Weihnachtsansprache des Königs

Quotenrekord: 10,7 Millionen Fernsehzuschauer sahen die diesjährige Weihnachtsansprache des spanischen Königs am Abend des 24. Dezember. Foto: efe

Quotenrekord: 10,7 Millionen Fernsehzuschauer sahen die diesjährige Weihnachtsansprache des spanischen Königs am Abend des 24. Dezember. Foto: efe

Felipe VI. forderte die Bürger zu einem nationalen Kraftakt auf, um die Pandemie zu überwinden

Madrid – Die diesjährige Weihnachtsansprache des spanischen Monarchen war nicht nur von den Politikern mit Spannung erwartet worden, sondern ganz offenbar auch von den Bürgern. Denn rund 10,7 Millionen Fernsehzuschauer folgten seiner Rede, was einer Einschaltquote von 70,8 % entspricht. Viele seiner Zuhörer wollten wohl erfahren, ob und wie er sich zu dem Korruptionsskandal seines Vaters, des emeritierten Königs Juan Carlos I., äußern würde.
„Die moralischen und ethischen Prinzipien sind für alle ohne Ausnahme verpflichtend und stehen über jeglicher Rücksichtnahme, einschließlich der persönlichen und familiären“. Diese Worte sprach König Felipe fast am Ende seiner Weihnachtsansprache, der längsten der insgesamt sieben, die er seit seiner Thronbesteigung gehalten hat.
In einem direkten und emotionalen Ton sprach er über die Folgen der Pandemie und über die Tatsache, dass die Schutzmaßnahmen es für viele Familien verhindert haben, gemeinsam das Weihnachtsfest zu feiern. „Die Leere, welche die Verstorbenen hinterlassen haben, ist unmöglich zu füllen“ erklärte er unter anderem und gedachte derer, welche noch immer gegen die Krankheit und ihre Folgen kämpfen.
Felipe VI. sprach auch den Menschen sein Mitgefühl aus, welche um ihren Arbeitsplatz fürchten oder ihr Geschäft verloren haben. „2020 war ein sehr hartes Jahr und hat bei vielen Menschen zu Mutlosigkeit und Misstrauen geführt. Auch wenn die Situation sehr schwierig ist, sollten wir entschieden in die Zukunft schauen. Weder das Virus noch die Wirtschaftskrise werden uns bezwingen. Mit Anstrengung, Einigkeit und Solidarität wird Spanien weiterkommen“.
Die Überwindung der Krise werde durch die Wissenschaft erreicht werden, durch die Impfung (die inzwischen am 27.Dezember in Spanien begonnen hat) sowie durch effektive Behandlungsmethoden. Doch die persönliche Verantwortung sei unverzichtbar. Er forderte seine Zuhörer auf, weiterhin Vorsicht walten zu lassen. Er wies auch auf das Risiko hin, dass sich die Wirtschaftskrise, welche durch Covid-19 ausgelöst worden ist, in eine soziale Krise ausweiten könne. Dabei dürften die jungen Menschen nicht die Verlierer sein. Er forderte die Bürger auf, die Schwächsten zu schützen und gegen die Ungleichheit zu kämpfen, welche durch die Pandemie hervorgerufen oder noch verschärft worden ist.
Angesichts dieser Aufgaben, enorm aber nicht unlösbar, forderte König Felipe einen großen, kollektiven nationalen Kraftakt. „Spanien fühlt sich einig wie nie im Kampf und im Widerstand gegen die Pandemie, wenn es auch Aspekte gibt, die noch verbesserungsfähig sind und verstärkt werden müssen. Es hat sich gezeigt, dass wir eine starke Gesellschaft mit einem soliden Staat sind, mit einem Militär, Sicherheitskräften, Zivilschutz und anderen öffentlichen Einrichtungen.

Europa und die Verfassung

Der König lobte die feste Verpflichtung der Europäischen Union für eine wirtschaftliche Erholung durch das sogenannte Wiederaufbauprogramm, das für Spanien bis zu 140 Milliarden Euro an europäischer Hilfe bedeute und eine Chance für Fortschritt und Entwicklung sei.
An anderer Stelle wiederholte er seine Verpflichtung gegenüber der Verfassung. „Wir alle haben die Pflicht, sie zu respektieren, denn sie ist die Grundlage unseres Zusammenlebens in sozialer und politischer Hinsicht“ sagte der Monarch.
Im Hinblick auf die Polarisierung in der Politik wies er auf die Fortschritte der letzten Jahre hin, nach einer langen Periode des Zwiespalts und der Gegensätze. „Die Achtung der demokratischen Werte, der Respekt vor der Pluralität und der Verschiedenheit, die Fähigkeit zum Dialog, um Abkommen zu treffen, sind Prinzipien, die niemals an Wert verlieren. Mit Anstrengung, Einigkeit und Solidarität wird Spanien vorankommen – mit allen und für alle, und ich als König werde mit allen und für alle sein“, erklärte er wörtlich, um seinen Willen zum Ausdruck zu bringen, der König für alle Spanier zu sein und nicht nur für einen Teil von ihnen.

Urteile für jeden Geschmack

Das Echo der Parteien auf die Weihnachtsansprache des Königs war so unterschiedlich wie ihre politische Ideologie. Während Partido Popular, Ciudadanos sowie VOX seine Rede lobten, kritisierten die linke Podemos sowie die Nationalisten, er sei viel zu wenig auf die Probleme seines Vaters Juan Carlos I. eingegangen. Die Präsidentin der sozialistischen PSOE, Cristina Narbona, erklärte, ihre Partei teile weitgehend die Ansichten des Königs und hoffe, dass er mit der Erneuerung der Institution fortfahren werde.

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