Wann folgt Spanien dem italienischen Vorbild?


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Durch die Fusion kleiner Gemeinden könnten 3,8 Milliarden Euro eingespart werden

Angesichts gewaltiger Schuldenlasten und getrieben von der Europäischen Union bzw. der Europäischen Zentralbank haben Griechenland, Irland und zuletzt Italien drastische Sparmaßnahmen ergriffen und u.a. ihre territoriale Verwaltungsordnung reformiert.

Madrid – Durch die Zusammenlegung kleiner Provinzen und Gemeinden will Italien Milliarden einsparen. Zwar ist zumindest offiziell nicht bekannt, dass die EZB auch von Spanien derartige Maßnahmen verlangt hat, doch befindet sich das Land in einer sehr ähnlichen Situation wie Italien, und die Vermutung drängt sich auf, dass entweder noch Zapatero, spätestens jedoch sein Nachfolger sich zur Umstrukturierung der Verwaltung gezwungen sehen wird.

Von allen spanischen Parteien beschäftigte sich bislang nur die Unión Progreso y Democracia (UPyD) von Rosa Díez mit einer möglichen Reform des Verwaltungssystems. Im vergangenen Jahr führte die der UPyD angehörige Stiftung Progreso y Democracia eine diesbezügliche Studie durch und deckte auf, dass von den 8.114 spanischen Gemeinden 6.821, d.h. 84,1%, aus weniger als 5.000 Einwohnern bestehen. Bei einer Zusammenlegung dieser Gemeinden könnten jährlich 3,8 Milliarden Euro eingespart werden. Neben geringeren Ausgaben für Gehälter, Dienstwagen, Diäten etc. könnte durch den Verkauf überflüssig gewordener öffentlicher Gebäude und Unternehmen noch erheblich mehr eingenommen werden.

Vorrang eigener Interessen

Das spanische Verwaltungssystem umfasst vier Ebenen: Staat, 19 autonome Regionen, 50 Provinzen bzw. Cabildos oder Consells insulares und 8.114 Gemeinden. Die Kompetenzen und Zuständigkeiten überschneiden sich vielfach. Seit Einführung der autonomen Regionen sind die Provinzen teilweise überflüssig geworden (jedoch nicht die Cabildos bzw. Consells insulares aufgrund der territorialen Eigenheit der Inseln). Die Gemeindeaufgliederung beruht größtenteils noch auf den vor 200 Jahren bestehenden Bedürfnissen der damals großen Landbevölkerung, was die hohe Anzahl kleiner Gemeinden erklärt. Angesichts der Überschneidungen von Kompetenzen, der Sinnlosigkeit diverser Institutionen und der Unverhältnismäßigkeit der Verwaltungsaufteilung stellt sich die Frage, warum die beiden großen spanischen Parteien Partido Socialista Obrero Español (PSOE) und Partido Popular (PP) trotz der gewaltigen und überflüssigen Kosten eine wie in Italien beschlossene Zusammenlegung kleiner Provinzen und Gemeinden ablehnen. In Bezug auf die Provinzen wird dies wohl daran liegen, dass deren Parlamente scheinbar gerne genutzt wurden, um die eigenen Leute in Amt und Würden zu bringen und Interessen zu befriedigen; es geht um Repräsentation und Macht. Hinsichtlich der Gemeinden will wahrscheinlich die PSOE die mit vielfachen Entlassungen und großen Protesten verbundenen Zusammenlegungen nicht mehr anpacken und sich um den letzten Hoffnungsschimmer für die Wahlen im November bringen, während die PP vor ihrem wahrscheinlichen Wahlsieg nicht die Wähler scheu machen will.

Rückzieher?

Der PSOE-Präsidentschaftskandidat Alfredo Pérez Rubalcaba äußerte allerdings im Rahmen einer Konferenz Mitte August, die Rolle der Provinzparlamente sollte überdacht werden, denn in ihrer derzeitigen Struktur stellten sie eine „vierte Verwaltung“ dar, die „überflüssig“ sei. Nach seiner Meinung handele es sich bei einer Umstrukturierung der öffentlichen Verwaltung „immer um eine gute Sache“.

Ana Mato, Leiterin der Wahlkampagne der PP, entgegnete, die PSOE würde die Provinzparlamente als überflüssig bezeichnen, weil sie nach den Wahlen nur noch acht und die PP 24 leitet. Mato sprach sich gegen eine Abschaffung doch für eine Reform und Modernisierung aus.

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