Vulkan bedroht El Hierros Wirtschaft


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La Restingas Einwohner seit einem Monat ohne Einkommen • Finanzielle Einbußen auch in La Frontera

Ein Monat ist seit dem ersten unterseeischen Magma-Austritt vor La Restinga vergangen. Er war geprägt von drei Magma-Austritten im Mar de las Calmas, dem riesigen Schwefelfleck vor der Küste, dem Bild toter Fische, aufsteigender Blasen und dampfender Pyroklasten an der Meeresoberfläche, angespültem Lavagestein und der Verlagerung der Epizentren in den Norden der Insel.

Doch die vulkanologische Krise, die El Hierro in die wichtigsten internationalen Medien katapultierte, hat noch eine ganz andere – menschliche – Seite.

Über einen Monat ohne Einkommen

Seit Einsetzen der vulkanologischen Aktivität stornieren die Urlauber ihre Reservierungen, sodass die Betreiber von El Hierros Landhotels um die Wintersaison und ihre Zukunft bangen. Darüber hinaus führte die zweimalige Sperrung des Tunnels von Los Roquillos und die damit einhergehende Sperrung der Hauptverbindung zwischen Valverde und La Frontera fast zu einer wirtschaftlichen „Abnabelung“ La Fronteras.

Doch besonders hart traf die vulkanologische Krise das Fischerdörfchen La Restinga. Zweimal mussten die 600 Einwohner mehrere Tage lang ihre Häuser verlassen und bei Verwandten und Freunden unterkommen oder im Schülerwohnheim von Valverde nächtigen. Nach der ersten Evakuierung kehrten einige nicht mehr zurück, nach der zweiten waren es noch weniger. Die Verzweiflung und finanzielle Not werden immer größer.

Seit über einem Monat kann nicht mehr gefischt werden und viele der circa 30 vom Fischfang abhängigen Familien müssen derzeit ohne jegliches Einkommen leben. Da keine Touristen und Besucher kommen, bleiben die Restaurants und Bars leer und die Tauchschulen ohne Kundschaft. Einige halten durch, andere schließen ganz.

Späte Hilfe

Die Engpässe wurden immer schlimmer, sodass die betroffenen Menschen öffentliche Unterstützung forderten. Fast ein Monat war bereits vergangen und weder von der kanarischen Regierung noch von der Zentralregierung in Madrid war finanzielle Hilfe geleistet worden. Nur einige Banken und Sparkassen hatten durch vorübergehendes Aussetzen der Darlehens- und Zinszahlungen den Betroffenen ein bisschen Luft verschafft und die selbst knapp ausgestattete Gemeinde El Pinar versorgte über 20 Familien mit Nahrungsmitteln.

Am 10. November, auf den Tag genau einen Monat nach dem ersten Magma-Austritt, beschloss die kanarische Regierung das so dringend benötigte Rettungspaket. Nun stehen den Fischern und Unternehmen La Restingas und allen evakuierten Herreños ein gewisser monatlicher Geldbetrag zu. Außerdem werden die Unternehmen weniger Steuern abführen müssen. Des Weiteren sollen Umschulungen den Unternehmern neue Verdienstmöglichkeiten eröffnen. Regionalpräsident Paulino Rivero versprach eine zügige Auszahlung innerhalb von zehn Tagen nach Beantragung der Finanzhilfen.

Doch La Fronteras Unternehmer fordern ebenfalls finanzielle Hilfen seitens der Zentralregierung und führen an, wie schnell die Gelder bei der Ölkatastrophe der Prestige und dem Erdbeben von Lorca geflossen sind.

Von der kanarischen Regierung verlangen sie eine intensive Werbekampagne, um die Urlauber wieder nach El Hierro zu holen. Denn abgesehen von den 400 finnischen Passagieren und Besatzungsmitgliedern des Kreuzfahrtschiffes „Kristina Katarina“, das am 14. November im Hafen von La Estaca anlegte, blieben die ersehnten Besucher aus.

Auch wurde vorgeschlagen, Flüge und Überfahrten mit dem Ziel El Hierro durch Subventionen zu verbilligen und so die Rückkehr der Touristen zu fördern.

In ihrer Verzweiflung wünschen sich viele Herreños, dass der unterseeische Vulkan endlich an die Oberfläche kommt und als beeindruckendes Naturphänomen Urlauber aus aller Welt anlockt.

Relative Ruhe

Zwischen Erscheinen der letzten Ausgabe und Redaktionsschluss gab es kaum Veränderungen bei der vulkanologischen Aktivität.

Am 9. November wurden aufgrund steigender Kohlenmonoxid- und Kohlendioxidwerte die Buchten von Tacorón und Puerto Naos gesperrt, nachdem sich ein dort aufhaltender Wissenschaftler krank gefühlt hatte. Am 11. November wurde bei La Frontera das bisher stärkste Erdbeben seit Beginn der vulkanologischen Krise gemessen (4,6 auf der Richterskala).

Ansonsten gab es bis auf die mittlerweile zur Gewohnheit gewordenen vulkanologischen Aktivitäten im Mar de las Calmas und die Erdstöße mit Epizentren vor La Frontera kaum Neuigkeiten.

Am 20. November gaben die Wissenschaftler in einem Lagebericht bekannt, der Kohlendioxidausstoß sei mittlerweile fast um das Fünffache des Üblichen angestiegen. Im Süden würde weiterhin ein Tremor [niedrig frequente Beben, die einen Vulkanausbruch ankündigen] gemessen, im Norden gäbe es dafür jedoch keine Anzeichen. Ein unmittelbarer Magma-Austritt nördlich der Insel werde demnach momentan ausgeschlossen. Doch während im Süden die Geländeverformung abgenommen habe, sei diese im Norden angestiegen. Insgesamt seien seit dem 17. Juli 11.644 Erdstöße gemessen worden.

Der weitere Verlauf der Krise auf El Hierro ist unklar. Wissenschaftler rätseln rätseln darüber, wie sich der Vulkan entwickeln wird und ob ein weiterer Vulkan vor dem nördlichen La Frontera entstehen wird.

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