Dass die Untersuchung länger als geplant dauerte, lag an den widrigen Wetterbedingungen, denn die Arbeiten mussten wegen Schnee und Wind mehrere Tage unterbrochen werden.

Für den 21. März war eine Besprechung der Ingenieure und Experten der beiden Schweizer Unternehmen Doppelmayr Garaventa, Lieferant der Seilbahnkabinen, und Fatzer, verantwortlich für die Seile, angekündigt, um das Ergebnis der Untersuchung auszuwerten und die Ursache für den Ausfall zu bestimmen. Bei Redaktionsschluss stand die Information leider noch nicht zur Verfügung.

Auf der Website www.volcanoteide.com teilte die Seilbahngesellschaft am 21. März mit, dass der Betrieb am Donnerstag, dem 23. März unter Gewährleistung maximaler Sicherheit wieder aufgenommen wird.

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