Waldbrand-Schäden geringer als zunächst vermutet


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Brandstiftung auf Gran Canaria und Teneriffa

Letzten Meldungen zufolge sind die Schäden, die durch die heftigen Waldbrände dieses Sommers auf Gran Canaria und Teneriffa verursacht wurden, wesentlich geringer als zunächst vermutet wurde, weil das Feuer teilweise so schnell über die betroffenen Gebiete – insgesamt rund 35.000 Hektar auf beiden Inseln – hinwegfegte, dass ein Großteil der Vegetation nicht verbrannt ist. So gab die spanische Umweltministerin Cristina Narbona jetzt bekannt, dass vermutlich „nur“ 11.000 Hektar wirklich verbrannt sind.

Die Schäden in Landwirtschaft und Viehzucht wurden von Teneriffas Cabildo-Präsidenten Ricardo Melchior vorerst mit rund 3 Millionen Euro beziffert. Hinzu kommen die Verluste der 100 Familien, deren Häuser abgebrannt sind. Rund 12.000 Menschen wurden während des Brandes evakuiert.

Der spanische Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero hat am 1. August die von den verheerenden Waldbränden heimgesuchten Gebiete auf Teneriffa und Gran Canaria besucht, um sich vor Ort ein Bild vom Ausmaß der Katastrophe zu machen. Hier kündigte er nicht nur an, dass die Betroffenen, die teilweise all ihr Hab und Gut verloren haben, mit großzügiger Hilfe von Regierungsseite rechnen können – „Sie bekommen alles ersetzt!“ –, sondern auch die Schaffung einer militärischen Nothilfe-Sondereinheit auf Teneriffa, die 80 Mann stark sein wird.

Permanente Sondereinheit

Diese permanente Sondereinheit entsteht aufgrund der guten Erfahrungen, die bei den kürzlichen Waldbränden auf Teneriffa und Gran Canaria in der Zusammenarbeit der Löschbrigaden mit den 300 Mann starken militärischen Sondereinheiten gemacht wurden, die vom spanischen Festland zu den Löscharbeiten hinzugezogen wurden.

Im Hinblick auf die Brandstifter erklärte der Ministerpräsident: „Das Gesetz wird sie mit aller Härte treffen!“

Die Waldbrände auf Gran Canaria und Teneriffa

Der Sommer 2007 wird als „schwarzer Sommer“ in die Statistiken eingehen. Auf der waldarmen Insel Gran Canaria brach am 28. Juli ein Waldbrand aus, der erst fünf Tage später so weit unter Kontrolle gebracht werden konnte, dass die Bewohner der vom Feuer bedrohten Siedlungen größtenteils in ihre Häuser zurückkehren konnten.

Insgesamt war ein 20.000 Hektar großes Gebiet von den Flammen betroffen; rund 3.500 Menschen wurden evakuiert. Unter anderem ist der Verlust des Waldgebietes zu beklagen, in dem ein großangelegtes und bis dato erfolgreiches Wiederaufzuchtprogramm für den endemischen Kanaren-Buchfink (Pinzón azul) stattfand. Auch der Palmitos-Tierpark in San Bartolomé ist zu 65% abgebrannt.

Mit Entsetzen mussten auch die Einwohner im Norden von Teneriffa sehen, wie sich am Morgen des 30. Juli über den Bergwäldern von Los Realejos eine dicke Rauchwolke erhob. Dank einer eiligst angelegten Waldschneise konnte zumindest verhindert werden, dass der Brand auf das Orotava-Tal übergriff. Dennoch konnte auch auf Teneriffa das Feuer tagelang nicht unter Kontrolle gebracht werden. Erst in den frühen Morgenstunden des 2. August kam die erlösende Meldung: Brand gelöscht. Etwa 15.000 Hektar Wald sind auf Teneriffa von den Flammen betroffen. Wieviel Waldbestand jedoch letztendlich tatsächlich zerstört wurde, steht bislang noch nicht fest. Letzten Meldungen zufolge scheint das Ausmaß der Verheerung kanarenweit glücklicherweise geringer als anfangs angenommen.

La Gomera und El Hierro

Auch auf La Gomera brannte der Wald bei Targa (Alajeró). Hier wurden rund 100 Anwohner evakuiert. 50 Hektar Wald verbrannten. Offensichtlich war ein Kurzschluss in einem Strommast der Auslöser für den Brand, der glücklicherweise schnell unter Kontrolle gebracht war. Wenige Tage vorher war bei Chipude ein Waldbrand ausgebrochen, wo 60 Einwohner evakuiert wurden. 100 Hektar Wald wurden hier Opfer der Flammen.

Aus Sorge um die Wälder wurde präventiv auf El Hierro das Verbot erlassen, die Waldgebiete der Insel aufzusuchen und speziell die Forstpisten zu befahren. Die ungewöhnliche Hitze, die in diesen Tagen auf den Kanaren herrschte (44°C wurden aus Güimar gemeldet), erschwerte die Löscharbeiten ungemein.

Sowohl auf Teneriffa als auch auf Gran Canaria galt die aus der Not geborene Parole: Mag der Wald auch brennen, vorrangig müssen die bedrohten Menschen sowie deren Hab und Gut vor dem Feuer gerettet werden.

8.500 Menschen aus zehn Gemeinden auf Teneriffa – Los Realejos, San Juan de la Rambla, La Guancha, Icod, Garachico, El Tanque, Guía de Isora, Buenavista und Santiago del Teide – mussten evakuiert werden. Sie konnten inzwischen in ihre Häuser zurückkehren. Bis auf die rund 100 Familien, die obdachlos wurden, weil ihre Häuser abgebrannt sind. 35 davon sind völlig zerstört.

In Icod de los Vinos ist kein einziges Haus abgebrannt, dafür weist die Gemeinde die größte vom Brand verwüstete Fläche auf. In El Tanque ist es genau umgekehrt. Die abgebrannte Fläche ist relativ klein, doch hier brannten die meisten Häuser. Das Feuer zog sich von Los Realejos bis nach Santiago del Teide und Masca, wo sowohl Häuser als auch der Palmenhain abbrannten.

Auf Teneriffa wurden wegen des Waldbrands sieben Straßen gesperrt und erst wieder freigegeben, nachdem die Sicherheit der Strecken für die Autofahrer gewährleistet war. Cabildo-Präsident Ricardo Melchior gab bekannt, dass ersten Schätzungen zufolge die Verluste in der Landwirtschaft etwa eine Million Euro und in der Viehzucht rund zwei Millionen Euro betragen.

Brandstiftung

Der Waldbrand von Gran Canaria wurde von einem Mitglied der Feuerbrigade gelegt. Es handelte sich um einen Racheakt, weil der Zeitarbeitsvertrag des Mannes nicht verlängert werden sollte. Nun erwartet ihn eine langjährige Gefängnisstrafe, die in den Augen der Bevölkerung in jedem Fall unzulänglich für sein schweres Verbrechen sein wird.  Die aufgebrachte Volksseele fordert „Lebenslänglich für Brandstifter“.

Auch der Waldbrand von Teneriffa wurde mit größter Wahrscheinlichkeit von einem oder mehreren Brandstiftern gelegt. Wie Cabildo-Präsident Ricardo Melchior in einer Pressekonferenz mitteilte, ist die Polizei den Tätern auf der Spur. „Wir hegen begründeten Verdacht gegen diese Personen“, so Melchior, der in kürzester Zeit mit Verhaftungen rechnet. Offensichtlich handelt es sich um drei Mitglieder ein und derselben Familie. Dazu der Regierungsdelegierte José Segura: „Bei aller Empörung über die Brandstiftung darf man nicht vergessen, dass wir in einem Rechtsstaat leben, in dem niemand beschuldigt werden darf, ohne dass Beweise vorliegen.“

Fast die Hälfte aller Waldbrände auf den Kanarischen Inseln – über 40% – sind das Werk von Brandstiftern, so die Statistiken der vergangen zwölf Jahre.

Zusätzlich forderte die Hitzewelle auf Lanzarote und La Palma vier Menschenleben; die Rentner starben an Kreislaufversagen.

Die kanarische Kiefer im Ökosystem

Die kanarische Kiefer (pinus canariensis) ist eine endemische Spezies der Kanaren, die eine sehr wichtige Rolle im Ökosystem der Inseln spielt. Sie nimmt Feuchtigkeit nicht nur über ihre Wurzeln aus dem Erdreich auf, sondern kann über ihre Nadeln die Wolken, die in den Höhenlagen oft in den Wäldern hängen, sozusagen „melken“, so dass sie, selbst wenn es nicht regnet, sich selbst ausreichend mit Wasser versorgen und sogar Überschüsse an den Boden abgeben kann.

So ist es nicht verwunderlich, dass sich in ihrem Schatten gern andere botanische Arten, zu einem Großteil ebenfalls endemisch, ansiedeln. Eine weitere Besonderheit der kanarischen Kiefer: Sie ist weitgehend resistent gegen Feuer. Bei Waldbränden verbrennen normalerweise „nur“ die ganz jungen und leider auch die prächtigen alten Exemplare. Das Mittelfeld überlebt einen Waldbrand größtenteils, so dass nach einiger Zeit die Äste wieder mit frischem Grün ausschlagen und an diesen Exemplaren ein Waldbrand später nur noch aus der rußgeschwärzten Borke ersichtlich ist.

Diese Besonderheit hat dazu geführt, dass auf dem spanischen Festland vor Jahren – leider relativ erfolglos – versucht wurde, waldbrandgeschädigte Gebiete mit der kanarischen Kiefer aufzuforsten, um die Schäden in der Zukunft zu verringern.

Diese Besonderheit der kanarischen Kiefer darf allerdings nicht als Bagatellisierung der ökologischen Katastrophe missverstanden werden, die in jedem Fall durch einen Waldbrand entsteht. Das gesamte Ökosystem in den betroffenen Gebieten ist schwerst geschädigt, und es wird Jahrzehnte brauchen, bis es sich einigermaßen regeneriert haben wird.

Tatsache ist, dass sich Teneriffas Wälder gerade von dem großen Waldbrand des Jahres 1983 erholt hatten, der damals ziemlich genau die Gebiete traf, die auch diesmal durch die Brandkatastrophe betroffen sind. Im Norden Teneriffas sind rund 25 Jahre Forstarbeit zunichte gemacht worden.

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