Vier afrikanische Flüchtlinge nach Ankunft auf den Kanaren gestorben


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Cayuco mit 123 Menschen erreichte El Hierro. Zwei Immigranten starben noch am Hafen – einer davon war vermutlich minderjährig

Die Ziffer klingt wie Hohn. Die Statistik der Regierung spricht mittlerweile von 45 toten Immigranten im Laufe dieses Jahres. Diese Menschen sind entweder tot auf den Inseln angekommen oder kurz nach ihrer Ankunft gestorben.

El Hierro/Teneriffa – Nicht berücksichtigt wird die sehr hoch geschätzte Dunkelziffer derjenigen, die auf hoher See starben und von ihren Mitreisenden über Bord geworfen wurden oder gar ganzer Boote, die mit Motorschaden abgedriftet, gekentert oder für immer verschwunden sind.

Das Ausmaß des Dramas wurde vor wenigen Tagen erneut deutlich, als ein Cayuco mit 123 Afrikanern an Bord El Hierro erreichte. Das Flüchtlingsboot hatte ohne zuvor entdeckt worden zu sein den kleinen Hafen von La Restinga erreicht. Zwei Menschen starben kurz nach der Ankunft – einer davon war vermutlich minderjährig. Acht weitere Flüchtlinge wurden in kritischem Zustand in verschiedene Krankenhäuser gebracht. Knapp zwei Tage später starb einer von ihnen im Krankenhaus La Candelaria auf Teneriffa. Es wird vermutet, dass sie an den Folgen schwerer Unterkühlung und Dehydrierung starben. Möglicherweise haben sie in ihrer Verzweiflung auch mehrmals Meerwasser getrunken.

Fast gleichzeitig starb im selben Krankenhaus ein Afrikaner, der in einem Flüchtlingsboot eine Woche zuvor Teneriffa erreicht hatte. Vier Tote innerhalb von zwei Tagen.

Das Cayuco, das am 10. November El Hierro erreichte, war nach Auskunft der Insassen mindestens zwanzig Tage auf hoher See unterwegs gewesen. Das Boot hatte von einem Küstenort in Guinea Conakry abgelegt und war, nachdem die Männer an Bord die Orientierung verloren hatten, ziellos im Atlantik getrieben. Wie durch ein Wunder erreichte es schließlich El Hierro. Mit an Bord waren vermutlich bis zu 28 Minderjährige. Nach der unerwarteten Ankunft der völlig entkräfteten und dehydrierten Menschen in La Restinga stand der Gesundheitsdienst der kleinen Insel nahezu vor dem Kollaps. Cabildo-Präsident Tomás Padrón betonte die enormen Anstrengungen der Mitarbeiter des Roten Kreuzes, des Gesundheitsdienstes, der Guardia Civil und sogar der Stadtverwaltung von El Pinar, um die Menschen zu bergen und schnellstmöglich ärztlich zu versorgen. Die Mitarbeiter des Cabildos hielten am 11. November fünf Schweigeminuten für die Verstorbenen.

„Wir müssen Leben retten“

Der kanarische Minister für Sicherheit und Justiz, José Miguel Ruano, bedauerte in einer öffentlichen Stellungnahme den erneuten Verlust von Menschenleben durch das Drama der illegalen Zuwanderung und erklärte: „Was wir nun tun müssen ist Leben retten, aber dafür müssen wir die Boote rechtzeitig erkennen. Wir haben bei der spanischen Regierung schon unzählige Male gefordert, dass endlich die notwendigen Mechanismen zur Früherkennung von Flüchtlingsbooten zur Verfügung gestellt werden, um solchen dramatischen Geschehnissen vorzubeugen.“ Ruano erinnerte daran, dass bereits seit 2006 regelmäßig Bootsflüchtlinge auf Teneriffa, La Gomera und El Hierro eintreffen. „Wir fordern den Einsatz des integralen Küstenüberwachungs­sys­tems SIVE, um die Boote schon auf eine Entfernung von zehn oder zwölf Meilen erkennen zu können“, sagte er.

Cayucos jeden Tag

Den Strand La Tejita bei El Médano auf Teneriffa erreichte am 11. November ein weiteres Flüchtlingsboot mit 79 Insassen, darunter vermutlich zehn Minderjährige. Das Boot erreichte den Strand gegen 8.20 Uhr und die Immigranten gaben an, vier Tage zuvor von Mauretanien aus gestartet zu sein. Ein Anwohner sichtete das Boot und alarmierte die Polizei.

Im Gegensatz zu den Immigranten, die einen Tag zuvor El Hierro erreicht hatten, waren diese Neuankömmlinge in einem relativ guten gesundheitlichen Zustand. Zwei Personen mussten wegen Unterkühlungssymptomen und einer Fußverletzung in ein Krankenhaus gebracht werden. Das Cayuco, in dem sie unterwegs waren, entspricht mit einer Länge von 15 Metern den üblichen Ausmaßen der Flüchtlingsboote.

Am 13. November kam ein Immigrantenboot mit 45 Personen im Sporthafen von San Miguel de Abona an. Wieder waren auch Minderjährige dabei. Einen Tag später kam im Hafen La Restinga auf El Hierro ein weiteres Boot an. Kurz nach Mitternacht sahen Anwohner von einer Bar aus das Fischerboot in den Hafen fahren und wie 14 Männer von Bord gingen. Sie seien trocken und gesundheitlich in Ordnung gewesen, berichteten die Augenzeugen. Das Boot war acht Tage zuvor von Gambia gestartet und hatte sogar noch Reservekanister mit Benzin an Bord.

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