Die Familie lebt in quälender Unsicherheit darüber, ob und wann sie nach Hause zurückkehren kann
Seit dem großen Medienecho, welches die vorübergehende Inhaftierung von Josefa Hernández in Tahiche auf Lanzarote im August 2015 auslöste, heißt sie nur noch die „Großmutter von Fuerteventura“. Die damals 63-Jährige hatte aus finanziellen Gründen einem Urteil aus dem Jahr 2012 nicht Folge leisten können, das sie verpflichtete, wegen Umweltauflagen einen Holzanbau an der von ihren Eltern ererbten, ärmlichen Bauernkate, die sie mit ihren Kindern und Enkeln bewohnte, abzureißen.
Das Verfahren gegen sie wurde nun auf Anordnung der Richterin Cristina Pinilla vom Amtsgericht Nr. 6 in Puerto del Rosario vorläufig eingestellt. Auch der Staatsanwalt am Provinzgerichtshof von Las Palmas, Carlos Fernández Seijó, hat die Einstellung des Verfahrens beantragt, da keine Straftat vorliege.
Der Antritt der wegen Ungehorsams gegen das Abriss-Urteil verhängten sechsmonatigen Haft hatte Josefa sehr mitgenommen, weil ein arbeitsloser Sohn, eine leicht behinderte Tochter und deren drei Kinder bei ihr leben und von ihr abhängen. In der Öffentlichkeit löste der Vorgang große Empörung aus. Schon wenige Tage später wurde Hernández durch den Provinzgerichtshof Las Palmas wieder entlassen, kurz bevor eine Begnadigung durch das spanische Parlament der unverhältnismäßigen Haftstrafe ebenfalls ein Ende gesetzt hätte.
Die „Großmutter von Fuerteventura“ lebt zurzeit mit Sohn, Tochter und den drei Enkeln vorrübergehend in einer Wohnung in der Inselhauptstadt Puerto del Rosario, die ihr von der Kanarenregierung zur Verfügung gestellt wurde. Mit Unterstützung der lokalen Behörden soll der Teil des Hauses, welcher illegal auf dem Gebiet des Naturparks Betancuria errichtet wurde, abgerissen und der Rest des Hauses, 70 Quadratmeter, kein Bad, kaputtes Dach, für die Familie bewohnbar gemacht werden. Die neue Frist für den Abriss, bis zum 28. Februar, ist jedoch trotz des Engagements des Ayuntamientos von Betancuria und der Inselregierung von Fuerteventura verstrichen, ohne dass die Auflagen erfüllt wurden.
Josefa, die das Landleben in ihrem Heimatort gewöhnt ist, fühlt sich in der Stadt nicht wohl und eingesperrt. Sie macht sich darüber hinaus Sorgen über die Zukunft, denn die Einkünfte der sechsköpfigen Familie betragen nur 740 Euro monatlich und reichen nicht aus, um die Miete einer Stadtwohnung zu bezahlen. Die versprochene Renovierung und Rückkehr in ihr Häuschen lässt nun schon seit Monaten auf sich warten.
In einem Videointerview mit der kanarischen Tageszeitung La Provincia bringt sie die Absurdität ihrer Situation auf den Punkt. Auf Fuerteventura, so sagt sie, würden viele Familien unter ähnlichen Umständen leben, leben müssen, wie sie. Sie komme sich vor, als würde sie stellvertretend für alle anderen zur Rechenschaft gezogen. Man merkt Josefa an, dass ihr Leben in dem kleinen Häuschen im Ortsteil Campoviejo zwar einfach war und von Mangel und Improvisation geprägt, dessen ungeachtet aber auch selbstbestimmter und würdevoller als die Umsiedelung in eine andere Stadt, in eine geliehene Wohnung, ohne klaren Zeitplan, ohne Perspektive und ohne die Möglichkeiten, sich selbst zu helfen, die das Leben im eigenen Heimatort auf dem Lande bietet.
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