Venezolaner auf den Kanaren fordern Freiheit für ihre Heimat


Wilmer Guaidó vor dem Sitz der Kanarenregierung in Santa Cruz. Fotos: EFE

An der Kundgebung am 1. Mai in Santa Cruz nahm auch Wilmer Guaidó, Vater von Juan Guaidó, teil

Teneriffa – Als am 30. April der venezolanische Interimspräsident Juan Guaidó den Oppositionspolitiker Leopoldo López aus dem Hausarrest befreien ließ und den Eindruck einer von der Armee unterstützten Rebellion erweckte, riefen die Vereinigungen der in Spanien lebenden Venezolaner zu Kundgebungen auf. Auf den Kanarischen Inseln, Region mit den engsten Beziehungen zu Venezuela und der größten venezolanischen Bevölkerungsgruppe, war es unter anderem die Unión Canario Venezolana (UCVE), die zur Demonstration in Santa Cruz aufrief. Auch am Folgetag, dem 1. Mai, der nach dem Aufruf des venezolanischen Interimspräsidenten Juan Guaidó der historische Tag der Befreiung werden sollte, fanden sich nach Aufruf durch die UCVE viele Venezolaner in Santa Cruz zu einer erneuten Kundgebung ein. Wilmer Guaidó, der auf Teneriffa lebende Vater des venezolanischen Interimspräsidenten, war dabei und sprach vor den Anwesenden.

Auf den Kanaren verfolgen Zehntausende Venezolaner die Geschehnisse in ihrer Heimat. Viele sind in den vergangenen Jahrzehnten vor der desolaten Situation Venezuelas, vor der Unsicherheit, der Kriminalität, der schwierigen Wirtschaftslage und dem zunehmenden Mangel an grundlegenden Waren, Lebensmitteln und Medikamenten geflüchtet. Im vergangenen Jahrhundert waren viele Canarios noch auf der Suche nach einem besseren Leben nach Venezuela ausgewandert, weswegen das Land hier auch „achte Insel“ genannt wird. Seit der Machtübernahme von Hugo Chávez vor zwanzig Jahren waren es insbesondere ihre Kinder und Enkel, die auf die Inseln auswanderten. Wilmer Guaidó, Vater des venezolanischen Übergangspräsidenten Juan Guaidó, verließ Venezuela vor 16 Jahren. Seine beiden Söhne, die sich im Studium befanden, blieben zurück. Der ehemalige Cargo-Pilot lebt heute mit seiner zweiten Ehefrau und zwei Töchtern in El Médano und arbeitet als Taxifahrer.

Die auf den Kanaren lebenden Venezolaner fiebern mit den Geschehnissen in der Heimat mit. Fotos. EFE

Als am 30. April die Nachrichten aus der Heimat eintrafen und nach mehrmonatigem Stillstand nun die definitive Rebellion gegen das diktatorische Regime von Nicolás Maduro sich abzuzeichnen schien, organisierte die UCVE eine Kundgebung. Vor dem venezolanischen Konsulat in der Avenida Marítima in Santa Cruz, dem einzigen auf den Kanarischen Inseln, fanden sich rund Hundert Venezolaner ein, schwenkten gelb-blau-rot-gestreifte Fahnen und forderten den Rücktritt von Maduro und Freiheit für Land und Menschen. Zu der Hoffnung auf den langersehnten Umbruch gesellte sich jedoch auch die Sorge um diejenigen, die vor Ort auf der Straße ihre Forderungen friedlich durchzusetzen suchten. Er hoffe auf einen Sieg der Vernunft und des Friedens, erklärte einer der Anwesenden. Maduro solle einsehen, dass seine Zeit vorbei sei, und die Macht abgeben. Er habe das Volk in die Misere getrieben. Es gäbe keine Medikamente, keine Nahrung, keine Arbeit, keinen Strom, kein Wasser. Das Volk sei es leid. Agustín Rodríguez, Präsident der Vereinigung, erklärte, von Santa Cruz aus wolle man die Bewegung in der Heimat unterstützten. Die Menschen dort sollten wissen, dass die im Ausland lebenden Venezolaner von dort aus für die Freiheit des Landes eintreten würden. Die Teilnehmer zogen unter dem Ruf „El pueblo unido jamás será vencido“ (Das vereinte Volk wird niemals besiegt werden) bis auf die Plaza de España.

Zwar erhielt Juan Guaidó nicht den erhofften Rückhalt des Militärs, sodass der Machtwechsel nicht vollzogen werden konnte, doch gab sich der junge Oppositionsführer standhaft und entschlossen und rief zu friedlichen Protesten am 1. Mai auf. Die UCVE folgte dem Aufruf und organisierte ebenfalls eine Kundgebung in Santa Cruz. Auf der Plaza de España fanden sich am späten Nachmittag wieder über Hundert Venezolaner ein, um den Rücktritt von Maduro sowie Demokratie und Freiheit für ihr Land zu fordern. Unter ihnen war auch Wilmer Guaidó. Vor den Anwesenden erklärte er, seinem Sohn ginge es gut und er sei fest entschlossen, weiterzukämpfen. Trotz der Einschüchterungsversuche seitens Maduro seien Hunderttausende dem Aufruf seines Sohnes zur Demonstration am 1. Mai in Caracas gefolgt. Guaidós Vater zeigte sich besorgt über die großen Spannungen im Land. „Das Volk sehnt die Freiheit herbei und will aus dieser Lage heraus, die einem Horrorfilm gleicht.“ Und: „Es gibt kein Zurück.“ Die Rückkehr zur Demokratie stehe kurz bevor.

Moisés Fernández, Vizepräsidnet der UCVE, fügte hinzu, das Regime von Maduro sei im Fall begriffen. Guaidó habe einen weiteren Schritt in Richtung D-Day unternommen, doch noch sei dieser Tag nicht gekommen. „Wir müssen weiter kämpfen.“

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