Verdopplung der sozialversicherten Pflegepersonen


Frauen, die Angehörige pflegen, sind oft nicht sozialversichert und verlieren deshalb Rentenansprüche. Foto: Pixabay

Seit April übernimmt der Staat wieder die Beiträge von pflegenden Angehörigen

Madrid – Innerhalb von gut einem Monat hat sich die Zahl pflegender Angehöriger, die bei der Seguridad Social versichert sind, mehr als verdoppelt. Der Grund dafür ist ein Gesetzesdekret, welches am 1. April 2019 in Kraft getreten ist. Demzufolge übernimmt der Staat ab sofort die Sozialversicherungskosten pflegender Angehöriger. Seit den Sozialkürzungen von 2012 durch die Regierung Rajoy hatten die Familien des Pflegebedürftigen die Sozialbeiträge der Pflegeperson selbst aufzubringen, was meist aus Geldknappheit unterblieb. Das neue Dekret zeigte sofortige und durchschlagende Wirkung: Waren Ende März nach Angaben der Seguridad Social insgesamt nur 7.304 Personen aus der privaten Pflege sozialversichert, so hat sich die Zahl bis Anfang Mai auf 16.695 mehr als verdoppelt.

Vor dem großen Einschnitt, der Mitte Juni 2012 erfolgte, waren rund 179.000 pflegende Angehörige bei der Seguridad Social angemeldet. Im November desselben Jahres, zu dem Zeitpunkt, ab welchem die Betroffenen die Beitragszahlungen selbst hätten übernehmen müssen, fiel die Zahl drastisch auf 25.350.

In dieser Zeit verloren pflegende Angehörige, die, weil ein behindertes Kind oder pflegebedürftige Senioren zu versorgen waren, ihre Erwerbsarbeit aufgeben mussten, nicht nur die für sie kostenlose Mitgliedschaft in der Sozialversicherung. Zeitgleich wurden damals auch die Zuwendungen für Schwerbehinderte, im Volksmund „paguilla“ genannt, die in der Größenordnung um 500 Euro angesiedelt waren, um über hundert Euro gekürzt, und verschiedene weitere praktische und finanzielle Sozialleistungen konnten nicht mehr zusätzlich zu dieser Zahlung in Anspruch genommen werden. Ein finanzieller Kahlschlag, der schwerwiegende Folgen hatte. Der Mehrzahl der pflegenden Angehörigen, meist Frauen, blieb keine Wahl, als sich von der Seguridad Social abzumelden und somit ihre Rente in Gefahr zu bringen, da die „paguilla“ kaum ausreicht, um die Bedürfnisse des Pfleglings abzudecken.

Obwohl die Leistungen für die Pflege im familiären Umfeld als zeitlich begrenzte Ausnahmeleistung eingeführt wurde, hat sie sich mittlerweile fest etabliert. Vor sieben Jahren machte sie fast die Hälfte (um 45%) aller genehmigten Sozialleistungen aus. Heute liegt der Anteil bei gut 30% und übersteigt in den autonomen Regionen Valencia, Navarra, Murcia und auf den Balearen sogar die 50%.

Frauenrechtlerinnen fordern, die Leistungen und Pflegeangebote deutlich zu verbessern und auszubauen, da die zunehmende Gewährung des Pflegegeldes die Frauen benachteilige. Denn meistens sind sie es, die auf ein Berufsleben verzichten müssen, um Angehörige zu versorgen.

Zurzeit erhalten 409.000 Behinderte und Pflegebedürftige das Pflegegeld, doch nur 16.695 Pflegende führen Sozialbeiträge ab. Die Regierung erwartet, dass die Anmeldungen bei der Seguridad Social durch das neue Gesetz weiter steigen werden, und fordert von den Regionalregierungen und den Sozialdiensten, dass sie die Bürger aktiv über das Recht der Pflegenden, sozialversichert zu sein, aufklären.

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