Vorsorgen für den Ernstfall


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Hochaktueller Vortrag des deutschen Konsuls für die Kanaren

Eine unglaublich große Resonanz fanden die Vorträge zu denen Arnulf Braun, der deutsche Konsul für die Kanarischen Inseln eingeladen hatte.

Insbesondere in Puerto de la Cruz, wo diese Veranstaltung am 1. März im evangelischen Gemeindezentrum stattfand, hatten sich derart viele interessierte Personen eingefunden, dass der Gemeindesaal schon vor Beginn überfüllt war und viele Besucher noch vor der Tür standen. Kurz entschlossen setzte Konsul Braun eine Stunde später einen weiteren Vortrag an, der wiederum vor „vollem Hause“ stattfand. Es ging bei dem Vortrag um hochaktuelle Themen wie die so genannte Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung die besonders bei den Senioren unter den deutschen Residenten auf lebhaftes Interesse stößt. Allerdings wies der Konsul mit Recht darauf hin, dass auch jüngere Menschen unerwartet in eine Lebenssituation geraten können, wo andere für sie entscheiden müssen. Es ist also nie zu früh, Vorsorge zu treffen. Einen großen Raum seines Vortrags nahm auch die Patientenverfügung ein, die seit einigen Monaten in den jeweiligen Autonomen Regionen Spaniens – also auch auf den Kanaren – gesetzlich geregelt wurde. Der Konsul, der für diese Informationsveranstaltungen aus Las Palmas angereist war, berichtete von unglaublichen Fällen, die ihm in seiner Konsulatsarbeit tagtäglich unterkommen, bevor er detailliert auf die Möglichkeiten der Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung einging. Von alten und kranken Menschen, die skrupellosen Betrügern in die Hände fallen, weil sie ihre Angelegenheit nicht mehr alleine regeln können aber keine Vorsorge getroffen haben. Andere haben Generalvollmachten an Personen erteilt, die ihr Vertrauen missbrauchen und sich bedenkenlos ihren Besitz aneignen, ohne dass es Mittel und Wege gibt um sie daran zu hindern. Die nachfolgenden Hinweise sollen dazu ermuntern, rechtzeitig vorzusorgen.

Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung

Die Vorsorgevollmacht ist ebenso wie die Betreuungsverfügung weder im spanischen noch im deutschen Recht geregelt. Die nachfolgenden Ausführungen gelten also gleichermaßen für den spanischen und den deutschen Rechtsbereich. Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie eine andere Person dazu ermächtigen, Sie in rechtlichen Angelegenheiten zu vertreten und für Sie zu handeln, wenn Sie dazu nicht mehr in der Lage sein sollten. Bitte beachten Sie jedoch, dass die ermächtigte Person grundsätzlich keiner Kontrolle unterliegt und sie für ihre Entscheidungen auch keine gerichtliche Genehmigung braucht. Eine Vorsorgevollmacht sollten Sie daher nur in Erwägung ziehen, wenn Sie der Person ohne jede Einschränkung vertrauen. Sollte dies der Fall sein, hat die Vorsorgevollmacht einen entscheidenden Vorteil: Der oder die Ermächigte wird Ihre individuellen Vorstellungen und Wünsche mit Sicherheit besser kennen als ein gerichtlich bestellter Betreuer. Gibt es keine Person, der Sie die weiten Befugnisse der Vorsorgevollmacht einräumen möchten, können Sie bestimmen, wen das Gericht im Ernstfall zum Betreuer bestellen soll. Bei Existenz einer solchen Betreuungsverfügung ist das Gericht gehalten, den darin geäußerten Wünschen Folge zu leisten. Im Unterschied zur Vorsorgevollmacht wird der so bestimmte Betreuer gerichtlich kontrolliert und bedarf für bestimmte Entscheidungen der gerichtlichen Genehmigung.

Patientenverfügung

Ärzte brauchen für jede Behandlung die Zustimmung des Betroffenen. Im Normalfall ist der Patient fähig, eine eigenständige Entscheidung zu treffen und diese Zustimmung selbst zu erteilen. Für den Fall, dass diese Entscheidung nicht mehr möglich ist, können Sie mit einer Patientenverfügung (manifestación anticipada de voluntad) vorsorgen. Die Patientenverfügung ist in Europa noch nicht einheitlich geregelt. In Spanien ist sie seit kurzem gesetzlich geregelt, d.h. das Gesetz schreibt vor, in welcher Form sie zu erstellen ist. In Deutschland gibt es zur Zeit keine vergleichbaren Regelungen. Seit März 2006 ist die Erstellung einer Patientenverfügung, einer so genannten manifestación anticapada de voluntad für die Kanarischen Inseln gesetzlich geregelt. Ein bestimmter Inhalt ist im Gesetz nicht vorgeschrieben. Es wird lediglich ein Rahmen genannt, in dem sich die Patientenverfügung inhaltlich bewegen sollte. So schlägt das Gesetz vor zu regeln, wie Sie im Falle einer unheilbaren Krankheit medizinisch versorgt werden möchten, wer an Ihrer Stelle Ansprechpartner für die Ärzte und das Krankenhauspersonal sein soll, ob für Sie im Falle des Todes eine Organspende in Frage kommt und was generell mit Ihren sterblichen Überresten zu geschehen hat. Für die rechtswirksame Gestaltung einer Patientenverfügung sieht das spanische bzw. kanarische Recht zwingend vor, dass sie vor einem Notar, vor einem Beamten des Registers für Patientenverfügungen oder vor drei Zeugen, die mit dem Ersteller der Verfügung nicht verwandt oder verschwägert sind und in keinem beruflichen Verhältnis zueinander stehen, erstellt werden muss. Für deutsche Staatsangehörige ist die Erstellung der Patientenverfügung vor einem spanischen Notar wahrscheinlich die sicherste Vorgehensweise. Viele spanische Notare beurkunden auch zweisprachig (spanisch und deutsch): Entweder beherrschen sie selbst die deutsche Sprache fließend oder Sie ziehen einen allgemein vereidigten Übersetzer hinzu. Damit schaffen Sie Sicherheit sowohl für (spanischsprachige) Ärzte und Behörden als auch für (deutschsprachige) Freunde und Verwandte. Beurkundete Erklärungen haben stets den Vorteil, dass sie ohne Schwierigkeiten akzeptiert werden. Spanische Notare müssen die Identität und die Geschäftsfähigkeit des Erstellers der Patientenverfügung genau prüfen. Daher kann die Gültigkeit der Erklärung im Ernstfall nur sehr schwer in Zweifel gezogen werden. Wer sich für die Erstellung einer Patientenverfügung vor dem Beamten des Registers für Patientenverfügungen im kanarischen Gesundheitsministerium (Consejería de Sanidad) entscheidet, kann einen Termin unter der Rufnummer 012 vereinbaren. Personen, die der spanischen Sprache nicht hinreichend mächtig sind, sollten sich von einem vereidigten Übersetzer begleiten lassen. Bei Verfügungen, die vor einem spanischen Notar erstellt wurden, ist die Registrierung freiwillig. Sie erfolgt unter Vorlage Ihres Passes und der Verfügung vor dem zuständigen Beamten des Registers. Die Registrierung ist insofern empfehlenswert, als Ihnen und Ihrem Notar nach der – kostenlosen – Registrierung eine Kennziffer zugeteilt wird, unter der Ihre Patientenverfügung verwahrt wird. Wenn Sie diese Kennziffer zum Beispiel in Ihrer Brieftasche mit sich führen, ist es nach Auffinden die Pflicht des Arztes oder des Krankenhauses, sich über den Inhalt Ihrer Verfügung zu informieren. Die kanarischen Kassenärzte (médicos de la seguridad social) haben Zugriff auf die Datenbanken mit den registrierten Patientenverfügungen und können diese im Bedarfsfall jederzeit einsehen. Eine Patientenverfügung, die die oben genannten Formvorschriften nicht einhält, ist für die Kanarischen Inseln rechtlich unwirksam und muss daher von Ärzten und Behörden in Spanien nicht anerkannt und befolgt werden! Muster für eine Patientenverfügung (nach kanarischem Recht), eine Betreuungsverfügung und eine Vorsorgevollmacht können über die Website des Konsulats www.las-palmas.diplo.de heruntergeladen werden. Tipps und Informationen für die Erstellung einer nach deutschem Recht wirksamen Patientenverfügung finden Sie ebenfalls auf der Website des Konsulats.

Die Anschriften des kanarischen Gesundheitsministeriums auf Teneriffa und Gran Canaria lauten: Consejería de Sanidad, Plaza Dr. Juan Bosch Millares, 1 – 4°, 35004 Las Palmas de Gran Canaria und Consejería de Sanidad, Rambla General Franco, 53, 38006 Santa Cruz de Tenerife. Bei allen drei Erklärungen wird eine Beratung durch einen Arzt, Notar oder Rechtsanwalt empfohlen. Gerade bei der Patientenverfügung nach kanarischem Recht ist die Einhaltung der Vorschriften wichtig; daher empfiehlt es sich, sowohl bei der Form als auch beim Inhalt der Erklärung die Hilfe eines Notars in Anspruch zu nehmen.

Diese Angaben beruhen auf Erkenntnissen und Einschätzungen des Konsulats der Bundesrepublik Deutschland zum Zeitpunkt der Abfassung. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit, insbesondere wegen zwischenzeitlich eingetretener Veränderungen, kann keine Gewähr übernommen werden. Für eine ausführliche Rechtsberatung wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt.

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